Heidegger und Hannah Arendt

Eine Liebesgeschichte

Im Alter von sieben Jahre war Hannah Arendt durch den Tod ihres Vaters Halbwaise geworden. Ihre geliebte Mutter war häufig auf Reisen, und jedesmal ängstigte sich das Mädchen, ob sie auch ja wieder zurückkomme. Als Hannah dreizehn war, heiratete Martha Arendt wieder. Hannah mußte sie nun nicht nur mit einem Mann, sondern auch mit zwei älteren Stiefschwestern teilen. Die Welt war für sie ein verwirrender Ort, wo sie sich verloren, ungeschützt und hilflos fühlte. Doch schaffte sie es immer wieder, tapfer aufzutreten. "Der blödsinnige, von Jugend anerzogene Zwang vor aller Welt... immer so zu tun, als ob alles in bester Ordnung ist, (kostet) den besten Teil meiner Kraft", schreibt sie in einem Brief. Als junge Studentin begegnete sie dem damals 35jährigen verheirateten Martin Heidegger. Er hatte gerade "Sein und Zeit" geschrieben und bereitete sich auf eine Universitätskarriere vor. Als er die junge Frau zum erstenmal sah, verliebte er sich gleich in sie. Die Geschichte dieser Liebe schildert die am Massachusetts Institute of Technology Anglistik und Politische Wissenschaften lehrende Elzbieta Ettinger in dem Bändchen

Ettinger, Elzbieta: Hannah Arendt. Martin Heidegger. Eine Geschichte. 139 S., kt., DM 16.90, 1994, Serie Piper 1904, Piper, München.

Die Autorin hat dazu den Nachlaß von Hannah Arendt eingesehen. Aus den Briefen Heideggers an Hannah Arendt zu zitieren, ist ihr unverständlicherweise nicht erlaubt worden. So ist in dieser Beziehung der Leser auf ihre Schilderung angewiesen - und diese ist für Heidegger nicht schmeichelhaft: Hannah Arendt wird als eine von Heidegger verführte Studentin beschrieben, die von ihm aus egoistischen Motiven ausgenutzt, in ihrer Entwicklung gehemmt und als Intellektuelle nicht für voll genommen wird. Ob und wie sie in ihrem Denken von Heidegger profitiert hat, wird nicht thematisiert. Das Buch ist insofern problematisch, als es aus einer "Schlüssellochperspektive" (Frankfurter Rundschau) stark wertet. Christine Pries meint deshalb, für eine persönliche Einschätzung beider sei es auf jeden Fall geraten, "auf die Veröffentlichung des Briefwechsels zwischen Arendt und Heidegger zu warten", die jetzt schon früher erfolgen soll als ursprünglich geplant.

Auf den aus bodenständigem Milieu stammenden Heidegger übte die jüdisch-kosmopolitische Frau, die mit ihrem Bubikopf und ihrer modischen Kleidung in der kleinen Universitätsstadt Marburg mißbilligende Blicke auf sich zog, mit ihrem exotischen Aussehen und ihrer Aufgeschlossenheit einen so starken Reiz aus, daß er sich mit ihr auf eine heimliche Affäre einließ, mit der er seine Ehe und seine Karriere gefährdete. Er scheute sich nicht davor, ihr Liebesbriefe zu schreiben, so tief waren seine bisher noch nie erlebten Gefühle und Gedanken. Beide waren begeistert von Bach und Beethoven, Rilke und Thomas Mann und Heideggers Ausführungen über Plato, Sokrates und Heraklit blieben kostbare Erinnerungen für sie. Aber so abhängig er von dieser Liebe emotional auch sein mochte, von Anfang an hatte er als reifer Mann und Lehrer die Oberhand.

Der verliebte Heidegger beobachtete seine Studentin erst zwei Monate lang, dann lud er sie in sein Büro, worauf ein, "in eloquent-gestelzter Prosa" (Ettinger) verfaßter Brief folgte. Auch die Hannah Arendt fühlte sich augenblicklich und unwiderstehlich zu Heidegger hingezogen. Ein zwei Wochen später von Heidegger geschriebener Brief zeigt den Beginn physischer Intimität an.

