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FORSCHUNG

Egalitarismus: Gosepaths libertärer Egalitarismus


Stefan Gosepaths libertärer Egalitarismus

Der bis vor kurzem an der Freien Universität in Berlin lehrende Stefan Gosepath, der nunmehr auf eine Professur in Gießen beru-fen wurde, entwirft in seiner Habilitationsschrift

Gosepath, Stefan: Gleiche Gerechtigkeit. Grundlagen eines libertären Egalitarismus. 508 S., kt., € 17.—, 2004, stw 1665, Suhr-kamp, Frankfurt

eine von ihm libertär genannte egalitäre Gerechtigkeitstheorie, die auf zwei Pfeilern ruht:

 der These, dass Gerechtigkeit die zentrale moralische Kategorie im politisch- sozialen Bereich ist, und

 der These, dass ein begrifflicher und normativer Zusammenhang von Gerechtigkeit und Gleichheit besteht.

Gerechtigkeit

„Ich weiß nicht, ob die Begriffe von Recht und Gerechtigkeit als ausreichend klargelegt anzusehen sind, obwohl sich so viele hervorragende Gelehrte mit ihnen beschäftigt ha-ben“ hatte Leibniz geklagt. Gosepath untersucht deshalb eingangs, wie die Menschen den Begriff der Gerechtigkeit in ihrer Alltagssprache verwenden. Dabei arbeitet er drei Aspekte der Gerechtigkeit heraus: Präskriptivität, Gerechtfertigtheit und Unparteilichkeit.

Indem wir etwas als ungerecht beurteilen, stellen wir damit nicht nur etwas beschrei-bend fest, sondern bewerten es und fordern eine Veränderung des Zustandes. Gerechtig-keitsaussagen sind also nicht bloß deskriptiv, sondern evaluativ und präskriptiv; insbe-sondere der Aspekt der Präskriptivität spielt im Gerechtigkeitsbegriff eine handlungsan-leitende Rolle.
Keine Person oder Institution kann oder will es sich auf Dauer leisten, als ungerecht zu gelten. Wir haben eine generelle Tendenz, unser Handeln als „gerecht“ zu rechtfertigen. Dieser Anspruch jeder beteuerten Gerechtigkeit auf Gerechtfertigtheit oder Legitimität ist für Gosepath einer der zentralen Bestimmungsgründe für Gerechtigkeit. Ein System der Verteilung von Rechten und Pflichten wird dann als gerecht angesehen, wenn es von einem Prinzip der Gerechtigkeit gerechtfertigt wird, das auf Kriterien wie Verdienst, Gleichheit oder Bedürfnissen basiert. Die enormen Unterschiede in Konzeptionen der Gerechtigkeit basieren Gosepath zufolge auf unterschiedlichen sozialen Repräsentationen, kulturell geteilten Wert- und Meinungssys-temen, die die entsprechenden Prinzipien der Gerechtigkeit betreffen.

Bei Aussagen über Gerechtigkeit geht es weiter stets um moralische Urteile, die bean-spruchen müssen, vom Standpunkt der Un-parteilichkeit aus wohlbegründet zu sein. Auf einer ersten Ebene bedeutet Unparteilichkeit die unparteiische Anwendung einer vorgege-benen Norm. Auf der zweiten Ebene wird für die Regeln selbst Unparteilichkeit verlangt, im Sinne eines Verbots auf das Subjektive, Egoistische bezogener Regeln.

Die älteste bekannte Gerechtigkeitsdefinition lautet: Gerecht ist eine Handlung, wenn sie jedem gibt, was ihm zukommt. Sie findet sich bei Platon und soll auf den Dichter Si-monides zurückgehen. Diese Definition hat eine große philosophiegeschichtliche Wir-kung in den Bestimmungen des Aristoteles, der Stoiker, Ciceros, des Augustinus und des Thomas von Aquin entfaltet. Der moderne Klassiker J. Rawls hingegen definiert den allgemeinen Begriff der Gerechtigkeit spezifischer als das, worauf sich Menschen trotz unterschiedlicher Gerechtigkeitsvorstellungen noch verständigen können. Er sagt, dass Gerechtigkeit willkürliche Unterschiede ausschließt und einen sinnvollen Ausgleich zwischen konkurrierenden Ansprüchen zum Wohle des gesellschaftlichen Lebens herstellt. Gosepath nimmt beide Bestimmungen auf, und zwar das Willkürverbot als Unparteilichkeit und den sinnvollen Ausgleich von konfligierenden Ansprüchen als distributives Paradigma.

