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INTERVIEW

Heidegger: Auch mein Vater hat Widerstand geleistet. Hermann Heidegger im Gespräch über seinen Vater

"Auch mein Vater

hat Widerstand geleistet."

Hermann Heidegger im Gespräch über seinen Vater

 

 


Herr Dr. Heidegger, was ist die früheste Erinnerung an Ihren Vater?

 

Ich erinnere mich, wie ich und mein Bruder als Kinder unserem Vater beim Frühstück, Mittag- und Abendessen begegneten. Er war so tief beschäftigt mit seiner Arbeit, daß das die einzigen Gelegenheiten waren, ihn zu sehen. Es ist eine Erinnerung an einen fröh­lichen und herzlichen Mann. Ganz anders als das geläufige Bild von einem Philoso­phen.

 

Über welche Themen haben Sie bei Tisch gesprochen?

 

In der Jugendzeit sicher nicht über Philoso­phie. Bei Tisch war mein Vater ein Ge­sprächspartner wie alle anderen Familien­mitglieder. Er interessierte sich für Fußball, fürs Skifahren und für alles, was wir und unsere Freunde machten. Aber natürlich hatte ich später als junger Mann auch philo­sophische Gespräche mit ihm.

 

Wann genau gab es diese Gespräche?

 

Es war vor dem Krieg, als ich begann, seine Vorlesungen und Seminare an der Univer­sität zu besuchen. Später im Krieg wurde ich an der Ostfront schwer verwundet, kam in das Lazarett nach Freiburg und besuchte weitere Vorlesungen und ein Seminar mei­nes Vaters in den Jahren 1942 und 1943.

 

Wie kam Heidegger bei den Studenten an?

 

Das Grundgefühl war, daß man alles ver­stand, was er sagte. Er hatte eine pädago­gisch sehr geschickte Art, die Themen zu behandeln. Das war wirklich sehr überra­schend, wenn man es mit der Schwierig­keit vergleicht, die einem bei seinen Schrif­ten begegnet. Ich glaube, er war ein großar­tiger Lehrer.

 

In der Tat, aus den Berichten einiger seiner Schüler wie Löwith, Gadamer und Hannah Arendt gewinnt man den Eindruck, daß er ein großes Charisma besaß. Aber an diesem Punkt plagt uns eine Neugier: Sie gehen in die philosophischen Vorlesungen Ihres Va-ters, zugleich aber beschließen Sie, daß Ihre Interessen jenseits der Philosophie liegen und schlagen die Laufbahn des Hi­storikers ein. Warum?

 

Es war schwierig, sich auf philosophischem Gebiet in Konkurrenz zu einem Mann von dem Format meines Vaters zu begeben. Der Vergleich wäre für uns erdrückend gewesen.

 

Sie sprechen im Plural?

 

Ich beziehe mich auch auf meinen Bruder Jörg, der Ingenieur wurde.

 

Und wie reagierte Ihr Vater?

 

Er ließ uns die Freiheit zu wählen. Und er interessierte sich auch für unsere Studien: für technische Probleme, was meinen Bru­der betrifft, und für meine als Soldat. Er lebte nicht abgeschieden in seinen philoso­phischen Gedanken, sondern hat immer ver-sucht, die Welt in sein geistiges Gebäude mit aufzunehmen. Bei seinen langen Ge­sprächen mit den Bauern zum Beispiel hat er grundlegende Anstöße für sein Denken erhalten.

 

Sie haben vorhin die Zeit des Krieges an­gesprochen, die mit Deutschlands Nieder­lage endete. Für Ihren Vater, beschuldigt der Komplizenschaft mit dem National­sozialismus, begannen äußerst harte Jahre. Da gab es dramatische Ereignisse, wie etwa den Versuch, seine Bibliothek zu beschlag­nahmen. Was haben Sie von dieser schmerz­lichen Phase in Erinnerung behalten?

 

Über diesen ganzen Zeitraum kann ich recht wenig sagen. Nach dem Krieg war ich über zweieinhalb Jahre in russischer Gefan­genschaft. Ich weiß, daß sich mein Vater monatelang in seine Hütte zurückzog, weil das Haus in Freiburg von der französischen Besatzungsmacht beschlagnahmt war.

 

Heidegger wußte, wie es seiner Korrespon­denz zu entnehmen ist, daß sich Karl Jas­pers nicht sofort zu seinen Gunsten en­gagiert hat.

