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04 2015

Jahrgang 2015 - Heft 4 / 2015

EDITORIAL

Liebe Leserin, liebe Leser, 

Immer wieder sind Klagen über das Verdrängen einer „kontinental“ genannten klassischen Philosophie an deutschen Universitäten zu hören. Hi­storisch orientierte Philosophen äußern sie nur unter der Hand; sie befürchten, dafür (etwa mit einer Nichtberufung) abgestraft zu werden. Analytische Philosophen reagieren genervt; für sie ist dies ein Thema des letzten Jahrhunderts. Die jüngste Klage stammt von jemandem, der renommiert genug ist, sich wegen Restriktionen nicht zu sorgen: dem emeritierten Tübinger Philosophen Manfred Frank. Er klagt, es sei inzwischen so weit gekommen, dass China bessere Möglichkeiten biete, Hegel zu studieren als Deutschland. Dieser Text hat ein großes Echo ausgelöst – Tobias Rosefeldt hat darauf zugun­sten der Analytiker, sein Vorgänger an der Humboldt-Universität zu Berlin, Rolf-Peter Horstmann, zugunsten der historisch orientierten Philosophie repliziert (siehe Seite 149 f.). 

Hier wurde etwas nachgeholt, das öffentlich zu debattieren man über ein Jahrzehnt versäumt hat. Inzwischen wirkt Franks Kritik bereits etwas überholt. Die analytische Philosophie ist kein einheitlicher Block mehr; sie hat sich gegenüber anderen Richtungen und auch in historischer Sicht geöffnet. Kant beispielsweise ist ein wichtiger Autor auch für viele analytisch orientierte Philosophen geworden. Umgekehrt hat die kontinental ge­nannte Philosophie von dem hohen Standard der analytischen Methoden profitiert. 

Noch vor dreißig Jahren war die historisch orientierte Philosophie in Deutschland dominierend, Herbert Schnädelbach hatte noch 1981 vom „morbus hermeneuticus“ gesprochen. Damals stieß der Münchner Philosoph Lorenz B. Puntel genau die gegenteilige Diskussion an. 

Mit einem freundlichen Gruß und allen guten Wünschen für das Weihnachtsfest und das Neue Jahr 2016.

Der Herausgeber, Peter  Moser

 

INHALT 

ESSAY
Volker Gerhardt: Demokratie als politische Form der Menschheit, S. 8 
 
STELLUNGNAHMEN
Rechtfertigung in der praktischen Philosophie. Stellungnahmen von Rainer Forst, Bernward Gesang, Peter Stemmer und Héctor Wittwer; S. 20 
 
DAS STICHWORT
Sebastian Knell: Thaumazein. Über das Staunen als philosophische Haltung; S. 28 
 
BIOGRAPHIE
Ein anderer Neurath. Günther Sandners Biographie des Sozialisten und Wirtschaftswissenschaftlers Otto Neurath; S. 38 
 
BESPRECHUNG
Pathische Urteilskraft. Gedanken zum Leiden im Anschluss an ein Buch von Hartwig Wiedebach. Von Helmut Holzhey; S. 44 
 
UNTERRICHT
Anne Goebels: Philosophie in der Primarstufe. Überlegungen zur Implementierung eines Faches; S. 54
Preise; S. 60
Neuerscheinungen; S. 61 
 
PHILOSOPHISCHE PRAXIS
Bieler Philosophietage; S. 62
Denkpark im Kurpark; S. 62
Philosophie im Alter; S. 62
Das 200. Philosophische SonntagsForum in Reutlingen; S. 62
Neue Literatur; S. 64 
 
AUSGABEN
Judith N. Skhlar: Ganz normale Laster; S. 66
Descartes: Briefwechsel; S. 72
Dilthey: Briefwechsel 1882-1895; S; 74
Lew Schestow: Apotheose; S. 79
Heidegger-Ausgabe; S. 81
Neue Ausgaben; S. 81 
 
STUDIUM
Die Situation des akademischen Mittelbaus; S. 86
Berlin: “Kämpferische Atmosphäre”; S. 86
Stuttgart: Praxismodule Geisteswissenschaften; S. 87
Preise; S. 87
Was muss ein Philosophiestudent mitbringen?; S. 88
Sommerschulen; S. 88
Grundkurs Erkenntnistheorie; S. 88
Lexika; S. 90
Übersichten, Einführungen; S. 94 

Gegendarstellung; S. 98 

FORSCHUNG – TRENDS – KONTROVERSEN
Žižek interpretiert Hegel mit Lacan; S. 102
Frege als Philosoph; S. 105
Das philosophische Verhältnis zwischen Arendt und Heidegger anhand des Liebesbegriffs; S. 108
Wer gehört zu zweiten Generation der Kritischen Theorie?; S. 112
Ethik: Der Begriff „Solidarität“; S. 117
Sprachphilosophie in anthropologischer Perspektive; S. 120
Politische Philosophie: Chancengleichheit; S. 122
Der wirtschaftsethische Imperativ; S. 127 

TAGUNGSKALENDER; S. 130

NACHRICHTEN
Ethik von Monitoring und Überwachung. Ein Zürcher Netzwerk; S. 134
Universitäten; S. 138
Preise; S. 146
Personen; S. 148
Gestorben; S. 152
Zeitschriften; S. 154
Jahrbücher; S. 155 

KONGRESSE; S. 156 

NEUERSCHEINUNGEN; S. 160 

IMPRESSUM; S. 179