Gerechtigkeit bezieht sich immer auf eine Relation zu anderen. Ein Gerechtigkeitsurteil ist die theoretische Anerkennung, dass je-mand einen moralischen Anspruch einem anderen gegenüber hat und dass diesem an-deren eine entsprechende Verpflichtung auferlegt ist. Wer gegen die legitime Gerechtigkeitskonzeption verstößt, handelt ungerecht. Gosepath sieht die zentrale Idee der Definition der Gerechtigkeit in der Formel: Gerechtigkeit hat es mit der Herstellung oder Erhaltung von Zuständen zu tun, auf die es einen moralischen Anspruch gibt. Die durch die Variablen garantierte Offenheit der Formel sieht er nicht als Mangel, vielmehr stelle sie die Bedingung für ihre Allgemeingültigkeit dar. Denn mit dieser Definition wird keine Lösung vorgestellt, sondern das Problem be-stimmt, das es noch zu lösen gilt.

Zu den Anwendungsbedingungen der Gerechtigkeit gehört die Verantwortbarkeit von veränderbaren Zuständen. Dabei müssen wir es mit Handelnden zu tun haben, die effektiv und kompetent in der Lage sind, institutionelle Strukturen, Praktiken oder Handlungen entsprechend den Prinzipien der Gerechtigkeit zu ändern. Personen müssen Verantwor-tung sowohl für ihre Handlungen als auch für Zustände in der Welt tragen. Der Zusam-menhang zwischen beiden besteht darin, dass Personen Verantwortung für beides tragen und dass sie der Verantwortung für die Zustände in der Welt letztlich nur mittels ihrer Handlungen nachkommen können. Für eine moralische Beurteilung ist nicht allein die Qualität einer Handlung relevant (verantwor-tungsethischer Aspekt), sondern vornehmlich die Handlungsabsicht der handelnden Person (gesinnungsethischer Aspekt). Um der jewei-ligen individuellen (Mit-)Verantwortung gerecht zu werden, bedarf es der gerechten Ein-richtung eines Kollektivs, das relativ kon-stant und stabil zur effektiven Beseitigung der Missstände ohne übermäßige Belastung der Individuen in der Lage ist. Diese Erfordernisse erfüllt nach bisherigen Erfahrungen am besten eine staatliche Ordnung.
Eine weitere Bedingung der adäquaten Anwendung des Gerechtigkeitsbegriffs besteht darin, dass sich die Prinzipien der Gerechtigkeit immer auf identifizierbare Träger beziehen müssen, die jedes Gerechtigkeitsprinzip genauer spezifizieren muss. Sekundär sind rechtsstaatlich verfasste politische Gesellschaften die Subjekte der Gerechtigkeit.

Gerechtigkeit hat es immer mit Verteilung zu tun, weil es auch in Fällen ausgleichender Gerechtigkeit um die Herstellung oder Wiederherstellung von gerechter Verteilung geht. Tauschgerechtigkeit und korrektive Gerechtigkeit stellen distributive Gerechtigkeit her – oder wieder her. Dieser Sichtweise liegt ein allgemeines Verständnis von Mitgliedschaft in einer Gesellschaft zugrunde, bei dem diese als ein Paket von Rechten und Pflichten, von Vorteilen und Nachteilen aufgefasst wird, die sich die Bürgerinnen und Bürger in freier Übereinkunft selbst wechselseitig zugestehen. Vorausgesetzt wird dabei die wechselseitige Achtung als Freie und Gleiche, die sich Bürgerinnen und Bürger wechselseitig schulden und zuzugestehen bereit sind.

