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UNTERRICHT

Georg Cavallar:
Das interdisziplinäre Fachdidaktikzentrum Psychologie und Philosophie an der Universität Wien

Georg Cavallar:

Das interdisziplinäre Fachdidaktikzentrum Psychologie und Philosophie an der

Universität Wien

 

 Heft 1/2011

 

Am 19. April 2010 wurde das  „Fachdidaktikzentrum Psychologie und Philosophie“ an der Universität Wien feierlich eingeweiht. Es hat die innovative Entwicklung der fachdidaktischen Lehre sowie die Beratung und Betreuung Studierender des Unterrichtsfaches Psychologie und Philosophie zu seiner Aufgabe.

 

Besonderheiten des Faches im Schulunterricht

 

An den österreichischen „Allgemeinbildenden Höheren Schulen“ (kurz AHS oder auch ungenau „Gymnasien“ genannt) gehört „Psychologie und Philosophie“ zu den Pflichtfächern der Oberstufe in 7. und 8. Klassen (11. und 12. Schulstufe, insgesamt vier Wochenstunden). Im Allgemeinen wird dabei Psychologie in der 11. und Philosophie in der 12. Schulstufe unterrichtet. Anders als in romanischen Ländern – etwa in Frankreich – ist Philosophie kein Kernfach, muss andererseits aber nicht wie in manchen deutschen Bundesländern um Anerkennung als vollwertiges und gleichberechtigtes Pflichtfach kämpfen. Der reformierte österreichische Rahmenlehrplan sieht seit den frühen 1980er Jahrenneben der Einführung in die Philosophie verpflichtende Themengebiete vor, die Erkenntnistheorie, Wissenschaftstheorie, Aspekte der Anthropologie und Ethik umfassen. Zusätzlich können zwei Themen aus einem breiten Angebot weiterer Themenkreise wie etwa Ästhetik oder politische Philosophie ausgewählt werden. Das Wirtschaftskundliche Realgymnasium sieht insgesamt fünf Stunden im Fach Psychologie und Philosophie vor, einschließlich eines zu absolvierenden Praktikums (siehe dazu: Konrad Liessmann, ‚Zur Reform des Philosophielehrplans in Österreich‘, ZDP 4 (1981), 235-9).

 

Der aktuelle Studienplan

 

Die LehrerInnenausbildung an den Universität Wien reagierte auf die Betonung der Interdisziplinarität in den Lehrplänen der 1990er Jahre mit einem Studienplan, der den Überschneidungen und Schnittstellen zwischen den Fächern Psychologie und Philosophie Rechnung trug. Studierende haben etwa an der Universität Wien zusätzlich zu Lehrveranstaltungen an beiden Instituten sechs StundenInterdisziplinäre Fachdidaktik zu belegen. Insgesamt umfasst die fachdidaktische Ausbildung im Unterrichtsfach „Psychologie und Philosophie“ zehn Semesterstunden. Dazu gehören je ein zweistündiges Proseminar „Einführung in die Philosophie für das Lehramt“ und „Philosophie als Gegenstand des Unterrichts“. Ergänzend kommen sieben Semesterstunden in der pädagogisch-wissenschaftlichen Berufsvorbildung hinzu. Außerdem ist es möglich, das  Lehramtsstudium mit dem fakultätsübergreifenden Lehrgang „Ethik“ zu kombinieren, der AbsolventInnen eine qualitativ hochwertige Ausbildung für den kontinuierlich steigenden Bedarf an Ethikunterricht (derzeit als Schulversuch in Österreich durchgeführt) bietet.

 

Auch die Pädagogischen Hochschulen bieten einen berufsbegleitenden, sechssemestrigen Ethiklehrgang. Beide Lehrgänge haben das Ziel, LehrerInnen einen systematischen Einblick in die Philosophische Ethik, Angewandte Ethik sowie die Auseinandersetzung mit Inhalten aus den Bereichen der Geistes- und Sozialwissenschaften, Human- und Naturwissenschaften zu bieten, um die für den Ethikunterricht notwendige fachliche Qualifikation zu erwerben.

