Das Problem der Intentionalität in der Philosophie des Geistes

Unter Intentionalität versteht man in der Philosophie des Geistes eine besondere Eigenschaft von Überzeugungen, Wünschen und anderen psychischen Vorkommnissen. Überzeugungen und Wünsche haben es an sich, daß das, wovon jemand überzeugt ist und was er sich wünscht, nicht der Fall sein muß bzw. nicht eintreten muß. Allgemein drückt man dies so aus: Psychische Vorkommnisse haben einen Inhalt unabhängig davon, ob ihr Gegenstand existiert.

Ende des 19. Jahrhunderts hat Franz Brentano auf diese Eigenheit psychischer Vorkommnisse aufmerksam gemacht. Brentano und seine Schüler Edmund Husserl, Anton Marty, Alexius Meinong, Kazimierz Twardowski u.a. bemühten sich um eine genaue Analyse und Beschreibung der intentionalen Struktur psychischer Vorkommnisse (psychischer Phänomene oder Akte in Brentanos Terminologie), wobei ihnen die innere Wahrnehmung als Maßstab der Korrektheit dieser Beschreibungen diente. Es sind vor allem begriffliche und logische Unklarheiten, die dabei Probleme aufwerfen: Was ist unter einer 'intentionalen Beziehung' auf einen Gegenstand zu verstehen? Was ist mit der 'intentionalen Inexistenz' des Inhalts im Akt gemeint? Wie soll man die Rede von 'nicht-existierenden Gegenständen' logisch interpretieren? Kann ein Akt auch sich selbst zum Gegenstand haben? usw.

In den letzten Jahrzehnten haben diese begrifflichen und logischen Fragen etwas an Bedeutung verloren. Sie wurden verdrängt durch eine stärker metaphysische Problemstellung, nämlich die Frage, wie unser Denken, Fühlen und Wollen als Teil des Naturgeschehens zu erklären ist. Die Intentiona-lität des Psychischen stellt hier weniger ein begriffliches als ein sachliches Problem dar. Der folgende Bericht versucht, die wichtigsten Positionen, die sich aus dieser Diskussion ergeben haben, zu skizzieren.

Intentionalität aus naturalistischer Sicht

Betrachtet man das Phänomen der Intentio-nalität aus traditioneller Sicht, so ist es eine grundlegende, nicht weiter erklärbare Eigenschaft, die den Bereich des Psychischen vom Physischen trennt. Der Naturalismus lehnt eine solche Trennung ab, weil er die Einheit von Geistes- und Naturwissenschaften in Frage stellt. Daraus ergibt sich ein Zugang zum Problem der Intentionalität, der sich von der traditionellen Sichtweise in zumindest vier Punkten unterscheidet:

1. Ein Naturalist begnügt sich nicht mit einer Beschreibung der intentionalen Struktur psychischer Vorkommnisse, er möchte auch erklären, wie Intentionalität zustandekommt. Eine strikte Trennung von deskriptiver Psychologie (Phänomenologie) und genetischer (empirischer) Psychologie ist für ihn ausgeschlossen.

2. Ein Naturalist betrachtet die Perspektive der dritten Person als adäquat zur Untersuchung aller Phänomene, also auch zur Untersuchung von Intentionalität. Er braucht nicht zu leugnen, daß es ein unmittelbares Bewußtsein der eigenen intentionalen Erlebnisse gibt, er bestreitet jedoch, daß die innere Wahrnehmung der richtige Maßstab für die Korrektheit ihrer Beschreibung und Erklärung ist.

3. Ein Naturalist fühlt sich nicht an Brentanos These gebunden, wonach Intentiona-lität ein exklusives Merkmal des Psychischen ist, und zwar auch dann nicht, wenn der Bereich des Psychischen neben Bewußtseinserlebnissen auch unbewußte mentale Zustände umfaßt. Er schließt nicht a priori aus, daß alle Lebewesen oder auch Artefakte (wie z.B. Meßinstrumente) Intentionalität besitzen.

