PhilosophiePhilosophie

STUDIUM

Jonas Pfister:
Grice: Die Sprachphilosophie von Paul Grice

Die Sprachphilosophie von Herbert Paul Grice (1913-1988) gilt als ein Meilenstein in der Geschichte der Philosophie des Zwanzigsten Jahrhunderts. Niemand, der sich heutzutage mit den Grundlagen von Sprache und Kommunikation beschäftigt, sei er Philosoph, Linguist oder Kognitionswissenschaftler, wird ohne die Auseinandersetzung mit Grice’ Überlegungen auskommen. Seine theoretischen Ansätze, insbesondere das berühmt gewordene Kooperationsprinzip und die damit zusammenhängenden Konversationsmaximen, sind der Ausgangspunkt der linguistischen Pragmatik und die Grundlage kognitionswissenschaftlicher Theorien. Grice’ begrifflichen Unterscheidungen bilden zudem den Hintergrund zahlreicher zeitgenössischer Diskussionen in der Sprachphilosophie, so zum Beispiel der Frage des Zusammenhangs von Sprache und Denken sowie der Unterscheidung zwischen philosophischer Semantik und Pragmatik. Gemeinhin unterscheidet man in der Sprachphilosophie von Grice zwischen seiner Bedeutungstheorie und seiner Konversationstheorie. Die Bedeutungstheorie liefert eine Antwort auf die Fragen, was Bedeutung ist und wie es überhaupt dazu kommt, dass ein Zeichen Bedeutung hat, und die Konversationstheorie beantwortet die Frage, inwiefern sprachliche Kommunikation als ein rationales Handeln verstanden werden kann. Wer sich vertieft nur mit der einen oder anderen Theorie beschäftigt, wird dazu neigen, sie als zwei unabhängige Theorien zu sehen. Sie hängen jedoch eng zusammen, wie auch die Zusammenstellung der Aufsätze im 1989 erschienenen Sammelband Studies in the Way of Words (5) sowie der darin enthaltene rückblickende Epilog von Grice zeigen. Ich stelle zuerst Grice’ Bedeutungstheorie und dann seine Konversationstheorie vor. Anschließend führe ich in eine aktuelle Debatte um einen zentralen Begriff in Grice’ Theorie ein, den Begriff des mit einer Äußerung Gesagten.

1. Bedeutungstheorie

Wie kommt es, dass ein Zeichen überhaupt Bedeutung hat? Ludwig Wittgenstein hat als einer der ersten auf diese Frage aufmerksam gemacht. Sprachliche Zeichen werden grundsätzlich mit dem Zweck der Beeinflussung von Verhalten verwendet, und die Bedeutung der Zeichen muss irgendwie mit diesem Zweck zu tun haben. Während aber bei Wittgenstein Zeichen nur innerhalb einer Sprache Bedeutung haben und diese Sprache als wesentlich regelgeleitet angesehen wird, setzt Grice beim einzelnen Zeichen an, das nicht unbedingt Teil einer Sprache sein muss und zu dessen bedeutungsvollem Gebrauch keine Regeln oder Konventionen wesentlich sind. In Grice’ Bedeutungstheorie sind drei Ideen grundlegend: Erstens geht es in der Sprachphilosophie vornehmlich um nicht-natürliche Bedeutung – ich erläutere den Begriff gleich anschließend –; zweitens ist der grundlegendste Begriff nicht-natürlicher Bedeutung derjenige der Sprecherbedeutung, d. h. des vom Sprecher Gemeinten; drittens lässt sich der Begriff des Meinens mit Hilfe des Begriffs der Absicht (engl. intention) analysieren. Ich versuche, diese drei Ideen im Folgenden näher zu erläutern.

Der für Grice’ Bedeutungstheorie zentrale Aufsatz ist „Meaning“ (1). Der Titel besteht aus einer konjugierten Form des englischen Verbs „to mean“, das im Deutschen sowohl als „bedeuten“ als auch als „meinen“ wiedergegeben werden kann. Dementsprechend lautet der Titel der deutschen Übersetzung: „Intendieren, Meinen, Bedeuten“. Grice beginnt diesen Aufsatz mit der folgenschweren Unterscheidung zwischen natürlicher und nicht-natürlicher Bedeutung. Mit diesen Bezeichnungen soll nicht angedeutet werden, dass die eine Form der Natur entsprechen und die andere ihr widersprechen würde. Natürliche Bedeutung ist diejenige Bedeutung die ein Zeichen wegen seiner natürlichen Eigenschaften hat. Man betrachte zum Beispiel den folgenden Satz: „Diese Flecken bedeuten (bedeuteten) Masern“. Man kann in diesem Fall nicht sagen: „Diese Flecken bedeuten Masern, aber die Person hat gar keine Masern“. Das heißt, aus dem Satz: „Dies bedeutet, dass p“, folgt in Fällen wie diesen „p“ – wobei „p“ irgendeinen Sachverhalt bezeichnet. Auch kann man aus dem Satz „Diese Flecken bedeuten Masern“ nicht darauf schließen, dass jemand damit meinte, dass die Person Masern hätte. Man betrachte nun aber folgenden Satz, geäußert zu einer Zeit, in der im Bus mit einem Läuten angezeigt wurde, dass er voll sei: „Dieses dreimalige Läuten der Klingel (im Bus) bedeutet, dass der Bus voll ist“. Man kann diesen Satz äußern und dann fortsetzen: „Aber der Bus ist gar nicht voll, der Fahrer hat sich geirrt“. Und man kann in Fällen wie diesen darauf schließen, dass jemand dies damit meinte: „Der Fahrer meinte mit dem dreimaligen Klingeln, dass der Bus voll sei“. In Fällen wie dem ersten handelt es sich um natürliche Bedeutung, in Fällen wie dem zweiten um nicht-natürliche Bedeutung. Wenn in der Sprachphilosophie die Frage gestellt wird, wie es kommt, dass ein Zeichen überhaupt Bedeutung hat, dann geht es dabei um die nicht-natürliche Bedeutung. Das Zeichen muss aber nicht unbedingt sprachlich sein; auch ein Augenzwinkern kann nicht-natürliche Bedeutung haben.