 

Ich war nicht da, deshalb kann ich das nicht bezeugen. Aber ich nehme an, daß er ent­täuscht war über jene äußerst negative erste Beurteilung, die Jaspers gegenüber der Be-reinigungskommission abgab.

 

In diesem Gutachten sagt Jaspers, Heideg­ger sei zusammen mit Carl Schmitt und Ernst Jünger eine Führungsperson des Re-gimes gewesen. Welche Beziehung gab es zwischen Ihrem Vater und diesen beiden?

 

Ernst Jünger wird in dem Gutachten nicht genannt. Zu Carl Schmitt gab es eine kurze Beziehung im Jahr 1933, danach nicht mehr. Mit Jünger war es anders. Mein Vater hatte sehr früh den Arbeiter gelesen, er behandelte das Buch unter anderem in einem privaten Seminar. Dann gibt es auch noch eine Hinterlassenschaft von Heideg­gers Aufzeichnungen über Jünger, die in der IV. Abteilung der Gesamtausgabe veröf­fentlicht werden.

 

Im Unterschied zu Ihrem Vater zog Jünger später weniger Zorn auf sich. Hannah Arendt schreibt in ihrem "Besuch in Deutschland", daß die ersten Veröffent­­li­chungen Jüngers sicherlich Eindruck auf die nationalsozialistische Intelligenz ge-macht haben, daß Jünger aber mit seiner Per­sönlichkeit niemals von Anfang an zum nationalsozialistischen Regime gehört hatte. Aber würden Sie ihn zu jenen zählen, die Wi­derstand geleistet haben?

 

Geistigen Widerstand gewiß. Denn wenn man vom deutschen Widerstand spricht, muß man immer unterscheiden zwischen aktivem Widerstand und jenem, der rein geistig war. Und als Historiker muß ich sagen, daß auch mein Vater zweifellos einen geistigen Widerstand geleistet hat. Keinen aktiven, weil die Struktur seiner Persönlichkeit ihm das nicht erlaubte. Aber es gibt genügend Zeitzeugen, die bestätigen, daß Heidegger in seinen Vorlesungen und Seminaren wirklich gefährliche Sachen gesagt hat. (1)

 

Wenn Sie sagen, Ihr Vater habe sich nicht für den aktiven Widerstand geeignet, so wollen Sie unterstreichen, daß er eben ein Mann des Denkens war. Oder gibt es einen anderen Grund?

 

Er hat nie die Öffentlichkeit gesucht, nie die Aktion. Die großen Auftritte in der Öffent­lichkeit waren ihm unangenehm. (2)

 

Was können Sie uns über die berühmte Rektoratsrede sagen?

 

Ich glaube, es gibt in Deutschland sehr wenige, die sie ganz gelesen haben. 1983, fünfzig Jahre nach Hitlers Machtergreifung, hat der Oberbürgermeister von Freiburg an der Universität eine Ansprache gehalten, und dabei sagte er: "Hier hielt Martin Hei­degger seine berüchtigte Rektoratsrede, in der er den Nationalsozialismus verherr­lichte." Sofort bin ich zu ihm gegangen und habe gesagt: "Herr Oberbürgermeister, geben Sie mir eine ehrliche Antwort, haben Sie die Rede je gelesen?" Da ist er rot geworden und mußte zugeben, sie nicht zu kennen.

 

Trotzdem gibt es Sätze, zitiert in der Bio­graphie von Hugo Ott, die un­mißverständ­lich wie eine Verherrlichung des National­sozialismus erscheinen. (3)

 

Hugo Ott zitierte schon 1979 angebliche Sätze aus der Rektoratsrede, die in dieser nicht vorkommen. Die fehlerhafte und vor­eingenommene Biographie von Hugo Ott gibt kein zutreffendes Bild über die dama­lige Zeit. Übrigens bin ich einer der we­nigen noch lebenden Zeugen, die bei der Rektoratsrede mit dabei waren.

 

Aber Sie waren sehr jung.

 

Ich war knapp 13, und natürlich habe ich den Inhalt der Rede nicht verstanden. Ich war damals Pfadfinder und wurde bald ein begeisterter Jungvolkführer, das war 1934. Und von da an hatte ich für einige Jahre Diskussionen mit meinen Eltern, die sagten: "Junge, nicht alles, was du siehst, ist so positiv." Ihnen verdanke ich es, daß ich es 1937 ablehnte, in die Partei einzutreten.