 

Der nächste Schritt war die Einsicht in die Notwendigkeit einer institutionellen Verankerung der fachdidaktischen Ausbildung an beiden Instituten. Veranlasst war dies nicht zuletzt durch die Erkenntnis, dass die bisherige LehrerInnenbildung diesen Aspekt zu sehr vernachlässigt hatte. So stellten Esther Ramharter und Barbara Schober in ihrem Projektantrag für das Fachdidaktische Zentrum die  Diagnose: „Grundlagen der Fachdidaktik werden […] im gesamten Lehrveranstaltungsangebot nicht als Lehrziel ausgewiesen. Ebenso werden fachdidaktische Spezialgebiete oder Praxisforschung nicht als Lehrziele genannt. Auffallend wenig werden Techniken und Methoden des Unterrichts und Unterrichtsevaluation als Lehrziele genannt“.Durch die Dominanz der „integrativen Unterrichtsplanung“ kam es selten zu einer dieser Planung voraus liegenden Behandlung und Reflexion didaktischer Themen. Der bisherige Studienplan sah außerdem nicht vor,  fachdidaktische Grundlagen sy­stematisch zu erarbeiten. Diese wurden eher peripher vermittelt. Schwerpunkte waren dabei die integrative Unterrichtsplanung und damit kombiniert die Erprobung sowie Reflexion.

 

Die Einrichtung des fachdidaktischen Zentrums vor dem Hintergrund aktueller bildungspolitischer Diskussionen

 

Das neue Zentrum koordiniert die Tätigkeiten der bereits in der Fachdidaktik Lehrenden und bietet einen institutionellen Rahmen, um den Anschluss an die internationale scientific community zu finden. Ermöglicht werden soll dies durch Publikationen, die Betreuung von Diplomarbeiten und Dissertationen, die Planung von workshops, die Einrichtung    einer fachdidaktischen Bibliothek (integriert in die Fachbibliothek für Philosophie), die Betreuung der Studierenden, die laufende Aktualisierung einer Website, durch Qualitätssicherung und die Vernetzung der Lehrenden. Dazu kommt die Kooperation mit der ARGE (Arbeitsgemeinschaft) Psychologie und Philosophie, die von LehrerInnen ins Leben gerufen wurde, sowie mit den  PHs (Pädagogischen Hochschulen), die für die Ausbildung der PflichtschullehrerInnen zuständig sind. Am Institut für Philosophie ist die Stelle eines/einer Universitätsprofessors/ Universitätsprofessorin für Methoden der Vermittlung von Philosophie und Ethik ausgeschrieben worden, die schon im September 2011 besetzt sein könnte und die Leitung des Fachdidaktikzentrums übernehmen würde.

 

Das Institut folgt damit einem Trend an der Universität Wien, der in den letzten Jahren zur Errichtung von Fachdidaktikzentren für verschiedene Lehramtsstudienfächer geführt hat. Diese Veränderungen an der Universität sind wiederum vor dem Hintergrund der Debatten um Kompetenzorientierung und Bildungsstandards zu sehen, die auch Österreich erfasst haben. Schon 2003 legte sich das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur auf „eine Schwerpunktverlagerung von zentraler Inputsteuerung zu Prozess- und vor allem zur Outputsteuerung“ fest. Das bedeutet vor allem die Vorgabe zentraler so genannter Bildungsstandards, die tatsächlich Leistungs- bzw. Mindeststandards darstellen und durch die Formulierung und Präzisierung klar umrissener Kompetenzen erreicht werden sollen. Das mittelmäßige Abschneiden österreichischer Schulen bei PISA und anderen internationalen Vergleichstests hat diese Reformbemühungen verstärkt.

Weiterführende Angaben:

„Studienvorschriften für das Unterrichtsfach Psychologie und Philosophie“, 2002,

http://fdz-pp.univie.ac.at/studieren/

studienplaene/

Homepage des Fachdidaktikzentrums:

http://fdz-pp.univie.ac.at/willkommen

 

UNSER AUTOR:

 

Georg Cavallar ist als Universitätsdozent Lehrbeauftragter an der Universität Wien und unterrichtet am Wiener Wasagymnasium Englisch, Geschichte sowie Psychologie und Philosophie. Er ist derzeit mit der Einrichtung des Fachdidaktikzentrums beauftragt