Wenn ein Zeichen nicht-natürliche Bedeutung hat, dann meint jemand etwas damit. Man kann also versuchen, den Begriff der nicht-natürlichen Bedeutung – oder, wie Grice auch sagt, den Begriff der Sprecherbedeutung – mit einer Analyse des Begriffs des Meinens zu klären. Was heißt es, dass jemand mit der Äußerung eines Zeichens etwas meint? Jemand meint mit der Äußerung eines Zeichens etwas, wenn er damit beabsichtigt, das Verhalten des Hörers zu beeinflussen, das heißt, wenn er irgendeine Reaktion im Hörer hervorzurufen beabsichtigt. Wenn beispielsweise der Busfahrer drei Male mit der Klingel läutet, dann beabsichtigt er damit, dass die wartenden Personen glauben, dass der Bus voll sei. Dies ist aber nicht hinreichend dafür, dass der Busfahrer damit etwas meint. Wenn zum Beispiel jemand das Taschentuch von M an einem Ort liegen lässt, um damit den Detektiv zur Überzeugung zu bringen, dass M der Mörder sei, dann würden wir nicht sagen, die Person hätte dies damit gemeint. Denn der Detektiv gelangt zur Überzeugung, dass M der Mörder ist, ohne auch nur daran zu denken, dass jemand dies beabsichtigte. Man muss also in der Meinensanalyse zumindest noch hinzufügen, dass wer meint, auch beabsichtigen muss, dass die Absicht vom Hörer erkannt werde. Aber auch dies ist noch nicht hinreichend dafür, dass jemand etwas meint. Wenn jemand Herrn X eine Photographie zeigt, die Frau X in einer eindeutigen Situation mit Herrn Y zeigt, dann kann die Person damit nicht meinen, dass Frau X ihren Mann betrügt, denn Herr X gelangt zu dieser Überzeugung allein aufgrund der Photographie. Die Photographie liefert sozusagen den Tatbestand. Man muss also in der Meinensanalyse hinzufügen, dass wer etwas meint, auch beabsichtigt, dass der Hörer seine Reaktion aufgrund der Erkenntnis der Absicht zeigt. Damit gelangt man zu folgendem Resultat: „S meinte mit x etwas“ ist (in etwa) äquivalent mit „S beabsichtigte, dass die Äußerung von x bei einem Hörer eine Wirkung mittels der Erkenntnis dieser Absicht hervorruft (5, S. 219/6, S. 11), oder, etwas umständlicher und genauer: „S meint etwas mit dem Äußern von x“ ist wahr genau dann, wenn für einen Hörer H gilt: S äußerte x mit der Absicht, dass (1) H eine bestimmte Reaktion r zeigt, (2) H glaubt (erkennt), dass S (1) beabsichtigt, und (3) H (1) aufgrund seiner Erfüllung von (2) erfüllt (5, S. 92/6, S. 20).

Gegen diese Meinensanalyse von Grice sind in den sechziger und siebziger Jahren zahlreiche Gegenbeispiele vorgebracht worden, die zeigen sollten, dass die eine oder andere Bedingung nicht notwendig sei oder dass die drei Bedingungen zusammen nicht hinreichend seien. Ich werde hier auf diese Debatte nicht eingehen, sondern gleich zur dritten Idee von Grice übergehen.

Man könnte sich mit der Auffassung, dass Meinen eine komplexe Absicht sei, einverstanden erklären, und dennoch der Ansicht sein, dass damit nichts über den Begriff der Bedeutung gesagt sei, denn dieser ermögliche es erst, dass man überhaupt etwas meine, und er sei somit grundlegender als der Begriff des Meinens. Dem widerspricht Grice: Der grundlegendste Begriff nicht-natürlicher Bedeutung ist derjenige des Meinens. Wenn wir sagen, ein Zeichen würde hier dieses oder jenes bedeuten, oder hätte in dieser Sprache diese oder jene Bedeutung, dann ist dies eine Redeweise, die bereits das Meinen voraussetzt, und zwar im folgenden Sinn: Wenn wir erläutern wollen, was es heißt, dass ein Zeichen Bedeutung hat, dann müssen wir früher oder später darauf kommen, dass jemand mit dem Zeichen etwas gemeint hat. Aber könnte man den Begriff der Bedeutung nicht auch ohne den Begriff des Meinens analysieren? Jede traditionelle Theorie, die Bedeutung mit einem Gegenstand gleichsetzt, vermag damit die Frage nicht zu beantworten, wie es überhaupt dazu kommt, dass ein Zeichen Bedeutung hat. Dies kann nur eine Gebrauchstheorie der Bedeutung. Diese muss allerdings den bedeutungskonstitutiven Gebrauch bestimmen. Dies mit dem Begriff der Regel zu tun, hilft insofern nicht weiter, als erstens der Begriff der Regel selbst wiederum auf dem Begriff der Absicht basiert und zweitens man etwas meinen kann, auch wenn keine Regel existiert. Jemand kann mit den Augen zwinkern und damit andeuten, dass er den Hinweis verstanden habe, der ihm der andere geben wollte. Dafür gibt es keine Regel, und dennoch hat die Person mit ihrem Augenzwinkern etwas gemeint.

Nun stellt sich allerdings die Frage, wie man vom Begriff des Meinens zu anderen Begriffen nicht-natürlicher Bedeutung gelangt, etwa zum Begriff der Äußerungsbedeutung oder der konventionalen Bedeutung eines Zeichens in einer Sprache. Grice’ Grundidee zur Beantwortung dieser Frage ist, dass man eine Regelmäßigkeit darin feststellt, dass ein Zeichen dazu gebraucht wird, etwas zu meinen. Von einer solchen Regelmäßigkeit – man nennt sie auch „Konvention“ – wird die Äußerungsbedeutung und die konventionale Bedeutung eines Zeichens einer Sprache in einer noch näher zu charakterisierenden Weise abstrahiert. Diese Idee hat namentlich Jonathan Bennett ausgearbeitet.
Damit sind die Grundideen von Grice’ Bedeutungstheorie erläutert: Es geht um nicht-natürliche Bedeutung, also um das, was gemeint ist; gemeint ist das, was der Sprecher auf eine bestimmte Weise beabsichtigt; alle anderen Arten nicht-natürlicher Bedeutung wie beispielsweise die konventionale Bedeutung lassen sich darauf zurückführen.