Die Entschlossenheit, mit der er die Beziehung zu Hannah Arendt verfolgte, ohne seine Familie und seine Arbeit zu vernachlässigen, zeige - so Elzbieta Ettinger - eine kraftvolle Persönlichkeit, egozentrisch, skrupellos und gerissen. Hannah wiederum durchschaute sein Bedürfnis, sie zu beherrschen, nicht, sondern deutete es, unterstützt von Heideggers Liebeserklärungen und Gedichten, die er für sie schrieb, als Wunsch sie zu beschützen. Er habe es geschafft, so Ettinger, "diese junge, stolze Frau zu unterjochen, die bereits damals für ihre leidenschaftliche Unabhängigkeit bekannt war". Mit verschlüsselten Botschaften, mit ausgeklügelten Signalen von ein- und ausgeschalteten Lampen, bestellte er die Studentin auf die Minute genau zu sich, wenn er damit rechnen konnte, allein zu sein.

Als es für ihn gefährlich wurde, setzte er sie unter Druck, Marburg zu verlassen. "Weggegangen aus Marburg bin ich ausschließlich Deinetwegen" schrieb sie ihm 25 Jahre später. Hannah Arendt übersiedelte 1926 nach Heidelberg, um bei Karl Jaspers, den Heidegger empfohlen hatte, zu promovieren. Sie unterließ es demonstrativ, Heidegger ihre neue Adresse anzugeben, nach Ettinger ein Versuch, gegen die unmögliche Liebe anzukämpfen, die ihre Freiheit und Unabhängigkeit zerstörte. Heidegger zerbrach sich in dieser Zeit den Kopf, wie er unauffällig wieder mit ihr in Kontakt kommen könnte. Schließlich gelang es ihm über seinen Studenten Hans Jonas, der mit Arendt befreundet war, an ihre Adresse zu kommen. Heidegger organisierte nun seine Treffen sorgfältiger als vorher: sie sollte ihn auf seinem Weg von Freiburg in die Schweiz an einem kleinen Ort treffen, wo er einen Tag für sie freimachen wollte.

Im Laufe der Zeit wurde die Kommunika-tion immer sporadischer, wobei die Korrespondenz ausschließlich auf die Initiative von Heidegger hin erfolgte. Sie durfte nur schreiben, wenn Heidegger strikt darum bat und nicht, wenn ihr danach war. Sie schrieb diese Briefe "auf Befehl", wie sie es nannte, war aber nicht in der Lage, die Beziehung von sich aus zu beenden. Sie akzeptierte auch ohne weiteres alle Ausreden für anhaltendes Verstummen - zwanzig Jahre später nannte sie Heidegger einen Menschen, der "notorisch immer und überall lügt, wo er nur kann". Sie wiederum war im Alter von 22 Jahren dem "Fuchs", wie sie ihn nannte, nicht gewachsen.

Mitte 1928 hatte Heidegger das Gefühl, das Verhältnis nicht mehr fortsetzen zu können. Husserl hatte ihm mitgeteilt, daß er als sein Nachfolger auf den Freiburger Lehrstuhl berufen würde, und mit dem Erscheinen von Sein und Zeit hatte er einen Höhepunkt seiner Laufbahn erreicht. Das Risiko, das sein Verhältnis zu einer Studentin ans Tageslicht käme, erwies sich als zu große Belastung. Heidegger schrieb ihr einen Abschiedsbrief. "Ich liebe Dich", antwortete sie ihm, "wie am ersten Tag - das weißt Du und das habe ich immer....gewußt", und schloß den Brief: "Und wenn Gott es gibt, werd ich Dich besser lieben nach dem Tod."