 

Welches zusammenfassende Urteil haben Sie über das ganze Ereignis?

 

Daß mein Vater sich 1933 geirrt hat, ist unbestritten. Wenige Monate lang glaubte auch er, er könnte mit Hilfe der National­sozialisten die Universität reformieren. Er war nicht der einzige, der sich täuschte. Sogar Jaspers, der ihn später verdammte, täuschte sich gewaltig. Wenige wissen, daß das, was Jaspers 1933 schrieb, fast identisch mit dem war, was damals mein Vater ge­schrieben hatte (4)

 

Das ist eine Überraschung, was Sie über Jaspers sagen.

 

Es gibt einen Brief vom August 1933, in dem Jaspers seine volle Übereinstimmung mit der Rede mitteilt, die mein Vater gehal­ten hatte. Dieser Brief beginnt mit den Worten: "Lieber Heidegger, ich danke Ihnen für die Rektoratsrede."

 

Wir wußten nichts von der Existenz dieses Briefes. Ist er je veröffentlicht worden?

 

Ja, er erschien 1990 im Briefwechsel. Aus-serdem hat Jaspers 1933 Thesen zur Frage der Hochschulerneuerung verfaßt, die auf mein Drängen leider in einem fast unbe­kannten Jahrbuch der Österreichischen Karl-Jaspers-Gesellschaft 1989 veröffentlicht wurden. Hier finden sich mehr oder weniger all die Formulierungen, die bei Heidegger getadelt werden.

 

Während des Nationalsozialismus haben einige Führungspersonen, Rosenberg zum Beispiel, Heidegger attackiert. Warum?

 

Weil sie sahen, daß sein Denken nichts mit den nationalsozialistischen Grundsätzen zu tun hatte. Sie beschuldigten ihn auch, ein Freund der Juden zu sein, weil er natürlich freundschaftliche Beziehungen zu Juden un-terhielt.

 

Sie werden zugeben, daß das Thema An­tisemitismus umstritten ist. Einer von Hei­deggers Lehrern war Edmund Husserl. Es ist viel geredet worden über den Zwist zwischen beiden, hervorgerufen - sagt man -durch die Tatsache, daß Husserl Jude war. Einige Biographien sprechen von Ressen­timents von Husserls Frau gegenüber ihrem Vater, der nicht zur Beerdigung seines Lehrers ging, weil er Jude war. Können Sie dazu etwas sagen? (5)

 

Bis zum Beginn der dreißiger Jahre war das Verhältnis zur Familie Husserl sehr gut. Ich erinnere mich genau, daß wir oft zu ihnen gegangen sind und in ihrem Haus übernach­tet haben. Der Bruch zwischen Husserl und Heidegger geschah, nachdem Husserl Sein und Zeit gründlich gelesen hatte und be­merkte, daß sein Lieblingsschüler nicht der Nachfolger seiner Phänomenologie war, sondern ein Philosoph, der einen vollkom­men selbständigen Weg einschlug. Davon war Husserl sehr enttäuscht. Als sich Hus­serl von seiner Lehrtätigkeit zurückzog, hielt er in Berlin einen Vortrag, in dem er meinen Vater heftig kritisierte. Aber all das hat nichts mit Antisemitismus zu tun.

 

 

Wir erinnerten Sie an das Begräbnis... (7)

 

Ich kann nicht mit absoluter Gewißheit sagen, was mein Vater im Moment des Trauerfalls dachte. Ich weiß nur, daß er damals krank war. Der gleiche Arzt, der den Tod Husserls feststellte, brachte die Todes­nachricht ins Rötebuckhaus, wo mein Vater fiebernd im Bett lag.

 

Sie haben Berlin erwähnt. Es heißt, Ihr Vater habe den Ruf an die Berliner Univer­sität abgelehnt, obwohl das eine wichtige Gelegenheit war. Warum hat er das getan?

 

Das geschah 1930. Die Ablehnung dieses Rufs, obwohl ihm ein viel besseres Gehalt und eine Wohnung in der Orangerie von Potsdam angeboten wurde, hing damit zu­sammen, daß das nicht seine Umwelt war, da wäre er nicht mehr derselbe gewesen. Mein Vater spürte, daß er in den Schwarz­wald gehörte, in die deutsche Südwestecke. Aus dem gleichen Grund, aber auch wegen des Verdachts, die Nazis könnten ihn über­wachen, lehnte er 1933 das Angebot ab, in München zu lehren.