2. Konversationstheorie

Grice beginnt den für seine Konversationstheorie grundlegenden Aufsatz „Logic and Conversation“ (4) mit der Feststellung, dass die Vertreter der beiden großen sprachphilosophischen Traditionen, die Formalisten oder Philosophen der idealen Sprache sowie die Informalisten oder Philosophen der normalen Sprache, sich in dem Punkt einig sind, dass die natürlichen Sprachen wie Englisch und Deutsch keine exakte Logik hätten. Während aber die Vertreter des ersten Lagers (wie Gottlob Frege, Rudolf Carnap und W.V.O. Quine) dies zum Anlass nehmen, um eine Sprache mit einer klaren Syntax und Semantik aufzubauen, die für die Zwecke der exakten Wissenschaft eingesetzt werden kann, erachten die Vertreter des zweiten Lagers (wie John L. Austin und Peter F. Strawson) die natürlichen Sprachen als nicht reformbedürftig, da sie ja den Anforderungen im Kontext ihres Gebrauchs genügen, und versuchen, sie so genau wie möglich zu beschreiben. Grice ist nun jedoch der Ansicht, dass beide Lager in ihrem Urteil über die Logik der natürlichen Sprache im Unrecht liegen und dies darauf zurückgeführt werden könne, dass sie beide den Prinzipien der Konversation nicht hinlänglich Beachtung geschenkt hätten. Ich werde zuerst Grice’ Unterteilung zwischen Implikatur und Gesagtes vorstellen, dann auf sein Kooperationsprinzip und die dazugehörenden Konversationsmaximen und schließlich auf den Begriff des Gesagten eingehen.

Sobald es Zeichen mit konventionaler Bedeutung gibt, können wir diese dazu gebrauchen, um mit ihnen genau das zu meinen, was sie bedeuten; wir können sie aber auch verwenden, um darüber hinaus etwas anderes zu meinen. Wenn zum Beispiel eine Person A eine zweite Person B fragt, wie es einer dritten Person C in ihrem Job geht, und B dann antwortet: „Oh, ganz gut, nehme ich an; er mag seine Kollegen und ist bislang noch nicht ins Gefängnis gekommen“, so hat er damit nicht nur gesagt, dass C noch nicht ins Gefängnis gekommen ist, sondern hat darüber hinaus etwas angedeutet oder impliziert. Damit es zu keiner Verwechslung mit der logischen Implikation kommt, führt Grice für das, was wir meinen, aber nicht sagen, also nur andeuten oder implizieren, den neuen Begriff der Implikatur (engl. implicature) ein. Die wichtigste Art von Implikaturen sind konversationale Implikaturen, die sich über allgemeine Prinzipien der Konversation bestimmen lassen.

Das oberste Prinzip der Konversation ist das Kooperationsprinzip. Dieses besagt folgendes: „Mache deinen Gesprächsbeitrag jeweils so, wie es vom akzeptierten Zweck oder der akzeptierten Richtung des Gesprächs, an dem du teilnimmst, gerade verlangt wird“ (5, S. 26/6, S. 248). Das Prinzip sagt weder, wie Menschen im Gespräch tatsächlich handeln, noch ist es ein moralisches Prinzip. Vielmehr handelt es sich dabei um ein grundlegendes Prinzip der Rationalität, das heißt um ein Prinzip, das konstitutiv dafür ist, was ein Gespräch ist, bei dem die Gesprächspartner das gemeinsame Ziel verfolgen, einander gegenseitig zu verstehen. Nicht jedes Gespräch wird diesem Anspruch genügen, aber das Prinzip kann unter der Annahme, dass es sich um ein rationales Gespräch handelt, dazu dienen, das Handeln von Menschen im Gespräch zu beschreiben, ebenso wie dazu, es zu leiten. Je nach dem, was der Zweck des Gesprächs ist, werden sich andere Maximen ergeben. Wenn der Zweck der maximale Informationsaustausch ist, dann ergeben sich Konversationsmaximen wie: „Mache deinen Beitrag so informativ (wie für die gegebenen Gesprächszwecke) nötig und nicht informativer als nötig“ und „Sei relevant“. Während man das Kooperationsprinzip nicht verletzen kann, ohne aus dem rationalen Gespräch auszutreten, ist es sehr wohl möglich, gegen eine der Maximen so offensichtlich zu verstoßen, dass der Gesprächspartner herausfinden kann, was gemeint ist.

In Anschluss an Grice’ Überlegungen sind verschiedene Versuche der Präzisierung und Erweiterung der Konversationstheorie unternommen worden, insbesondere auch in den Sprachwissenschaften ( – Literaturhinweise sind zum Beispiel in (7) zu finden). Wichtig ist, dass das Kooperationsprinzip und die Maximen Grice zunächst dazu dienen, zu bestimmen, was eine konversationale Implikatur ist und erst in einem zweiten Schritt, wie man sie versteht.

