PhilosophiePhilosophie

EDITIONEN

Saussure

S

SAUSSURE

 

Neuaufgefundene Texte

 

1996 wurden in der Orangerie des Genfer Stadthauses der Familie Saussure ein Konvolut von Handschriften entdeckt, die der Sprachforscher Ferdinand de Saussure ver- fasst hat. Die Texte – sie befinden sich heute in der Bibliothèque publique et universitaire des Genève – sind 2002 unter dem Titel     Ecrits de linguistique générale im Pariser Verlag Gallimard erschienen. Nur ein Jahr später kamen sie in deutscher Übersetzung bei Suhrkamp heraus:

Saussure, Ferdinand de: Wissenschaft der Sprache. Neue Texte aus dem Nachlass. Herausgegeben und mit einer Einleitung versehen von Ludwig Jäger. Übersetzt und textkri- tisch bearbeitet von Elisabeth Birk und Mareike Buss. 208 S., kt., € 10.—, stw 1677, Suhrkamp, Frankfurt.

 

Hinzugefügt wurden in der deutschen Ausgabe weitere Autographen über Allgemeine Sprachwissenschaft, die ein Teil der Engler- schen Ausgabe von 1968 bis 1974 waren.

 

Der Fund von 1996 vervollständigt das lückenhafte Mosaik der Saussureschen sprach- theoretischen Überlegungen. Er ist, wie Ludwig Jäger in seiner Einleitung ausführt, ein klarer Beleg dafür, dass Saussures grundle- gende Reflexionen zur Natur der Sprache und zur Neubegründung einer Wissenschaft der Sprache einen vollständig anderen Geist atmen, als er in den Grundfragen der allgemeinen Sprachwissenschaft weht.  Allerdings ist der hier publizierte Text fragmentarisch und die intertextuelle Vernetzung lose, eine Binnenstrukturierung der Fragmente von Saussures eigener Hand im Hinblick auf ein Buchprojekt ist nicht zu erkennen. Auch eröffnen die Texte keine neuen Perspektiven auf Saussure, vielmehr fügen sich die Funde nahtlos in den von der Forschung entfalteten Interpretationshorizont. Der Wert der entdeckten Papiere besteht vor allem darin, dass sie die Grundlage für das Urteil verbreitern, dass es sich bei Saussure um einen absolut eigenständigen Denker handelt.