4. Das Wichtigste für einen Naturalisten ist aber, daß Intentionalität keine im Bewußtsein gegebene, nicht weiter hinterfragbare Eigenschaft psychischer Vorkommnisse ist. Wir besitzen keine Garantie dafür, daß un-ser intentionales Vokabular (die Begriffe des 'Glaubens', 'Wünschens', usw.) etwas Reales beschreiben. Ein Naturalist kann auch ein Skeptiker sein, der Intentionalität als eine Fiktion des Sprachgebrauchs ansieht.

Diese vier Punkte charakterisieren zunächst nur die naturalistische Sichtweise, sie implizieren noch keine spezifischen Thesen. Ins-besondere implizieren sie nicht die These des Materialismus oder Physikalismus, nicht die These der Irreduzibilität des Intentionalen, nicht die Ablehnung intensionaler Entitäten, und auch nicht die These, daß die Wissenschaft mit einer extensionalen Sprache das Auslangen findet. Dies sind Thesen, die durch Willard van Orman Quine Be-rühmtheit erlangten, sie sind aber für eine naturalistische Auffassung von Intentio-nalität keineswegs verbindlich.

Quine ist nicht nur Naturalist, er ist neben Paul Churchland auch der bekannteste Skeptiker, was die Verwendung des intentionalen Vokabulars betrifft. In Word and Object (1960) bezeichnet Quine dieses Vo-kabular als eine 'schauspielerische Ausdrucksform', die wissenschaftlich untauglich sei. Naturalisten haben sich seither bemüht zu zeigen, daß diese Skepsis (auch aus na-turalistischer Sicht!) unbegründet ist. Dies hat zwei Arten von Theorien hervorgebracht: (a) nonfaktualistische Theorien der Intentionalität und (b) realistische Theorien der Intentionalität. Nonfaktualisten reagieren auf die skeptische Herausforderung dadurch, daß sie Aussagen, in denen intentionale Be-griffe vorkommen, nicht oder nur mit Einschränkungen als Tatsachenbehauptungen gelten lassen. Intentionale Realisten hingegen versuchen zu zeigen, daß solche Aus-sagen echte Tatsachenbehauptungen sind, die davon beschriebenen Tatsachen aber na-turalistisch erklärt werden können.

Nonfaktualistische Theorien der Intentionalität

Die bekannteste nonfaktualistische Theorie der Intentionalität ist die Theorie des Intentional Stance von Daniel Dennett. Dennett entwickelt diese Theorie schrittweise in seinen Büchern Content and Consciousness (1969), Brainstorms (1978) und The Intentional Stance (1987) sowie in zahlreichen Aufsätzen. Die Kernidee seiner Theorie ist, daß Aussagen, in denen intentionale Begriffe vorkommen, Teil einer Erklärungsstrategie sind, deren Ziel es ist, das Verhalten von Individuen durch die Zuschreibung von Wünschen und Überzeugungen rational verständlich und damit prognostizierbar zu machen. Diese Zuschreibungen, und dies zeichnet die Strategie aus, sollen jedoch keine Tatsachen beschreiben, aus denen das Verhalten aufgrund kausaler Gesetzmäßigkeiten erschlossen werden kann.

Diese Art der Verhaltenserklärung und -pro-gnose ist für Dennett nicht die einzig mögliche. Es ist theoretisch auch möglich (und auch erwünscht), dasselbe Verhalten in rein physikalischen oder funktionalen Begriffen zu erklären. Aus pragmatischen Gründen ist die intentionale Perspektive jedoch unverzichtbar. Deshalb wird Dennetts Position häufig als 'instrumentalistisch' bezeichnet. Man muß hier jedoch zwischen der Behauptung unterscheiden, daß auch falsche Beschreibungen nützlich sein können, und der Behauptung, daß intentionale Aussagen gar nicht den Anspruch erheben, Tatsachen zu beschreiben, d.h. wahr oder falsch zu sein. Dennetts Standpunkt scheint mir besser durch letztere Behauptung charakterisiert zu sein.