Die Prinzipien der rationalen Konversation bestimmen nicht nur die Implikatur, sondern überhaupt was gemeint ist. Was mit einer sprachlichen Äußerung gemeint ist, lässt sich in das Gesagte und die Implikatur unterteilen. Was ist genau das Gesagte? Das Gesagte ist das, was gemeint ist, und in enger Beziehung zur konventionalen Bedeutung der Äußerung steht, man könnte auch sagen, was wörtlich gemeint ist. Genauer lässt sich (vereinfacht) das Gesagte wie folgt definieren: „Jemand sagte, dass p“ ist wahr genau dann, wenn er x äußerte und (1) damit meinte, dass p und (2) x ein Vorkommnis eines Äußerungstyps S ist, so dass in einem sprachlichen System S bedeutet „p“ (5, S. 87-88). Die erste Bedingung verlangt, dass das Gesagte gemeint ist (in Grice’ Sinne). Die zweite Bedingung verlangt, dass die Äußerung ein Vorkommnis von einem Äußerungstyp ist, das innerhalb einer Sprache diese bestimmte Bedeutung hat. Grice ist mit dieser Definition allerdings nicht zufrieden, denn seiner Ansicht nach entspricht das Gesagte nicht der konventionalen Bedeutung, weil das Gesagte zugleich das ist, was in einer wörtlich gemeinten Äußerung wahr ist, die konventionale Bedeutung aber Aspekte enthalten kann, die nicht zur Wahrheit der wörtlich gemeinten Äußerung gehören. Zum Beispiel wird mit der wörtlich gemeinten Äußerung des Satzes „Er ist ein Engländer; er ist mithin tapfer“ nicht gesagt, dass die Tapferkeit eine Konsequenz dessen sei, dass der Mann Engländer ist. Gemäß Grice gehört dies zur konventionalen Implikatur (5, S. 25-26/6, S. 247-248). Ob es überhaupt sinnvoll ist, von einer solchen Art von Implikatur zu reden, ist eine offene Frage. Für die Debatte zwischen Kontextualisten und Minimalisten, die im nächsten Abschnitt vorgestellt werden soll, spielt sie jedoch keine Rolle.

Für die vollständige Bestimmung des Gesagten reicht die Kenntnis der konventionalen Bedeutung nicht aus. Angesichts von Sätzen wie „Er kommt von dem Laster nicht los“ schreibt Grice, dass zur vollständigen Bestimmung des Gesagten zumindest folgendes erfüllt sein muss: Die Referenzobjekte von indexikalischen Ausdrücken (wie „ich“, „jetzt“ und „hier“) müssen fixiert, die Zeit muss bestimmt und Ambiguitäten müssen aufgelöst werden (5, S. 25/6, S. 246-247). Zu diesem Zweck müssen der Kontext der Äußerung ebenso wie das Kooperationsprinzip und die Konversationsmaximen herangezogen werden.

Die Konversationstheorie von Grice besagt also in den Grundzügen folgendes: Man muss bei der Bedeutung einer Äußerung, also bei dem, was gemeint ist, unterscheiden zwischen dem Gesagten und der Implikatur. Die Implikatur ist das, was gemeint aber nicht gesagt ist und mit dem Kooperationsprinzip und den Konversationsmaximen bestimmt werden kann. Der Anwendungsbereich des Kooperationsprinzips und der Maximen beschränkt sich allerdings nicht auf die Bestimmung der Implikatur, sondern kann grundsätzlich für die Bestimmung von jedem Aspekt der Bedeutung einer Äußerung gebraucht werden, insbesondere für die vollständige Bestimmung des Gesagten.

3. Kontextualismus vs. Minimalismus

Die aktuelle Debatte zwischen Kontextualismus und Minimalismus in der Sprachphilosophie setzt bei der Frage der Bestimmung des Gesagten an. Mit den Etiketten „Kontextualismus“ und „Minimalismus“ ist allerdings Vorsicht geboten, da sie je nach Diskussionsgegenstand etwas anderes bedeuten können und sich dahinter ganz unterschiedliche Positionen verbergen, wie in der Darstellung ersichtlich werden sollte. Spätestens mit den Arbeiten von Dan Sperber und Deirdre Wilson zu Beginn der Achtziger Jahre wurde erkannt, dass die Kontextabhängigkeit des Gesagten viel weiter reichte, als Grice es anscheinend angenommen habe (9). Dies führte zur These der semantischen Unterdeterminierung: Die konventionelle Bedeutung der Äußerung bestimmt das Gesagte nicht vollständig. Ich werde zuerst erläutern, wie weit die Kontextabhängigkeit des Gesagten reicht und wie weit sie nicht reicht. Dann werde ich das Problem vorstellen, das sich für den Griceschen Begriff des Gesagten ergibt, und den kontextualistischen und den minimalistischen Lösungsvorschlag diskutieren.

Zur vollständigen Bestimmung des Gesagten gehört laut Grice die Fixierung der Referenz indexikalischer Ausdrücke und der Zeit sowie Desambiguierung. Die Kontextabhängigkeit des Gesagten beschränkt sich jedoch nicht auf die genannten drei Phänomene, sondern schließt mindestens die folgenden mit ein: (a) Inexplizite Bezugnahme: Der Satz „Es regnet“ enthält keine explizite Bezugnahme auf einen Ort und eine Zeit. Doch der Satz drückt nur dann eine Proposition aus, wenn Ort und Zeit bestimmt sind. (b) Unvollständige Kennzeichnungen: Der Satz „Das gelbe Haus brennt“ nimmt auf ein bestimmtes Haus Bezug. Doch gibt es unzählige gelbe Häuser auf dieser Welt. Unabhängig vom Kontext der Äußerung lässt sich nicht bestimmen, welches Haus gemeint ist. (c) Quantifikatoren: Der Satz „Alle waren krank“ enthält den Ausdruck „alle“, der in der Regel als All-Quantor interpretiert wird („Für alle x gilt ...“). Mit großer Wahrscheinlichkeit meint der Sprecher jedoch nicht alle Menschen, sondern vielleicht alle, die an der Party anwesend waren, oder eine andere derart charakterisierte Gruppe. Unabhängig vom Kontext der Äußerung lässt sich nicht bestimmen, was der Bereich ist, worüber quantifiziert wird. (d) Vergleichende Adjektive: Der Satz „Paul ist groß“ sagt über Paul aus, dass er groß sei. Doch was heißt das? Ist Paul groß relativ zur Größe der Mitglieder seiner Familie? Oder relativ zur Größe der Spieler des lokalen Basketballklubs? Auch hier lässt sich die ausgedrückte Proposition nicht unabhängig vom Äußerungskontext bestimmen. Die Beispiele zeigen: zur vollständigen Bestimmung des Gesagten ist die konventionale Bedeutung der Äußerung nicht hinreichend. Die konventionale Bedeutung der Äußerung unterdeterminiert das Gesagte.