Im September 1929 heiratete sie einen Studenten Heideggers, Günther Stern, der später unter dem Namen Günther Anders bekannt wurde. "Ich war, als ich aus Marburg fortging, fest entschlossen, nie mehr einen Mann zu lieben, und habe dann später geheiratet, irgendwie ganz gleich wen, ohne zu lieben, weil ich ja nichts für mich erwartete." Das einzige, so Ettinger, was sie erwartete, war, über Heidegger hinwegzukommen. Stern schrieb in dieser Zeit an seiner Habilitation über Musikphilosophie, die aber nicht die entsprechende Anerkennung fand, er arbeitete schließlich als Journalist. Hannah Arendt recherchierte für eine Biographie über Rahel Varnhagen. Wie viele Studenten lebten die beiden von der Hand in den Mund. Eine Weile wohnten die Sterns in Berlin, zogen dann nach Frankfurt und wieder nach Berlin, wo Günther Stern seine literarische Laufbahn begann, 1933 floh er nach Paris, was faktisch das Ende der Ehe bedeutete. Hannah Arendt schrieb wiederholt an Heidegger, ohne jedoch Antwort zu erhalten. Erst Anfang 1933 fühlte er sich bemüßigt, auf Fragen von ihr zu antworten. Ob es wahr sei, daß er Juden von seinen Seminaren ausschließe und jüdische Kollegen an der Universität nicht grüße, wollte sie wissen. In wütendem Ton zählte Heidegger in seiner Antwort die Gefälligkeiten auf, die er Juden gegenüber erwiesen habe, obwohl dies für seine Arbeit störend gewesen sei.

1936 lernte Hannah Arendt in Paris Heinrich Blücher kennen, wie sie ein deutscher Flüchtling. Blücher, ein Proletarier ohne akademische Bildung, hatte in den Reihen des Spartakusbundes gekämpft. Er war Flüchtling, weil er Kommunist war, sie, weil sie Jüdin war. Nach Heideggers "erstickenden, berechnenden, oft schwülstigen, wenn auch romantischen Liebesbriefen" (Ettinger) waren diejenigen Blüchers wie ein frischer Lufthauch. Er sorgte sich um ihr geistiges und physisches Wohlergehen und übernahm in unaufdringlicher Weise Verantwortung für sie. "Als ich Dich dann traf", schieb sie 1936 an Blücher, "da hatte ich endlich keine Angst mehr...".

1946 erwähnte Hannah Arendt nach Kriegsende Heideggers Name in einem Artikel in der Partisan Review und behauptete, dieser habe "Husserl, seinem Lehrer und Freund, dessen Lehrstuhl er geerbt habe, den Zutritt zur Fakultät (verwehrt), weil Husserl Jude war". Drei Jahre später wehrte sie sich gegen die Veröffentlichung von Heideggers Brief über den Humanismus in der Neuen Rundschau, obwohl sich ihr Freund Dolf Sternberger wiederholt dafür eingesetzt hatte. An Jaspers schrieb sie 1949 über Heidegger: "Was Sie Unreinheit nennen, würde ich Charakterlosigkeit nennen, aber in dem Sinne, daß er buchstäblich keinen hat..."

Als Forschungsleiterin (und später Generaldirektorin) der "Commission on European Jewish Cultural Reconstruction" fuhr Hannah Arendt 1949 für vier Monate nach Europa, um die jüdischen Kulturschätze, die die Deutschen geraubt hatten, zu sichten und besuchte dabei das Ehepaar Jaspers in Basel. Jaspers zeigte ihr seinen Briefwechsel mit Heidegger, worüber sie schrieb: Heideggers "Briefe an Jaspers .... alle wie früher: das gleiche Gemisch von Echtheit und Verlogenheit oder besser Feigheit". Dennoch reiste sie nach Freiburg, ließ Heidegger den Namen ihres Hotels zukommen, worauf dieser am selben Abend persönlich bei ihr vorsprach. "Wir haben, scheint mir, zum ersten Mal in unserem Leben miteinander gesprochen", schrieb sie ihrem Mann über diesen Abend. Heidegger trat nun nicht mehr als berühmter Philosoph, sondern als gebrochener, alternder (er war 61) Mann auf, dem bösartige Verleumdungen und falsche Beschuldigungen zu schaffen machten. Am anderen Tag kam es zu einer Begegnung mit Heideggers Frau Elfride, für die Hannah Arendt allerdings keine Sympathie empfand: "Die Frau, fürchte ich, wird so lange ich lebe bereit sein, alle Juden zu ersäufen. Sie ist leider einfach mordsdämlich." Heidegger empfand das Gespräch zu dritt jedoch ganz anders, nämlich als eine spontane Versöhnung in einer Atmosphäre der Klarheit und Offenheit. Er sah sogar die beiden Frauen künftig einander durch ihre Liebe zu ihm gefühlsmäßig verbunden. Zudem war er noch aus einem anderen Grund an einem guten Verhältnis zu Hannah Arendt interessiert: Sie war eine prominente Jüdin und konnte beitragen, die ständigen Anschuldigungen gegen ihn wegen seines Antisemitismus zu entkräften. Ihr wiederum - so Ettinger - kam es nie in den Sinn, daß er sie, wie früher, wenn auch in anderer Weise, für seine Zwecke benutzte.

