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Preisfrage über das Postfaktische

Preisfrage 2017 Was verbirgt sich hinter der Rede vom „Postfaktischen“: Lüge, Bullshit, illusionäre Selbsttäuschung oder …?


Preisgeld: Platz 1: € 1000,- und Plätze 2 und 3: je € 500,- Teilnahmeberechtigt sind Nachwuchswissenschaftler*innen aller Disziplinen Jury aus Politischer Wissenschaft, Soziologie, Theologie: Clemens Albrecht, Matthew R. Ro-binson, Hans-Georg Soeffner, Cornelia Richter, Markus Saur, Jochen Sautermeister

Die aktuelle Salonfähigkeit der Lüge mit ihren Begleitphänomenen der Verzerrung, Täuschung, Unaufrichtigkeit und Schönfärberei bedarf der interdisziplinären Reflexion. (1) Sie birgt eine gesellschaftspolitische Erosionskraft, die demokratische und urteilsbildende Prozesse be-droht. (2) Der mit ihr verbundenen Rede vom „Postfaktischen“ eignet eine gefährliche schein-bare Legitimationsfunktion, getrieben von unreflektierter Kritik an konstruktivistischen, sym-bol- und zeichentheoretischen und performativen Theorien. (3) Allerdings darf die Reflexion der damit verbundenen Phänomene nicht in einer bloß moralischen Kritik enden, sondern muss nach den Gründen für die öffentliche Etablierung der Täuschung fragen – umso mehr als die Lüge zugleich konstitutiv in das Handlungsprogramm des Menschen eingebaut ist. Men-schen lügen, verschweigen, unterlassen Dinge nicht nur zum Schaden anderer, sondern auch zu ihrem Schutz und zuweilen sogar mit Recht. Neben direkten Täuschungsversuchen und Ver-zerrungen dürfte es (4) ebenso um Sehnsuchtskonstruktionen bzw. -projektionen gehen: Sie sollen jene Welt durchsetzen, die man gerne hätte, die sich dank der Gestaltungskraft der Social Media performativ herstellen und die realpolitische Umsetzung fordern lässt. Die Preis-frage zielt daher (5) auf eine Verständigung über das Verhältnis von Wahrheit und Lüge und eine präzisere Hermeneutik der Rede vom „Postfaktischen“: Wie verhalten sich Faktizität und Wahrheit zueinander, wie Wahrheit und Wahrhaftigkeit, wie Wahrheit und Fiktion? Was ist der Maßstab für „Wahrheit“? Wie sind Lüge und Zeitgeschehen verwoben? Gibt es eine Wie-derkehr oder gar einen Rhythmus der Lüge in Rede und Literatur? Wie verhalten sich Lüge, Vertrauensverlust und Identität zueinander, wie Lüge, Inszenierung und Performance, wie Lüge und Bullshit? Wie lässt sich deren Differenz erkennen und ließe sie sich erlernen? Ist das Postfaktische eigentlich post-faktisch oder nicht eher prä-faktisch – oder noch anderes? Wie würden Ihre Fragen lauten? Wie würden Sie antworten?
Einsendeschluss (mit Anschreiben und Aufsatz): 31.12.2017. Die Aufsätze (max. 40.000 Zeichen mit Leerzei-chen) werden in einem anonymisierten Verfahren von einer interdisziplinären Jury bis 28.02.2018 beurteilt. Die Prämierung, Präsentation und Publikation der drei besten Papers erfolgt im Rahmen der Internationalen Kon-ferenz vom 4.-6. Mai 2018. Einsendung bitte an: Prof. Dr. Cornelia Richter: cornelia.richter@uni-bonn.de