Auf die semantische Unterdeterminierung ist bereits von Wittgenstein und Quine hingewiesen worden, aber erst Sperber und Wilson brachten sie in die Diskussion um den Griceschen Begriff des Gesagten ein.

Es stellt sich nun allerdings die Frage, in welchem Umfang das Gesagte von der semantischen Unterdeterminierung betroffen ist. Dazu gibt es zwei extreme Ansichten. Die eine besagt, dass kein Satz einer natürlichen Sprache eine Proposition (einen vollständigen Gedanken) ausdrückt. Man kann sie „globale Unterdeterminiertheit“ nennen. Diese Ansicht, die von radikalen Kontextualisten vertreten wird, entspricht nicht unserem intuitiven Verständnis von uns selbst als Wesen, die (zumindest manchmal) das sagen, was sie denken, und das denken, was sie sagen. Also scheint die Ansicht der globalen Unterdeterminiertheit nicht zutreffend zu sein. Die andere extreme Ansicht besagt, dass nur diejenigen Sätze unabhängig vom Äußerungskontext keine Proposition ausdrücken, die explizite indexikalische Ausdrücke enthalten. Dies ist die von Herman Cappelen und Ernie Lepore vertretene Position des „Semantischen Minimalismus“ (14). Die oben angeführten Beispiele scheinen Grund genug für die Auffassung zu sein, dass diese minimalistische Ansicht ebenfalls nicht angemessen ist.

Sobald man aber überhaupt die Existenz der semantischen Unterdeterminierung anerkennt, ergibt sich ein Problem für Grice’ Begriff des Gesagten. Das Gesagte muss gemeint sein, was gemeint ist, muss propositional sein, also kann man das Gesagte nicht als das definieren, was zugleich gemeint ist und der konventionalen Bedeutung der Äußerung entspricht. Aufgrund dieses Problems verlangen Kontextualisten (wie Sperber, Wilson, Robyn Carston und François Recanati) eine Ausweitung des Begriffs und einige Minimalisten (wie Kent Bach) eine Einengung davon und andere Minimalisten (wie Lepore, Cappelen und Emma Borg) gar die Aufgabe des Begriffs des Gesagten.

Für eine Ausweitung des Begriffs sprechen die oben genannten Beispiele, ebenso wie das folgende Beispiel von Sperber und Wilson (9): „Es wird einige Zeit dauern, bis die Uhr repariert ist“. Was hat der Sprecher mit dieser Äußerung gesagt? Der Sprecher hat nicht gesagt, dass es Zeit braucht, um die Uhr zu reparieren. Denn da dies trivial wahr ist, kann er dies nicht gemeint haben. Der Sprecher meint, dass die Zeit für die Reparatur länger sein wird als die, die es angemessen erscheinen ließe, bis zum Abschluss der Arbeit zu warten, so die Ansicht von Sperber und Wilson. Dies ist aber weder das, was der konventionalen Bedeutung der Äußerung entspricht, noch eine Implikatur. Erweitert man den Begriff des Gesagten um das, was im Kontext der Äußerung zur Bedeutung der Äußerung aber nicht zur Implikatur gehört, hat man einen erweiterten Begriff des Gesagten, den Sperber und Wilson „Explikatur“ (engl. explicature) nennen.

Sammelband mit den wichtigsten Aufsätzen

Ein Problem mit dem erweiterten Begriff des Gesagten ist, dass die Explikatur nicht klar von der Implikatur getrennt werden kann. Als Reaktion darauf ist versucht worden, ein Unterscheidungskriterium zu finden. Zum Beispiel sieht Carston zwischen dem Gesagten und dem Implikatur eine „funktionale Unabhängigkeit“, das heißt, dass Implikaturen das Gesagte weder implizieren noch dadurch impliziert werden (10). Zu diesem Prinzip gibt es jedoch genügend Gegenbeispiele: Mit der Äußerung „Ich sah Paul mit einer Frau“ implikiert der Sprecher, dass er Paul mit einer Frau gesehen habe, die nicht seine Ehefrau ist; dass er Paul mit einer Frau gesehen hat, ist aber eine logische Konsequenz davon, dass er Paul mit einer Frau gesehen hat, die nicht seine Ehefrau ist. François Recanati (11; 13) schlägt stattdessen ein Prinzip der Verfügbarkeit (engl. principle of availability) vor: Das Gesagte muss dem kompetenten Sprecher der Sprache intuitiv zugänglich sein. Es ist jedoch alles andere als klar, wie dies weiterhelfen soll, zumal unsere Intuitionen bezüglich eines theoretischen Begriffs wie demjenigen des Gesagten kaum eine vertrauensvolle Grundlage zu bieten scheinen. Ein anderer Vorschlag lautet, dass der Sprecher sich auf das Gesagte festlegt, wohingegen er sich auf die Implikatur gar nicht oder jedenfalls weniger festlegt. Doch der Sprecher kann ebenso stark dazu verpflichtet sein, die Implikatur wie das Gesagte zu glauben. Wenn jemand auf die Frage, ob er Robert gesehen habe, antwortet: „Er ist nicht im Gebäude“, so hat er sich darauf festgelegt, dass er ihn nicht im Gebäude gesehen hat, obwohl dies eine Implikatur ist. Es scheint nicht so einfach zu sein, ein Kriterium zur Unterscheidung von Gesagtem und Implikatur zu finden.