Das Wiedersehen mit Heidegger eröffnete ein neues Kapitel in ihrer Beziehung, das fünfundzwanzig Jahre dauern sollte - bestimmt durch Perioden lebhafter Korrespondenz und anhaltenden Schweigens, durch von Elfride überwachte Besuche bei Heidegger und seltene Stunden, Kostbarkeiten für Hannah Arendt, in denen sie mit Heidegger allein war. Nach dem Besuch wurde Arendt, die sich zuvor noch vehement gegen die Veröffentlichung von Heidegger-Texten gewehrt hatte, seine aufopfernde, unbezahlte Agentin in den Vereinigten Staaten. Zudem tat sie alles, um ihn von seiner Nazi-Vergangenheit reinzuwaschen. Sogar Elfride sah schließlich die Nützlichkeit dieses Tuns ein. Zudem überschüttete Hannah Arendt ihn mit Geschenken: sämtlichen Werken Kafkas, Schallplatten, sowie ihre eigenen Bücher und Artikel, die er aber aufgrund seiner mangelhaften Englischkenntnisse nicht lesen konnte.

Im März 1952 kam Hannah Arendt erneut nach Europa. Sie plante, diesmal eine ganze Woche in Freiburg zu verbringen, und damit dies nicht auffiel, tarnte sie den Aufenthalt als Dienstreise. Das gefiel Elfride Heidegger nun gar nicht: "Die Frau ist halb blödsinnig vor Eifersucht, die sich in den Jahren, in denen sie offenbar dauernd gehofft hat, daß er mich vergessen werde, sehr gesteigert hat. Dies äußerte sich mir in einer halb antisemitischen Szene ohne ihn. Überhaupt sind die politischen Überzeugungen der Dame ..... von aller Erfahrung ungetrübt und von einer so vernagelten, bösartigen, ressentiment-geladenen Dummheit..." Heidegger war nun für Hannah Arendt der Mann, der die falsche Frau geheiratet und damit sein Leben verpfuscht hatte. Heidegger schien das zu bestätigen, denn er klagte ihr seine Angst vor dem Moment, da seine beiden Söhne (sie waren damals 30 und 31) aus dem Haus gingen und die Frau ihren einzigen Lebensinhalt verlieren würde. Denn er sei immer erst in zweiter Linie gekommen und habe dadurch seine Ruhe gehabt. Das sei, meinte Hannah Arendt, tragisch, da in Meßkirch ca. 50'000 ungetippte Seiten herumlägen, die die Frau in all den Jahren bequem hätte tippen können. Der einzige Mensch, den er wirklich habe, sei sein Bruder Fritz. Heideggers Eingeständnis seiner Probleme beeindruckte Hannah Arendt sehr - für Ettinger ein Zeichen, daß Heidegger mit ihr vorher nie über persönliche Probleme gesprochen hatte.