Ein Gesellschaftsmodell, das auf dem distri-butiven Paradigma beruht, kann zwei we-sentliche Gesichtspunkte integrieren, die zu einem normativ angemessenen Modell gehören: zum einen demokratische Partizipation in öffentlichen Überlegungen und Entscheidungen, zum anderen soziale und politische Macht.

Gleichheit

Platon und Aristoteles haben zu Recht be-tont, dass sich der Begriff der Gerechtigkeit nicht ohne den Begriff der Gleichheit erläutern lässt. Gleichheit gilt von der Antike an als ein konstitutives Merkmal von Gerechtigkeit. Dennoch stellt sich aus philosophi-scher Sicht die Beziehung zwischen Gerechtigkeit und Gleichheit als kompliziert und klärungsbedürftig dar. Außerdem ist sie poli-tisch höchst umstritten.

Der Grundgehalt aller partikularen Gerechtigkeit liegt in der verhältnismäßigen Gleich-heit. Damit ist der zentrale Gesichtspunkt der Gerechtigkeit benannt. Viele Sozialtheorien setzen jedoch Gerechtigkeit mit Gleichheit gleich. Hier hat Gosepath Bedenken und er-innert an Fälle, in denen Gerechtigkeit eine Ungleichbehandlung von Menschen fordert. Wir haben hier zwei auf den ersten Blick nicht zusammenpassende Intuitionen: erstens, dass Gerechtigkeit begrifflich mit Gleichheit zu tun hat, und zweitens, dass wir materialiter viele ungleiche Behandlungen gerecht finden. Aristoteles hatte deshalb Überlegungen zu einer „proportionalen Gerechtigkeit“ angestellt, nach der ungleiche Ansprüche verhältnismäßig oder verhältnisgerecht berücksichtigt werden.

Gosepath sieht den Stellenwert der Gleichheit für die Gerechtigkeit insbesondere in zwei Punkten:

 Es besteht ein begrifflicher Zusammen-hang zwischen Gerechtigkeit und Gleichheit, weil zu einer vollständigen Explikation des Gerechtigkeitsbegriffs die Prinzipien der for¬malen und der proportionalen Gleichheit nötig sind. Diese beiden Prinzipien stellen als genuine Prinzipien der Gleichheit einen unauflöslichen Zusammenhang von Gerechtig-keit und Gleichheit her. Gerechtigkeit – so Gosepaths These – lässt sich nur mit dieser und gegebenenfalls weiteren (normativen)
Gleichheitsprinzipien explizieren. Das ist auch so zu verstehen, dass vom Begriff der formalen Gleichheit her das Moment des Ge-rechten in der Gleichheit erkannt werden kann und nicht nur umgekehrt das Moment der Gleichheit im Gerechten. Gleichheit ist also in diesen Formen notwendige Bedingung für Gerechtigkeit.

 Es besteht ein normativer Zusammenhang, den Gosepath durch drei normative, substan-tielle Gleichheitsprinzipien angibt: moralische Gleichheit, die Präsumtion der Gleich-heit und das Verantwortungsprinzip liberal-egalitärer Verteilungsgerechtigkeit. Die beiden letzteren Prinzipien lassen sich Gosepath zufolge aus dem Prinzip moralischer Gleichheit begründen.

Gosepath will die für seine Theorie der Ge-rechtigkeit notwendigen Formen der Gleich-heit mit fünf Postulaten der Gleichheit be-gründen. Zwei davon sind formal, drei normativ.