Metaphysisch gesehen besteht nach Dennett keine Konkurrenz zwischen den verschiede-nen Erklärungsstrategien, denn nur die physikalischen Erklärungen sind mit echten ontologischen Annahmen verbunden. Funktionale und intentionale Erklärungen machen streng genommen keine Aussagen über intentionale Zustände, beinhalten also keine weiteren ontologischen Verpflichtungen. So kann Dennett Materialist sein, ohne eine Identitätstheorie zu vertreten, und auch die These der Irreduzibilität des Intentionalen unterschreiben. Er ist überzeugt, daß Quines These der Unbestimmtheit der Übersetzung analog auch für die Zuschreibung intentionaler Zustände gilt.

Neben Dennett gibt es eine Reihe anderer Philosophen, die mit einer nonfaktualistischen Theorie des Intentionalen sympathi-sieren. Im letzten Kapitel von The Intentional Stance zieht Dennett Vergleiche zwischen seiner eigenen Position und den Auffassungen von Wilfried Sellars, Hilary Putnam, Donald Davidson, Jonathan Ben-nett und Stephen Stich. Es ist jedoch zweifelhaft, ob sich diese Philosophen ohne Einschränkungen als Nonfaktualisten einstufen lassen. Sellars ist auch ein Vorläufer einer Theorie der mentalen Repräsentation, die kaum anders als realistisch verstanden werden kann; Davidson vertritt eine Identitätstheorie, die mit einem Nonfaktualismus schwer vereinbar ist, und Stich läßt es offen, ob das intentionale Vokabular letztlich nicht doch verzichtbar ist.

Einer nonfaktualistischen Theorie am nächsten kommt heute, neben Dennett, Lynne Rudder Baker. In Saving Belief (1987) und Explaining Attitudes (1995) argumentiert sie für einen Standpunkt, den sie 'praktischen Realismus= nennt. Damit ist die Auffassung gemeint, daß Glaubenshaltungen und andere Einstellungen nicht als genuine Entitäten aufgefaßt werden müssen, damit Aussagen in intentionaler Redeweise wahr sein und Erklärungswert besitzen können. Solche Zu-schreibungen sind berechtigt als Teil unseres realistischen Alltagsverständnisses, ohne deshalb metaphysisch interpretiert werden zu müssen. Auf diese Weise meint Baker dem Dilemma zu entgehen, intentionale Zu-stände entweder naturalistisch erklären oder eliminieren zu müssen.

Intentionaler Realismus

Intentionale Realisten begnügen sich nicht mit einem 'praktischen Realismus' im Sinne von Baker, sondern behaupten, daß intentionale Zustände genauso existieren wie elektrische Schwingungen oder Wärmepo-tentiale, daß diese Zustände intentionale Eigenschaften haben, die kausal wirksam sind, und daß wir solche Zustände meinen, wenn wir sagen, was Leute glauben und wünschen. Ein intentionaler Realist, der zugleich Naturalist ist, muß daher zeigen, daß diese Annahmen nicht Wasser auf die Mühlen des Intentionalitäts-Skeptikers lenken.

Die heute meistdiskutierte realistische Theorie der Intentionalität ist jene von Fred Dretske. Dretske entwickelt diese Theorie in Knowledge and the Flow of Information (1981), in Explaining Behavior (1988) und zuletzt in Naturalizing the Mind (1994). Er geht davon aus, daß es so etwas wie 'natürliche Repräsentation' unabhängig von (menschlichen) Interessen und Absichten gibt. Diese Art der Repräsentation läßt sich informationstheoretisch als eine Form der Indikation erklären. So zeigt z.B. eine Geruchsmarke oder eine Spur an, in welche Richtung ein Tier gelaufen ist. Solche natürlichen Indikatoren existieren nicht nur unabhängig davon, ob und wie wir sie interpretieren, sie können auch ohne unser Zutun bestimmte Funktionen erfüllen. Sie dienen z.B. anderen Tieren zur Orientierung und können sie, unter widrigen Umständen, so-gar in die Irre führen. Auf diese Weise er-klärt Dretske die Möglichkeit von Mißrepräsentation und die Aspektualität von Repräsentation. Denn ein Indikator kann z.B. die Funktion haben, ein Tier als einen Kampfgefährten zu repräsentieren, nicht aber als einen Rivalen, auch wenn jeder Kampfgefährte zugleich ein Rivale sein sollte.