Im Herbst 1955 reiste sie wieder nach Europa und beabsichtigte Heidegger erneut zu besuchen. Unterdessen war ihr Buch Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft in deutscher Übersetzung erschienen, lag in allen Buchhandlungen auf, und in allen Zeitungen wurde über Arendts Deutschlandreise berichtet. Doch Heidegger vermied es, sie einzuladen. Den Grund vermutet Ettinger darin, daß Heidegger seiner Schülerin den Ruhm nicht gönnte. Zudem war ihm der Grundgedante von Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft zutiefst zuwider: Arendt setzte den von ihm bewunderten Nationalsozialismus mit dem Kommunismus gleich, den er verabscheute. Damit durchlöcherte sie indirekt seine Verteidigungsstrategie: daß er die nationalsozialistische Ideologie nur unterstützt habe, um den Westen vor dem Kommunismus zu erretten. Hannah Arendt unternahm auch auf ihren späteren Deutschlandreisen keinen Versuch mehr, Heidegger zu treffen. Dennoch hielt sie unverbrüchlich an der Freundschaft fest. 1958 wurde Karl Jaspers mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet, und Hannah Arendt sollte die Laudatio halten. Sie hatte vor dieser Rede Angst, aber nicht, weil sie als Jüdin vor Deutschen sprechen sollte, sondern weil Heidegger dies als Akt der Solidarität mit Jaspers und als Absage an ihn interpretieren könnte. Dabei schätzte sie Heideggers Sensibilität kaum falsch ein. Denn als 1960 das Buch Vita activa - Oder vom tätigen Leben in deutscher Übersetzung erschien, schrieb sie Heidegger: "Du wirst sehen, daß das Buch keine Widmung trägt. Wäre es zwischen uns je mit rechten Dingen zugegangen - ich meine zwischen, also weder Dich noch mich -, so hätte ich Dich gefragt, ob ich es Dir widmen darf; es ist unmittelbar aus den ersten Marburger Tagen entstanden und schuldet Dir in jeder Beziehung so ziemlich alles". Dieser Brief erregte Heideggers Zorn einem Maße, daß es ihr die Sprache verschlug.

1961 besuchte sie Jaspers in Basel und reiste anschließend nach Freiburg, wo sie Heidegger schrieb, sie sei da und er könne sie erreichen. Er antwortete nicht; schließlich lud ein Juraprofessor sie ein. Hannah Arendt bat, Eugen Fink, einen Kol-legen von Heidegger, hinzuzuziehen, den sie seit ihrer Studienzeit her kannte. Fink lehnte aber die Einladung brüsk ab, mit dem Hinweis, Heidegger habe ihm dies verboten.

Erst 1966, als Hannah Arendt sechzig wurde, meldete sich Heidegger wieder bei ihr - mit Glückwünschen. Dieser Brief bereitete ihr "die größte Freude". Ein Jahr später stattete sie den Heideggers wieder einen Besuch ab, den ersten seit 1952. Sie unternahm alles, um die Beziehung zu den Heideggers zu verbessern, die beiden Frauen beschlossen sogar, einander beim Vornamen zu nennen. Heidegger verfaßte gegen Ende des Jahres zwei Gedichte für sie: "In der Dunkelheit" und "Abendlied". Und ihr Artikel über Walter Benjamin erhielt sein Lob, offenbar das erste und letzte.

Im April 1969 wandte sich Elfride an Hannah und bat sie um Hilfe. Der sich verschlechternde Gesundheitszustand ihres Mannes zwinge sie, ihr großes Haus zu verkaufen und einen kleinen, ebenerdigen Bau zu errichten. Da sie das dafür benötigte Geld nicht habe, wollten sie das Manuskript von Sein und Zeit verkaufen und bäten sie um Auskunft darüber, wer wohl daran interessiert sein könnte. Hannah Arendt empfahl das Auktionshaus J.A. Stargardt in Marburg. Frau Heidegger antwortete postwendend, eine Versteigerung erscheine ihr nicht das richtige, sie habe an eine Stiftung oder eine Bibliothek wie die Library of Congress gedacht. Hannah Arendt besuchte sofort diese Bibliothek und übersandte den Heideggers deren Bescheid: am ehesten komme das Schiller-Archiv in Marbach in Frage. Frau Heidegger schlug dies mit der Begründung ab, die Amerikaner könnten mehr zahlen als die Deutschen. Schließlich verkaufte aber Heidegger, als es ihm schlechter ging, alle seine Manuskripte an das Literaturarchiv in Marbach.

Hannah Arendt starb am 4. Dezember 1975. Heidegger überlebte sie um wenig mehr als fünf Monate. Er starb am 28. Mai 1976.

Peter Moser

 

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