 

Ihr Vater war ein Katholik, der, wie es heißt, zum Protestantismus konvertierte. Aber seine Schriften kann man interpre­tieren als höchste Form des Atheismus. Und doch kehrt in seinen letzten Lebensjahren das Problem Gott geradezu dringlich wie­der. Da gibt es die berühmte Äußerung: "Nur ein Gott kann uns retten." Welches Ver­hältnis hatte er zur Religion?

 

Er kam aus einer katholischen Familie, also war seine Prägung, seine Erziehung katho­lisch. Aber bald sah er, daß er nicht einig gehen konnte mit den Dogmen der Kirche. Das war eine Überzeugung, die in seinem Innersten reifte, die er am Anfang aber nicht öffentlich machen konnte. Ein junger Mann wie er konnte nur dank der Unter­stützung der Kirche studieren. Erst als er die freie Dozentur erhielt, dann als Profes­sor in Marburg, hat Heidegger wirklich ge-sagt, was er dachte.

Aber ich kann mit Sicherheit sagen, daß er niemals Atheist war. Er hat jedenfalls immer an die Existenz eines Gottes ge­glaubt. Dann wurde geschrieben, er sei Protestant geworden. Aber das ist nicht wahr. Er hat sich sehr tiefgehend mit Luther auseinandergesetzt.

 

Dennoch wurde von seinem Übertritt zum Protestantismus geschrieben.

 

Aus der Tatsache, daß meine Mutter evan­gelisch war, in der Folge freilich aus der Kirche austrat, und daß wir Kinder evan­gelisch getauft wurden, ist die Legende entstanden, auch Heidegger sei evangelisch geworden. Aber das war nicht so. Er hat sich nie von seiner Herkunft entfernt. Und als er sehr alt war, bat er darum, in Meß­kirch beerdigt zu werden nach katholischem Ritus. Er sagte zu mir: "Hier bin ich gebo­ren, und hier macht man es so, wenn man stirbt".

 

Aber seine Philosophie kann wie eine große atheistische Spekulation gelesen werden.

 

Seine Philosophie hat immer ein transzen­dentes Prinzip als Bezugspunkt gehabt.

 

Glauben Sie, daß dieses Prinzip in seinen letzten Lebensjahren dringlicher geworden ist?

 

Nein, diese Aufmerksamkeit war immer da. Seit meiner Jugendzeit habe ich mit meinen Vater über religiöse Fragen gesprochen, über Gott und das Göttliche.

 

Sie spielten vorher auf Heideggers Herkunft an, auf das Faktum, daß er, um studieren zu können, in ein Priesterseminar mußte. Wir stellen uns vor, daß seine Herkunft niedrig war. Wer waren seine Eltern, also Ihre Großeltern?


 

Es waren wirklich arme Leute. Vom Groß­vater habe ich wirklich keine große Erin­nerung, er starb, als ich vier war. Von der Großmutter weiß ich, daß sie eine gefühl­volle und großherzige Frau war, sehr geliebt von ihren Kindern.

 

Am Anfang haben wir von den Tischgesprä­chen geredet und davon, daß sich Ihr Vater für sportliche Aktivitäten interessierte. Das ist ein wenig bekannter Aspekt seines Le­bens. Können Sie uns dazu noch mehr sa­gen?

 

Als junger Mann hat er viel Sport getrieben. Er war ein guter Sportler, hauptsächlich im Geräteturnen; er hat Fußball gespielt, geru­dert und besonders ist er Ski gefahren. Er sah sehr gerne die Spiele der Fußballnatio­nalmannschaft, und wenn wichtige Treffen waren, verfolgte er sie bei einem Nachbarn im Fernsehen. Er schwärmte sehr für Bek­kenbauer.

 

 

Mit dem 75jährigen Hermann Heidegger sprachen Antonio Gnoli und Franco Volpi. Erstveröffentlichung in der italienischen Tageszeitung "La Repubblica". Die erste deutschsprachige Veröffentlichung, in einer von Hermann Heidegger leicht überarbeite­ten und ergänzten Fassung, erschien in der "Badischen Zeitung". Die Zahlen in Klam­mern sind von uns eingesetzt und be­ziehen sich auf die nachfolgenden An­merkungen von Hugo Ott.