Dretske betrachtet diese zwei Elemente B natürliche Indikatoren und natürliche Funktionen B als die beiden Wurzeln, aus denen alle anspruchsvolleren Formen von Intentionalität entstehen. Wesentlich dafür ist, daß die Funktionen, die ein Indikator erfüllt, nicht phylogenetischen Ursprung haben müssen (und als solche systemimmanent sind), sondern (ontogenetisch) erlernt werden können. Davon abgeleitet sind dann nicht-natürliche Repräsentationsfunktionen, z.B. bei Meßinstrumenten, denen durch Ska-lierung bestimmte Funktionen zugeschrieben werden, und bei sprachlichen Zeichen, de-ren Funktionen ebenfalls konventioneller Natur sind.

Ein Problem, dem Dretske besondere Aufmerksamkeit schenkt, ist das Problem der kausalen Wirksamkeit intentionaler Eigenschaften: Wie können wir ausschließen, daß allein die nicht-intentionalen Eigenschaften intentionaler Zustände eine kausale Rolle beim Hervorbringen von Verhalten spielen? Dretskes Lösungsvorschlag besteht darin, zwischen dem Verhalten als einem Prozeß und den Körperbewegungen als dem Produkt dieses Verhaltens zu unterscheiden, z.B. zwischen dem Bewegen eines Arms und der daraus resultierenden Armbewegung. Intentionale Zustände sind nach Dretske ein Grund, nicht aber eine Ursache, für den Prozeß des sich so und so Verhaltens. Sie erklären, warum dieses Verhalten gewisse Körperbewegungen erzeugt und war-um dabei intentionale Eigenschaften eine Rolle spielen. Damit löst sich für Dretske auch die Frage der Reduzierbarkeit des In-tentionalen. In einem Sinne können wir Intentionalität auf etwas nicht-Intentionales 'reduzieren', nämlich auf natürliche Repräsentationen und natürliche Funktionen. Wir können jedoch keine Reduktion im Sinne von Quine vornehmen, da sich die Reduktionsbasis einer rein extensionalen Beschreibung entzieht.

Andere Vertreter des Intentionalen Realismus weichen von Dretske in verschiedener Hinsicht ab, wobei oft unklar ist, wie tiefgreifend die Unterschiede sind. So spielt es z.B. bei Dretske keine Rolle, in welchem Medium mentale Repräsentation stattfindet, ja ob es überhaupt ein solches Medium gibt. Dagegen legen Hartry Field und Jerry Fo-dor Wert darauf, daß mentale Repräsenta-tionen sprachliche oder sprachähnliche Enti-täten sind, nämlich Sätze einer natürlichen Sprache oder einer angeborenen language of thought. Sie schlagen vor, propositionale Einstellungen als zweistellige Relationen zwischen Subjekten und solchen mentalen Repräsentationen aufzufassen. Bei Dretske sind die Einstellungen selbst die mentalen Repräsentationen, die ihrerseits nicht als Relationen analysiert werden. In diesem Punkt unterscheidet sich Dretske auch von Robert Stalnaker, der sich ebenfalls auf eine relationale Analyse der Einstellungen festlegt. Nach Stalnaker sind es jedoch Propositionen, nicht Sätze oder satzähnliche Konkreta, die als Relata fungieren, wobei Propositionen als Funktionen über mögliche Welten definiert werden. Eine andere realistische Variante einer relationalen Theorie propositionaler Einstellungen hat Mark Richard entwickelt, indem er ihre Objekte als strukturierte n-Tupel von teils linguistischen und teils nicht-linguistischen Entitäten konstruiert. Dretskes Theorie hat gegenüber diesen Theorien den Vorteil, daß sie sich nicht auf die Analyse propositionaler Einstellungen beschränkt. Sie läßt auch Raum für mentale Repräsentation, die nicht das syntaktische Format von Sätzen, sondern von Bildern, Landkarten, Diagrammen, etc. hat.