● Postulat 1: Gleiches gleich behandeln (A-ristoteles-Prinzip): 1. Es ist gerecht, Perso-nen, die gleich sind, gleich zu behandeln, 2. Es ist (auch) gerecht, Personen, die ungleich sind, ungleich zu behandeln. Dieses Postulat enthält über die Ausnahmslosigkeit der Regelanwendung hinaus als weitere Bedingung das Prinzip der Unparteilichkeit. Un-parteilichkeit meint hier die willkürfreie Anwendung vorgegebener Regeln. „Gleiches gleich behandeln“ verlangt nicht nur eine unparteiische Behandlung, bei der kein unge-rechtfertigter Unterschied gemacht werden darf, sondern auch die generelle, das heißt ausnahmslose Anwendung der unparteiischen Regeln auf alle unter sie subsumierbaren Fälle gleichermaßen.
● Postulat 2 beinhaltet die proportionale Gleichheit. Sie gibt an, was die Angemes-senheit der Gleichheit ausmacht. Eine Vertei-lung ist proportional oder verhältnismäßig gleich, wenn sie alle relevanten Personen im Verhältnis zu dem, was ihnen zukommt, behandelt oder ihnen entsprechend zuteilt. Sie umfasst alle gerechten numerischen Gleichheiten.
● Postulat 3: Jede Person hat einen moralischen Anspruch, mit der gleichen Achtung und Rücksicht behandelt zu werden wie jede andere (moralische Gleichheit). Dieses Postulat wird von allen Hauptströmungen der modernen westlichen Kultur als Minimalstandard akzeptiert. Es dürfte sich heute niemand mehr trauen, herrschendes Unrecht mit Rückgriff auf eine moralische Ungleichheit unter den Menschen zu rechtfertigen suchen. Gosepath begründet dieses Postulat damit, dass eine Regel moralisch genau gerechtfertigt ist, wenn sie als Teil eines Systems von Normen von allen Adressaten als allgemeine Richtlinie ihres Handelns aus allgemeinen und wechselseitigen Gründen gleichermaßen als Basis für eine aufgeklärte, ungezwungene und generelle Übereinkunft angenommen werden kann. Dabei sind alle als Gleiche zu behandeln, da ansonsten Postulat 1 verletzt wäre.
Gleiche moralische Achtung verweist auf das, was geachtet wird: die individuelle Autonomie. Man kann hier auch von einer Moral der Respektierung der individuellen Menschenwürde sprechen.

Mit diesen drei Postulaten bzw. Gleichheits-prinzipien will Gosepath einen Egalitarismus erster Stufe charakterisieren. Die beiden weiteren Postulate wollen auf der material-ethischen Ebene die Kriterien für eine gerechte Behandlung und Verteilung bestim-men. Dabei kann für alle Theorien, die strukturelle Gerechtigkeitsprinzipien vertreten, als Faustregel gelten: Erst kommt die distributive Gerechtigkeitstheorie, dann die Eigen-tumstheorie. Die Angaben, wer welche Güter besitzt und welche Arten von Dingen durch Eigentumsrechte geschützt werden, sowie das Ausmaß der Rechte und Freiheiten, die im Recht auf Eigentum enthalten sind, müssen alle allgemeiner durch Prinzipien der Ge-rechtigkeit festgelegt werden.

● Postulat 4: Alle Betroffenen sind ungeachtet ihrer deskriptiven Unterschiede numerisch und strikt gleich zu behandeln, es sei denn bestimmte (Typen von) Unterschie-de(n) sind in der anstehenden Hinsicht relevant und rechtfertigen durch allgemein an-
nehmbare Gründe erfolgreich eine ungleiche Behandlung oder ungleiche Verteilung.