 

 

Anmerkungen von Hugo Ott

 

Wir haben Hugo Ott gebeten, diejenigen Punkte, die aus der Sicht des Heidegger-Biographen so nicht richtig sind, ganz kurz zu kom­mentieren bzw. richtigzustellen.

 

(1) Diese zur Überschrift geronnene Fest­stellung entspricht der von Martin Heideg­ger seit 1953 in Leserbriefen bekundeten "Legende" - im Zusammenhang mit der­ publizistischen Auseinandersetzung nach der 1953 erfolgten Veröffentlichung von Ein­führung in die Metaphysik (Vorlesung SS 1935). Nach meiner Ansicht ist es eine Verhöhnung derjenigen Menschen, die tatsächlich Widerstand geleistet haben.

 

(2) Martin Heidegger hat während seines Rektorates in hohem Maße die Öffentlich­keit mit seinem Auftritt mobilisiert: in Frei­burg, in Heidelberg, in Tübingen, in Leipzig und andernorts. Es wäre höchst interessant, wenn in der Gesamtausgabe der überfällige Band (Reden, Ansprachen) erschiene. Den Band hat sich Dr. Hermann Heidegger vorbehalten.

 

(3) Ich habe 1979 in einem Beitrag zum Band Badische Geschichte sehr knapp das Rektorat Heideggers behandelt und mich dabei auf Sekundärliteratur gestützt, weil mir die 1933er Ausgabe nicht zugänglich war. Hermann Heidegger lenkt mit diesem Argument davon ab, daß ich nach der Wie­derauflage der Rektoratsrede 1983 zusam­men mit Heideggers Rechenschaftsbericht über sein Rektorat eben diesen Rechen­schaftsbericht einer kritischen Prüfung un­terzog (Zwei Aufsätze in der Zeitschrift des Breisgauer Geschichtsvereins "Schauins­land"). Von Heideggers "Tatsachen" blieb dann nicht mehr viel übrig. Für mich der Anfang zu weiteren Heidegger-Studien, die in das Buch mündeten. Die Bewertung mei-nes Buches durch Dr. Hermann Heideg­ger ist mir seit langem bekannt. So schlecht kann das Buch nicht sein, da es nach den Übersetzungen in die westeuropäischen Sprachen kürzlich auf Japanisch erschien und demnächst ins Bulgarische und Por­tugiesische übersetzt wird.

 

(4) Karl Jaspers hat im August 1933 Hei­-

 

degger für die Zusendung der Rektoratsrede gedankt und in Erinnerung an frühere Ge­spräche über die Universitätsreform sein Lob gezollt. Für mich ist es auf der Ebene der Höflichkeit angesiedelt. Es ist kein ernsthafter Dialog.

 

(5) Das Amt Rosenberg war in der NSDAP-Hierarchie mit dem Charakter der "Spiel­wiese" versehen. Alfred Rosenberg wurde in der Partei nicht ernst genommen.

 

(6) Hier wiederholt Hermann Heidegger die Argumente Martin Heideggers im Spiegel-Gespräch von 1966. Husserl war der väter­liche Freund Heideggers, er hat ihm den Ruf nach Marburg verschafft, und er hat ihn als seinen Nachfolger nach Freiburg berufen lassen. Man lese die enttäuschten Briefe Husserls vom April/Mai 1933, um die Wahrheit zu erkennen.

 

(7) Ein weites Feld. Martin Heidegger ging ab 1933 nicht mehr in die "jüdische" Woh­nung Husserls in der Lorettostraße 40. Er besuchte den monatelang dahinsiechenden Lehrer (seit Herbst 1937 in der Schöneck­straße, gar nicht weit von Heideggers Haus entfernt) nicht - und er war krank, als Hus­serls Trauerfeier stattfand.

 

(8) Noch ein weites Feld: Hat Martin Hei­degger wirklich "Man" gesagt? Meine Infor­mationen hinsichtlich der Entscheidung von Martin Heidegger, in Meßkirch katholisch beigesetzt zu werden, lauten anders. Der priesterliche Neffe, Pfarrer Heinrich Heideg­ger, der die Beerdigung liturgisch vornahm, hatte diese Form mit seinem Onkel sehr genau vereinbart. Es gab auch die Gesprä­che zwischen Martin Heidegger und Bern­hard Welte. Ob es zutrifft, daß bei diesen "katholischen" Gesprächen die evangeli­schen Angehörigen ausgeschlossen waren, kann ich nicht beurteilen. Es geht die Sage um.