Neben Dretske ist Ruth Garrett Millikan die wichtigste (naturalistische) Vertreterin eines Intentionalen Realismus. In Language, Thought and other Biological Categories (1984) entwickelt sie, ähnlich wie Dretske, eine Theorie der Repräsentation, in der ein teleologischer Begriff (nämlich der Begriff der proper function) eine zentrale Rolle spielt. Besonderes Augenmerk lenkt Milli-kan auf die Frage der epistemischen Zugänglichkeit unserer Gedanken. Sie kritisiert eine Position, die sie Bedeutungsrationalismus nennt, gemäß der das Fassen eines Ge-dankens notwendigerweise die Fähigkeit einschließt, diesen Gedanken identifizieren und reidentifizieren zu können. Unterschiede zwischen ihrer Position und jener von Dretske diskutiert Millikan in Kapitel 6 von White Queen Psychology and other Essays for Alice (1993).

Zwei offene Fragen

Vergleicht man den Nonfaktualismus mit der Position des Intentionalen Realismus, so drängen sich zwei Fragen auf: (1) Bilden diese zwei Positionen eine erschöpfende Al-ternative? und (2) Schließen sie sich gegenseitig aus?

Was die erste Frage betrifft, so gibt es Philosophen, wie z.B. John Searle, die sich keinem der beiden Lager zuordnen lassen. Im Gegensatz zu Dennett behauptet Searle, daß es intentionale Tatsachen in einem metaphysischen Sinne gibt, im Gegensatz zu Dretske bestreitet er jedoch, daß sich Intentionalität als ein bewußtseinsunabhängiges Phänomen erklären läßt. Die Frage ist, ob Searle damit noch im Rahmen des Naturalismus bleibt. Ob sein 'biologischer Naturalismus' diesen Namen verdient, hängt davon ab, was man von einer naturalistischen Theorie der Intentionalität erwartet und erwarten darf. Michael Tye und Stephen Stich haben zuletzt dafür argumentiert, daß der Standpunkt des Naturalisten jedenfalls nicht mit der Forderung nach einer Erklärung von Intentionalität in nicht-intentionalen Begriffen gleichgesetzt werden darf.

Was die Frage der Vereinbarkeit von Nonfaktualismus und Intentionalem Realismus betrifft, so scheint eine Annäherung nicht ausgeschlossen. Dennett selbst hat unter Bezugnahme auf Dretskes Erklärung der kausalen Effizienz intentionaler Eigenschaften einen Versuch in diese Richtung unternommen. Eine aussichtsreiche Strategie könnte auch darin bestehen, nonfaktualistische und realistische Theorien auf verschiedene Anwendungsbereiche zu beziehen. So spricht man häufig von Proto-Überzeugungen und Proto-Wünschen, wie sie bei vielen Lebewesen vorkommen, im Unterschied zu den artikulierten Überzeugungen und Wünschen, die nur sprachfähige Wesen besitzen. Ein möglicher Kompromiß könnte darin bestehen, die realistischen Theorien auf solche Proto-Zustände zu beschränken und die nonfaktualistischen Theorien auf die sprachabhängigen intentionalen Zustände. Auf diese Weise könnte sich auch die Kontroverse um den Vorrang von Intentionalität und Sprache lösen. Dies war die Streitfrage, über die in den 50er Jahren Chisholm und Sellars ihre berühmte Korrespodenz führten und die ganz am Anfang der zeitgenössischen Diskussion um die Natur des Intentionalen stand.

 

Literatur

I. Darstellungen, Nachschlagewerke, Sammelbände

Bechtel, W.: Philosophy of Mind. An Overview for Cognitive Science. 176 p., cloth $ 30.--, pbk. $ 19.95, 1988, Lawrence Erlbaum Associates, New Jersey. Kapitel 3 und 4 geben einen Überblick über die Entwicklung des In-tentionalitätsproblems von Brentano bis zur Gegenwart.

