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Welte, Bernhard: Person

BERNHARD WELTE

Person als das „Unbegreifliche“

Der erste Band der „Gesammelten Schriften“ des Freiburger Religionsphilosophen Bern-hard Welte enthält Texte, die das für die christliche Philosophie zentrale Thema „Person“ betreffen (Band 1/1 Person, 288 S., Ln., 2006, € 35, Herder, Freiburg). Darunter ist ein bislang unveröffentlichter Vorlesungstext mit dem Titel „Die Person als das Unbegreifliche“, der in Weltes Gedankenwelt einführt.

Die Frage „Was ist eine Person?“ wird schnell zu der Frage „Wer bist Du?“. Aber dieses Er-fragte entzieht sich grundsätzlich aller objektiven Fassbarkeit. Wer Du bist, wer ich bin, das ist nicht objektiv fassbar. Denn der innerste lebendige Kern im Menschen, den wir als Du an-sprechen und der als ein Ich ein Du ansprechen kann, liegt außerhalb des Zugriffs jeglicher Objektivierung, sei sie auch nur denkender, d.h. begreifender oder behandelnder Art. Dies sagt weniger über die Schwächen unseres Objektivierungsvermögens aus als über die Stärke, die ontologische Einzigartigkeit dessen, nach dem wir fragen, wenn wir fragen, wer bist Du. Welte sieht aber einen gangbaren Weg, des Du innezuwerden, ohne es formal und objektiv zu begreifen. Nicht nur, dass es diesen Weg gibt, wir bewegen uns auch immer schon auf ihm. Es ist der Weg der personalen Beziehung als der Begegnung von Ich und Du.

Die im Prinzip unlernbare Kunst der Begegnung vermögen wir immer schon, weil wir immer schon in ihrem Bereiche angetreten sind: als einander begegnen Könnende. Von da aus kön-nen wir nun neu fragen: Was ist eine Person? Oder in der an Heidegger angelehnten Termino-logie Weltes: Was spricht sich im Ereignis der Begegnung als das Wesenhafte des Du zu? Das Auftauchen des Du in der Begegnung ist für Welte das Ereignis des Du. Was im Du begegnet, hat als solches nicht woandersher angefangen. Das Du ist als Du Anfänglichkeit, Ursprung, wesenhafte Initiative und Initiativkraft.
Wo ein Mensch als ein Du selber im Ereignis der Begegnung einem Anderen als dem Ich selbst gegenüber auftaucht, da bricht jedes Mal aus ungreifbarem Ursprung etwas auf. Im Ereig-nis der Begegnung wirst Du, was Du bist (an sich, dem ursprünglichen Wesen nach), nämlich Du. Aber dies nie allein. Vielmehr: Indem sich mir in der Begegnung dies ereignet, da ereignet sich auch und zugleich das zugehörige Ich. Da bin ich erst im wirklichen Sinn als ich da, Ich als  Ich Dir gegenüber. Das Ich stößt sich ab aus der der bloßen Selbstverständlichkeit des Miteinander.

Die Schwelle der Hemmung macht es möglich, dass der Mensch das Wagnis des Du nicht ein-geht. Die Verhältnisse machen es möglich, in eine personal unwirkliche Allgemeinheit auszu-weichen, in der jeder scheinbar mit allen in Kon-takt und niemand wirklich er selber ist, weil jeder bloß in allgemeinen Vorstellungen und Ge-wohnheiten mitschwimmt. Dies zeigt, dass die geglückte positive Begegnung nie selbstver-ständlich ist. Sie ist als selbstrealisierte Wirk-lichkeit immer gefährdet.

Begegnung ist und lebt als Gespräch: „Im Gespräch geht das immer zugleich anfangende und antwortende Wesen alles Personalen als ein sol-ches auf. Jeder lebt vom anderen her, ihm ant-wortend, und auf den anderen zu, ihn anfangend, und jeder im anderen als dem, was ihn erfüllt.“

Welte, er ist Religionsphilosoph, geht noch einen Schritt weiter: „Was in der Begegnung ge-schieht, steht in Wahrheit im Wink des Unbe-dingten, im Wink der Ewigkeit. Unter dem Wink und Zuspruch der Ewigkeit stehend, ist ihr Wesen immer Antwort, d. h. lebendiger und an-fänglicher Widerhall auf den höchsten Zuspruch.“