Der andere Lösungsvorschlag für das Problem besteht darin, den Begriff des Gesagten einzuengen. Das genannte Beispiel mit der Uhr kann auch so interpretiert werden, dass das Gesagte nicht das ist, was gemeint ist, sondern was die Äußerung konventional bedeutet, nämlich die triviale Proposition, dass es einige Zeit dauern wird, bis die Uhr repariert ist. Dies ist der Vorschlag von Kent Bach (12). Bach glaubt, dass dieser Begriff des Gesagten bereits bei Grice zu finden sei (5, S. 87). Er weist darauf hin, dass gemäß Grice das Gesagte an den Wortlaut der Äußerung gebunden ist. Daraus leitet er ein Kriterium ab, wonach das Gesagte das ist, was dem Wortlaut entspricht. Aber das Kriterium ist bei Grice nicht zu finden. Grice sagt lediglich, dass man die Wörter und die syntaktische Struktur dazu gebrauchen kann, die Satzbedeutung zu bestimmen. Er sagt nicht, dass das Gesagte an den Wortlaut der Äußerung gebunden sei, dass man das Gesagte also nur über diesen Wortlaut bestimmen könne. Um noch genauer zu bestimmen, was zum Gesagten gehört, führt Bach in einem späteren Aufsatz den so genannten IQ-Test ein (engl. Indirect-Quotation Test). Dieser besagt, dass ein Element eines Satzes genau dann zum Gesagten beiträgt, wenn es einen genauen und vollständigen Sagensbericht in indirekter Rede gibt, der das Element oder ein entsprechendes Element im Dass-Satz enthält. Zusätzlich hält Bach fest, dass das Gesagte nicht vom Sprecher gemeint, und somit auch nicht propositional sein müsse. Da Bach aber das Phänomen der semantischen Unterdeterminierung anerkennt, führt er einen zusätzlichen Begriff ein, den der Implizitur (engl. impliciture). Dieser Begriff entspricht dem des Gesagten im erweiterten Sinn. Dieser Vorschlag hilft allerdings insofern nicht weiter, als der eingeschränkte Begriff des Gesagten sich mit dem Begriff der konventionalen Äußerungsbedeutung deckt.

Andere Minimalisten, namentlich Herman Cappelen und Ernie Lepore, die Vertreter des „Semantischen Minimalismus“, schlagen gar vor, den Begriff des Gesagten aufzugeben (14). Zur Semantik gehöre nicht das gesamte Gesagte, sondern nur die semantisch ausgedrückte Proposition, die nicht von den Absichten des Sprechers bestimmt wird. Mit einer Äußerung sei immer Unzähliges gesagt, von dem der Sprecher meistens gar nichts wisse. Sie nennen dies „Sprechakt-Pluralismus“ oder auch eine „Nicht-Theorie des Inhalts von Sprechakten“. In ihren Argumenten für den Sprechakt-Pluralismus setzen Cappelen und Lepore jedoch voraus, dass der Sprecher zumindest etwas von dem, was er sagt, weiß. Wenn es aber dies gibt, dann gibt es etwas, das von den Absichten des Sprechers bestimmt ist, oder zumindest müssten Cappelen und Lepore zeigen, weshalb dem nicht so ist.

Die Diskussion um den Begriff des Gesagten ist noch nicht zu Ende. Zuweilen wird, wie es in einer aktuellen philosophischen Debatte fast unumgänglich scheint, an den ursprünglichen Ideen und an den Diskussionsbeiträgen vorbei geschrieben. Grice’ Überlegungen zu den sprachphilosophischen Grundbegriffen wie Meinen, Gesagtes und Implikatur bleiben aber nach wie vor der Ausgangspunkt für das Nachdenken über die Grundlagen von Sprache und Kommunikation.

UNSER AUTOR:

Jonas Pfister ist Assistent am Institut für Philosophie der Universität Bern und Mitglied der Forschungsgruppe meaning.ch. Von ihm ist zum Thema erschienen: The Metaphysics and the Epistemology of Meaning, 148 S., pbk., € 34.—, 2007, Ontos.

LITERATUR ZUM THEMA:

Aufsätze von Paul Grice, die für seine Sprachphilosophie zentral sind:

Grice, H. P., 1957, „Meaning” The Philosophical Review 64: 377-388. – Dies ist der zentrale Aufsatz für Grice’ Bedeutungstheorie; Grice erläutert darin die Unterscheidung zwischen natürlicher und nicht-natürlicher Bedeutung, stellt seine Meinensanalyse vor und deutet an, wie er den Begriff der Bedeutung auf den des Meinens zurückzuführen gedenkt.

Grice, H. P., 1968, „Utterer’s Meaning, Sentence-Meaning and Word-Meaning“ Foundations of Language 4: 225-42. – In diesem Aufsatz präzisiert Grice seinen Vorschlag der Zurückführung des Begriffs der Bedeutung auf den des Meinens.

Grice, H. P., 1969, „Utterer’s Meaning and Intentions“ Philosophical Review 78: 147-77. – In diesem Aufsatz diskutiert Grice verschiedene Einwände gegen seine Meinensanalyse. Der Wiederabdruck in (5) enthält einen vorangestellten Absatz, in dem Grice den Begriff des Sagens explizit als ein Meinen analysiert.

Grice, H. P., 1975, „Logic and Conversation“ in P. Cole and J. Morgan (Hg.), Syntax and Semantics, vol. 3, Academic Press, 41-58. – Dies ist der zentrale Aufsatz für Grice’ Konversationstheorie; Grice führt darin den Begriff der Implikatur und die damit zusammenhängenden Begriffe des Kooperationsprinzips und der Konversationsmaximen ein.

Grice, H.P., 1989, Studies in the Way of Words, 406 S., pbk., € 21.50, Harvard University Press. – Dieser Sammelband von Grice’ wichtigsten Aufsätzen umfasst auch die vier oben genannten, zum Teil mit Erweiterungen, ebenso wie der zu seinen Lebzeiten bekannteste Aufsatz von ihm „In Defense of a Dogma“ (zusammen mit P.F. Strawson), der gegen Quines „Two Dogmas of Empiricism“ gerichtet ist.

Meggle, Georg (Hg.), 1979, Handlung, Kommunikation, Bedeutung, 508 S., kt., € 20.80. Frankfurt a. M., Suhrkamp. – In diesem Band sind die vier genannten Aufsätze von Grice in deutscher Übersetzung zusammen mit Diskussionsbeiträgen dazu von Jonathan Bennett, David Lewis und anderen versammelt.

Einführungen in die Sprachphilosophie von Paul Grice

Kemmerling, Andreas, 1991, „Implikatur“, in A. v. Stechow / D. Wunderlich (Hrsg.), Semantik. Ein internationales Handbuch zur zeitgenössischen Forschung, Berlin/New York, 319-333. – Dies ist eine konzise und präzise Einführung in Grice’ Sprachphilosophie; Kemmerling zeigt auch die Zusammenhänge der Konversations- mit der Bedeutungstheorie auf und weist auf Forschungsprobleme hin.