French, P.A., et. al. (eds.): Philosophical Naturalism. Cloth $ 61.--, pbk. $ 31.--, 1994, Midwest Studies in Philosophy XIX, University of Notre Dame Press. Enthält mehrere, teils kritische Beiträge zur Naturalisierung von Intentionalität.

Guttenplan, S. (ed.): A Companion to the Philosophy of Mind. Pbk., , 17.--, 1994, Basil Blackwell, Oxford. Neben zwei Einträgen von Searle und Perry zum Stichwort 'Intentionality' finden sich darin Selbstdarstellungen von Davidson, Dennett, Dretske und Stalnaker.

Lyons, W.: Approaches to Intentionality. , 32.50, 1995, Clarendon Press, Oxford. Disku-tiert die Positionen von Quine, Dennett, Fodor, Millikan, Dretske, Loar, u.a. und entwirft eine eigene Position aus entwicklungspsychologischer Perspektive.

Stich St.P. & Warfield, T.A. (eds.): Mental Representation. Pbk. , 17.--, 1984, Basil Blackwell, Oxford. Ein Sammelband mit klassischen Beiträgen von Fodor, Field, Dretske, Millikan, u.a.

II. Zur traditionellen Sicht von Intentionalität

Brandl, J.: "Intentionality" in: L. Albertazzi et. al. (eds.): The School of Franz Brentano. Kluwer Academic Publishers, Dordrecht. 1996, 261-284. Ein Versuch, die traditionelle Frage nach den Gegenständen psychischer Akte mit den ontologischen Voraussetzungen von Searles Theorie der Intentionalität zu verknüpfen.

Chisholm, R.M.: "Brentano on Descriptive Psy-chology and the Intentional" in E.N. Lee & M. Mandelbaum (eds.): Phenomenology and Existentialism. Johns Hopkins Press, Baltimore 1967, 130-147. Die Quelle einer einflußreichen, inzwischen aber umstrittenen Brentano-Interpretation.

Haldane, J.: "Brentano=s Problem" in Grazer Philosophische Studien 35 (1989), 1-32. Trennt Brentanos Problem der intentionalen Beziehung von der Frage der Irreduzibilität intentionaler Begriffe.

Moran, D.: "Brentano=s Thesis" in Proceedings of the Aristotelian Society. Suppl. LXX (1996), 1-27. Betont den rein deskriptiven Anspruch von Brentanos Theorie der Intentionalität und bestreitet, daß sie einer materialistischen Metapyhsik widerspricht.

Sajama S. & Kamppinen M.: A Historical In-troduction to Phenomenology. Croom Helm, London 1987. Ein Vergleich der unterschiedlichen Positionen zur intentionalen Struktur psychischer Akte innerhalb der Brentano-Schule.

 

III. Nonfaktualistische Theorien der Intentionalität

Die relevanten Bücher von Dennett und Baker werden im Text zitiert.

Bieri, P.: "Intentionale Systeme": Überlegungen zu Daniel Dennetts Theorie des Geistes@ in: J. Brandstätter (Hg.): Struktur und Erfahrung in der psychologischen Forschung. Walter de Gruyter. Berlin 1987, 208-252. Eine ausführliche Darstellung von Dennetts Position und der Problemstellung, die sie motiviert.

Dennett, D.: "The Myth of Original Intentionality" in: K.A. Mohyeldin Said et. al. (eds.): Modelling the Mind. Clarendon Press. Oxford 1990, 43-62. Sieht in Searles Begriff der >intrinsischen Intentionalität= ein Relikt einer prä-evolutionistischen Denkweise.

Dennett, D.: "Ways of Establishing Harmony" in: B. Mclaughlin (ed.): Dretske and his Critics. Basil Blackwell. Oxford 1991, 118-130. Argumentiert, daß Dretskes Lösung des Problems der kausalen Effizienz intentionaler Eigenschaften mit der Strategie des Intentional Stance harmoniert.