Was sind nun die zur Verteilung stehenden Dinge in einer Theorie der Verteilungsge-rechtigkeit, wenn von vorgängigen (Besitz-)Rechten abgesehen wird? Gosepaths Ant-wort: Prima facie sind alle erwünschten Güter und unerwünschten Lasten sowie alle Vorteile und Nachteile des menschlichen Zusammenlebens, über die wir gemeinsam die Kontrolle haben und die wir verteilen können, als zu verteilende Güter anzusehen. Darunter gehören materielle Güter (wie Geld, Jobs, Eigentum), soziale Güter (wie Chancen, Privilegien) und politische Güter (wie Rechte, Autorität, Freiheiten). Es gibt aber auch Stop- oder Ausnahme-Regeln der Verteilung, Regeln also, die die Norm, dass alles unter die ursprüngliche Gleichvertei-lung fällt, unterbrechen. Eine erste solche Ausnahmeregel betrifft jene „Dinge“, die wir nicht verteilen können: körperliche Attraktivität, Gesundheit, Zufriedenheit, Glück und Liebe. Eine zweite Ausnahmeregelung betrifft menschliche Körper und ihre Teile. Die wesentlichen Teile meines Körpers sind gar nicht „mein“, sondern „ich“. Sie sind nicht Sache, sondern Person. Dieses Argument schließt Angriffe auf und Eingriffe in den menschlichen Körper ohne freiwillige Zustimmung der Betroffenen weitestgehend aus. Eine weitere Ausnahme von einer kollektiven Verteilung stellen schon zugewiesene Rechte, Freiheiten und Eigentum dar. Ist gerechtes und rechtmäßiges Eigentum erst einmal gerechtigkeitstheoretisch eingeführt, stellt Eigentum eine wesentliche Einschrän-kung weiterer Umverteilungen dar. Der Sinn von Eigentum ist es, den jeweiligen Besit-zern das Recht zu geben, mit ihrem Besitz tun und lassen zu können, was sie wollen, wobei sie sich darauf verlassen können müs-sen, dass es ihnen auch noch morgen und in Zukunft gehören wird. Denn Gleichbehand-lung verlangt nach allgemein geteilter Überzeugung einen Sockel an gleichen Rechten und Ressourcen, die einem unter keinen Umständen genommen werden dürfen, was im-mer die Wünsche der anderen sein mögen. Es gilt das Prinzip gleicher Rechtssicherheit: „Die Einhaltung allgemeiner und wechselseitig gerechtfertigter Regelungen des gesellschaftlichen Zusammenlebens ist durch positivierte und sanktionierte juridische Rechte zu sichern, das heißt durch allgemeine Gesetze, die für alle gelten.“ Um zukünftigen Generationen die gleichen Chancen nicht zu nehmen, sollte man zudem einem Prinzip ge-rechten Bewahrens folgen: „Jede Generation sollte die Errungenschaften der Kultur und Zivilisation, die natürlichen Grundlagen und die erreichten gerechten Institutionen bewah-ren sowie stets auch zumindest gleiche materielle Grundlagen sichern.“

Wer soll oder darf verteilen? Der Staat ist zweifellos die primäre und umfassende Insti-tution, die Gerechtigkeit sicherstellen muss. Verteilen dürfen im Prinzip alle Mitglieder der relevanten Gesellschaft, die die Verteilungsregeln rechtfertigen und mit Mitteln des Rechts und staatlicher Sanktionen durchsetzen. Aus gerechtigkeitstheoretischen Gründen muss die Art und Weise der Verteilung subsidiär verschiedenen kleineren Organisationseinheiten überlassen werden. Die Kontrolle dieser Institutionen unterliegt aber wieder der staatlichen Jurisdiktion und der demokratischen Selbstregulierung der Gesellschaftsmitglieder.
Was die Sphären der Grundrechte und -freiheiten sowie der politischen Teilhaberechte betrifft, so gibt es keine berechtigten Ausnahmen von der Gleichverteilung der in diesen Sphären relevanten Güter. Auch dürfen Grundrechte nur um anderer Grund-rechte willen eingeschränkt werden. Diese Bedeutung der Grundrechte und -freiheiten ergibt sich aus der wechselseitigen morali-schen Anerkennung der Personen als Freie und Gleiche. Vom moralischen Standpunkt aus betrachtet gebührt ihnen auch der Vorrang vor der Demokratie.

● Postulat 5: Es ist ungerecht, wenn eine Person schlechter als andere gestellt ist, au-ßer dieser Umstand ist die Folge von Umständen, die sie selber zu verantworten hat, also ihrer eigenen freiwilligen Entscheidung oder eines für sie vermeidbaren Fehlers (Prinzip liberal-egalitärer Verantwortung).

Gosepath schwinge sich von Gerechtigkeitsprinzip zu Gerechtigkeitsprinzip, schreibt Hans Bernhard Schmid in der NZZ, dabei falle sein Blick selten hinunter auf den Boden der institutionellen Tatsachen und politi-schen Konflikte, aus welchem die Fragen der Gerechtigkeit erwachsen.