Neale, Stephen, 1992, „Paul Grice and the philosophy of language“ in Linguistics and Philosophy 15: 509-559. – Dieser längere Aufsatz ist eine sehr gute Einführung in Grice’ Sprachphilosophie; Neale setzt Grice’ Gedanken in ihren historischen Kontext und führt die verschiedenen Stränge seiner Bedeutungs- und Konversationstheorie zusammen.

Werke, die für die gegenwärtige Diskussion um den Begriff des Gesagten wichtig sind:

Sperber, Dan and Deirdre Wilson, 1986, Relevance: Communication and Cognition, 336 S., pbk., Blackwell Publishers (2nd Edition 1995). – Sperber und Wilson stellen in diesem Buch ihre Relevanztheorie vor, die in einer Interpretation und Erweiterung der Griceschen Konversationstheorie zu einer kognitionswissenschaftlichen Theorie des menschlichen Geistes besteht. 

Carston, Robyn, 1988, „Implicature, Explicature and Truth-Theoretic Semantics“ in R. Kempson (Hg.), Mental Representations: The Interface between Language and Reality, Cambridge University Press, 155-81. – Carston untersucht Möglichkeiten, wie man Explikaturen von Implikaturen unterscheiden kann und macht einen eigenen Vorschlag. 

Recanati, François, 1989, “The pragmatics of what is said” in Mind & Language 4: 295-328. – Recanati führt Carstons Überlegungen weiter, weist ihren Vorschlag zurück und macht einen eigenen, das Prinzip der Verfügbarkeit.

Bach, Kent, 1994, “Conversational Impliciture” in Mind & Language 9: 124-162. – Bach schlägt eine Einengung des Begriffs des Gesagten vor und führt den Begriff der Implizitur ein. 

Recanati, François, 2004, Literal Meaning, 188 S., pbk., £ 17.—, Cambridge University Press. – Recanati stellt in diesem Buch seine Theorie in Auseinandersetzung mit Relevanztheoretikern auf der einen und Minimalisten auf der anderen Seite vor, womit das Buch einen Einstieg in die aktuelle Debatte bietet.

Cappelen, Herman, and Ernie Lepore, 2005, Insensitive Semantics, 232 S., pbk., € 30.80, Blackwell. – Cappelen und Lepore stellen in diesem Buch ihre Position des Semantischen Minimalismus vor und zitieren dabei die meisten Teilnehmer der Diskussion, so dass sich dieses Buch als Einstieg in die Debatte eignet.


ESSAYPREIS DER GESELLSCHAFT FÜR ANALYTISCHE PHILOSOPHIE

Seit dem vergangenen Jahr vergibt die Gesellschaft für Analytische Philosophie zusammen mit den Grazer Philosophischen Studien jährlich einen Essaypreis. Angesprochen sind Studierende der Philosophie, Wissenschaftstheorie, Logik oder Philosophie / Ethik, die mindestens vier Semester absolviert oder ihr Studium vor nicht mehr als einem Jahr durch einen B.A.- oder M.A.-Abschluss oder ein anderes Examen beendet haben.
Die Gesellschaft für Analytische Philosophie ist mit ca. 900 Mitgliedern eine der größten philosophischen Vereinigungen im deutschsprachigen Raum. Sie dient der Förderung und Vermittlung Analytischer Philosophie. Die Grazer Philosophischen Studien sind eine internationale, deutsch- und englischsprachige Zeitschrift für Analytische Philosophie. Sie erscheinen seit 1975.
Die Preisfrage 2007 lautete: Könnten wir vollständig determiniert und doch für unsere Handlungen verantwortlich sein? Die Resonanz war groß – es wurden 59 Essays eingereicht. Der 1. Preis ging an Lars Dänzer, Bielefeld („A Neglected Argument for Compatibilism“), der 2. Preis an Anselm Spindler, Frankfurt („Über moralische Verantwortung und alternative Möglichkeiten“) und der 3. Preis an Andreas Maier, Zürich („Weeding in the Garden of Forking Paths – Yet Another Look at Alternative Possibilities“). Die ausgezeichneten Essays sind inzwischen in den Grazer Philosophischen Studien (2008) erschienen.
In diesem Jahr lautet die Preisfrage: Warum nach der Wahrheit suchen? Essays können bis zum 15. Oktober 2008 eingereicht werden. Nähere Informationen zum Essaypreis 2008 finden sich unter
http://www.gap-im-netz.de/organisation/
essaypreis.html.

SOMMERKURSE / WORKSHOPS

Vom 9.-23. August findet in der Katholischen Akademie Rhein-Neckar die „7th European Summer Academy on Bioethics 2008. 7th International and Interdisciplinary Students Conference“ statt. Info:
www.ses-europe.org

Die Evangelische Akademie Sachsen-Anhalt veranstaltet vom 8.-14. September eine Sommerakademie für Studierende und Pro- movierende aller Fächer zum Thema „GrenzFragen. Bioethik in interdisziplinärer Auseinandersetzung“. Die Themen sind „Mein Gehirn und sein Ich“, „Wann ist der Mensch gesund?“, „Nichtwissen - Zufall – Risiko“ und „Intensivkurs Ethik“.
www.wittenberger-sommerakademie.de

Vom 24. Oktober bis 9. November finden in Bonn „Interdisciplinary Study Days. Ethics in Biomedical Resarch and its Application. An exchange between Indian and German Junior Scientists” statt, organisiert vom Deutschen Referenzzentrum für Ethik in den Biowissenschaften. Termin für Anmeldungen ist der 28. Juli. www.drze.de/studydays.