Dennett, D.: "Real Patterns" in Journal of Philosophy 89, 1991, 27-51. Stellt die Position des Intentional Stance als einen 'Semi-Realismus' dar, der damit verträglich ist, daß intentionale Aussagen reale Muster (nicht-intentionaler) Ereignisse beschreiben.

Rosenthal, D.: "Intentionality" in Midwest Studies in Philosophy X (1986), 151-184. Weist eine Reihe von Argumenten zugunsten der Annahme intrinsischer Intentionalität zurück.

 

IV. Realistische Theorien der Intentionalität

Die relevanten Bücher von Dretske und Millikan werden im Text zitiert.

Dretske, F.: "If you Can=t Make One, You Don=t Know How it Works", in French, a.a.O., 468-482. Ein kurzer Abriß von Dretskes Naturalisierungsprogramm.

Field, H.: "Mental Representation" (1978) in: Stich/Warfield, a.a.O., 34-77. Eine Pionierarbeit für naturalistische Erklärungen propositionaler Einstellungen als Relationen zu mentalen Repräsentationen.

Fodor, J.: "Propositional Attitudes" (1978) in ders.: Representations. MIT Press. Cambridge. 1981, 177-203. Entwickelt die Theorie mentaler Repräsentationen als Alternative zu Carnaps Analyse von Glaubenssätzen.

Jacob, P.: What Minds Can Do. Intentionality in a Non-Intentional World. Cambridge University Press. Cambridge. 1997. Eine Darstellung und Verteidigung des Naturalisierungsprogramms von Dretske mit besonderer Berücksichtigung des Problems der kausalen Relevanz intentionaler Eigenschaften.

Richard, M.: Propositional Attitudes. Cambridge University Press. Cambridge. 1990. Verteidigt die Auffassung, daß die Gegenstände propositionaler Einstellungen strukturierte Propositionen im Sinne von Russell sind, jedoch mit linguistischen Markierungen.

Stalnaker, R.: Inquiry. The MIT Press. Cambridge/Mass. 1987. Argumentiert für eine Analyse von Intentionalität auf der Basis naturalistisch erklärbarer Relationen zwischen Personen und Propositionen.

V. Kritische Auseinandersetzung mit der naturalistischen Sicht von Intentionalität

Chisholm, R. & Sellars, W.: "Intentionality and the Mental", in: H. Feigl et. al. (eds.): Minnesota Studies in Philosophy of Science II. University of Minnesota Press, Minneapolis. 1958, 507-539. Dokumentiert die Kontroverse zwischen Chisholm und Sellars über die Frage, ob Intentionalität auf der Basis sprachlicher Bedeutung zu erklären ist oder umgekehrt.

Haldane, J.: "Naturalism and Intentionality" in Inquiry 32, 305-322. Eine radikale Kritik des naturalistischen Standpunkts, speziell der Theorie von Stalnaker.

Searle, J.: Intentionalität. Eine Abhandlung zur Philosophie des Geistes. 353 S., kt., DM 24.80, stw 956, Suhrkamp, Frankfurt. (engl. Original 1983). Eine Verteidigung der Irreduzibilität der Intentionalität aus realistischer Sicht.

Stich, St. & Laurence, St.: "Intentionality and Naturalism" in French, a.a.O., 159-182. Bestreitet, daß es einen Sinn von >naturalisieren= gibt, in dem es wünschenswert aber nicht möglich ist, Intentionalität zu naturalisieren.

Tye, M.: "Naturalism and the Problem of Intentionality" in French, a.a.O., 159-182. Unterscheidet zwischen dem Pseudo-Problem einer Naturalisierung von Intentionalität und einem echten Problem des >Mechanismus von Intentionalität=.

Young, J.: "Intentionality" in Man and World 17 (1984), 696-722. Diskutiert kritisch die naturalistische Position von Sellars in der Auseinandersetzung mit Chisholm.