Vom 31. Oktober bis 2. November findet im Alten Schloss Dornburg bei Jena der 2. Internationale Workshop Klassische deutsche Philosophie statt. Dabei soll Promovenden und Habilitanden die Möglichkeit geboten werden, ihre Projekte vorzustellen und gemeinsam zu diskutieren. Auf der Grundlage eines eingesandten Exposés von max. 2 Seiten wird von den Veranstaltern eine Auswahl von 10 Beiträgen getroffen (Termin 31. Juli). Weitere Informationen: Prof. Dr. Birgit Sandkaulen, birgit.sandkaulen@uni-jena.de

EINFÜHRUNGEN

Adam Smith
Aßländer, Michael S.: Adam Smith zur Einführung. 212 S., kt., € 13.90, zur Einführung, 2007, Junius
Enthält neben einer Biographie Smiths insbesondere eine Zusammenfassung seiner beiden Hauptwerke Theorie der ethischen Gefühle und Wohlstand der Nationen. Dabei steht die Moralphilosophie im Zentrum der Darstellung. Zudem weist der Autor, Professor für Wirtschafts- und Unternehmensethik an der Universität Kassel, den Zusammenhang des Werkes von Adam Smith auf, wodurch das Zusammenspiel von Moralphilosophie, Rechtsphilosophie und Ökonomie im Werk von Smith deutlich wird. Ein kurzes Schlusskapitel behandelt die Wirkungsgeschichte (wobei übersehen wird, dass Smiths Gefühlstheorie gegenwärtig im Rahmen des Interesses an der Theorie der Gefühle sehr aktuell ist). Das Buch ist gut geschrieben und gut verständlich – eine Einführung im besten Sinne des Wortes.

Wissenschaftstheorie
978-3-11-019433-3 Bartelborth, Thomas: Erklären. 215 S., kt., € 32.—, 2007, Grundthemen Philosophie, de Gruyter, Berlin.
Eine didaktisch klug aufgebaute Einführung in die wissenschaftstheoretischen Grundlagen des Erklärens. Bartelborth, ein renommierter Wissenschaftstheoretiker geht von den Alltagserfahrungen und intuitivem Hintergrundwissen aus um dann zu komplexen Theorien überzugehen, wobei er ein besonderes Talent dafür hat, auch komplizierte Dinge anschaulich zu erläutern. Auch hier geht er von anschaulichen und einfachen Beispielen aus und dann nach und nach schwierigeren Beispielen überzugehen und diese auf eine anschauliche Weise zu präsentieren. Diese stammen aus den verschiedensten Wissenschaften. Das Buch führt direkt in den gegenwärtigen Stand der Diskussion und zeigt auch die Verschränkung der Thematik mit den verschiedenen anderen Gebieten der Philosophie, insbesondere der Metaphysik. Arbeitet mit sehr vielen Beispielen und möglichst wenig (aber dafür gut nachvollziehbaren) Formalisierungen. Zu empfehlen sowohl für die Verwendung im Seminar wie auch für das private Studium.

Willensfreiheit
978-3-11-019651-3 Keil, Geert: Willensfreiheit. 222 S., kt., € 19.95, 2007, Grundthemen Philosophie, de Gruyter, Berlin.
In der zeitgenössischen philosophischen Diskussion um die Willensfreiheit gibt es die verschiedensten Positionen, die meisten haben einen Namen der auf -ismus endet. Keil, Professor in Aachen, gibt einen Überblick über diese Positionen, ihre Vertreter, die Argumente, die für und die Argumente, die gegen die jeweilige Position sprechen. Keil vertritt auch eine eigene Position, den er „fähigkeitsbasierten Libertarismus“ nennt. Aber im Unterschied zu vielen Einführungen, die im wesentlichen in die vom jeweiligen Autor vertretenen Position einführen (und andere negativ darstellen), trennt Keil zwischen der Übersicht und der Darstellung seiner eigenen Position. Das Buch eignet sich gut als Übersicht für das Studium. Am Schluss prüft Keil die Infragestellung der Willensfreiheit durch die Hirnforscher und kommt zu dem Schluss, „dass die vollmundigen Behauptungen einer ‚empirischen Widerlegung der Willensfreiheit’ durch die präsentierten Befunde nicht gedeckt sind“.

ANTHOLOGIEN

Apriorität
978-3-89785-412-3 Newen, Albert / Hor- vath, Joachim (Hrsg.): Apriorität und Analytizität. 213 S., kt., € 24.80, 2007, map mentis anthologien philosophie, Mentis, Paderborn.
Seit Kant kommt den Begriffspaaren „a priori / a posteriori“ und „analytisch/synthetisch“ eine grundlegende Bedeutung bis hin zur gegenwärtigen analytischen Philosophie zu. Der Band enthält – gedacht als Seminargrundlage für die beiden ersten Studienjahre – die grundlegenden Texte. Sie sind geordnet nach klassischen Texten (Locke, Leibniz, Hume, Kant, Frege und Ayer) nach kritischen Einwänden gegen Analytizität und Apriorität ( Quine, Grice/Strawson, Putnam), Kripkes neue Konzeption von Apriorität und Notwendigkeit sowie exemplarischen Beiträgen zur gegenwärtigen Diskussion (Bonjour und Boghassian). In der Einleitung werden die einzelnen Texte vorgestellt. Die englischsprachigen Texte sind (mit Ausnahme der beiden letzteren, die sich an fortgeschrit- tene Studierende wenden), ins Deutsche übersetzt. Eine Auswahlbibliographie gibt Hinweise zur Fortsetzung des Studiums.

LEXIKA

Platon
Erler, Michael: Kleines Werklexikon zu Platon. 132 S., kt., € 8.90, Kröner Taschenbuch 502, 2007, Kröner, Stuttgart.
Ein kleines Lexikon der Dialoge Platons (der echten und der unechten). Die einzelnen Artikel beinhalten (meist ungefähres) Entstehungsdatum, Erstdruck, Thematik, kurze Zusammenfassung sowie Bedeutung und Wirkung des Dialogs. In Kleinschrift folgen dann Ausgaben und wichtigste Literatur. Enthält zudem ein Glossar der wichtigsten (meist deutschsprachigen) Ausdrücke der Philosophie Platons sowie ein Personen- und Themenregister. Der Autor ist ein exzellenter Kenner der Philosophie Platons und Autor des Platon-Bandes des neuen Ueberweg.