PhilosophiePhilosophie

03 2020

Was ist von Hegel geblieben? Fragen an Gunnar Hindrichs, Rahel Jaeggi und Günter Zöller

aus: Heft 3/2020, S. 32-36

 
Welche Bedeutung hat Hegel im gegenwärtigen philosophischen Diskurs in den deutschsprachigen Ländern?
 
Gunnar Hindrichs:Keine besondere – weder im Positiven noch im Negativen. Seine Werke bilden ein Thema der philosophiegeschichtlichen Forschung unter anderen. Systematisch kommen hegelianische Gedanken vor allem in der Sozialphilosophie und der philosophischen Ästhetik zum Tragen; dort sind sie meist in Argumentationsmustern anderer Provenienz eingehegt. In beiden Fällen befindet sich Hegels Denken in den Händen von Fachleuten, die ihn auf gutem Niveau bearbeiten. Eine wirkliche Sprengkraft kann ich hingegen nicht erkennen. Ausnahmen, etwa die Arbeit von Andrea Kern und Sebastian Rödl in Leipzig, bestätigen die Regel.  Das gilt jedenfalls für Österreich und Deutschland. Bei uns in der Schweiz ist die Lage etwas anders. Hier wird Hegels Philosophie eigentlich nur in Basel und Zürich bearbeitet.
 
Rahel Jaeggi: Vielleicht weniger als er verdient. Für manche Teile der deutschsprachigen Philosophie – ich denke hier an die Kritische Theorie – hat er natürlich nie an Bedeutung verloren. Auch wenn manche Vertreter_innen der Kritischen Theorie von Hegel und Marx zu Kant ausgewichen sind, haben im Zentrum der Kritischen Theorie Hegel’sche Einsichten und Fragestellungen immer fortgewirkt. Und natürlich gibt es fortlaufende Bemühungen um Hegel, sowohl in philologischer als auch in systematischer Hinsicht an vielen deutschsprachigen Instituten. In anderen Teilen der deutschsprachigen Philosophie hat die Auseinandersetzung mit Hegel dagegen wenig Bedeutung und auch die Hegel-Kompetenz hat hier nachgelassen. Mit dem – man könnte sagen: prä-postanalytischen – Generalverdacht, Hegel sei „dunkel und irrational“ reden dann manchmal schon Studierende der jüngeren Semester Vorurteile nach, um sich an die mainstream Diskussion anzupassen. Die Hegel’sche Lehre von der Sittlichkeit setzt man dann fälschlicherweise mit Kommunitarismus gleich; die nicht-individualistische Hegel’sche Sozialontologie und seine Rede von Geist übersetzt man sich in Gespenstergeschichten. Und während man die Hegelianer gerne dazu auffordert, ihren „jargon“ aufzugeben, hält man die eigene philosophische Sprache für neutral. Das birgt die Gefahr, gerade auch gegenüber dem angelsächsischen Vorbild, provinziell zu werden und die Gelegenheit zu verpassen, der der internationalen philosophischen Diskussion etwas Eigenständiges hinzuzufügen.
 
Aber es gibt andererseits auch ein neues Inter-esse an Hegel und neue systematische Fragestellungen, die mit ihm verfolgt werden. Interessant ist, dass Hegel in den deutschsprachigen Ländern in den letzten Jahren gewissermaßen aus der angelsächsisch-analytischen Welt re-importiert worden ist. Bahnbrechend war hier natürlich der Einfluss Charles Taylors und Allen Woods. Aber diese Tendenz hat sich fortgesetzt: Über Autoren wie Brandom, Pippin, Pinkard oder Neuhouser (um nur einige zu nennen) ist eine Art der Auseinandersetzung mit Hegel zurückgekehrt, die, bei aller philologisch-hermeneutischer Expertise, von systematischen Fragestellungen und Zugängen geprägt ist und damit die Fragestellungen Hegels gewissermaßen neu anschlussfähig gemacht hat. Man könnte das für die deutschsprachige Philosophie peinlich finden, dass erst der Re-Import Hegel wieder hoffähig macht. Aber es hat auch frischen Wind in die Diskussion gebracht und eine neue Art der Auseinandersetzung befördert, die ich für sinnvoll halte.
 
Günter Zöller: Zusammen mit Kant kann Hegel als der Hauptreferenzautor für historisch orientierte oder basierte philosophische Forschung und Lehre heute gelten. Ähnlich wie zuvor schon Kant ist Hegel, insbesondere in jüngster Zeit, zum gegenwärtig-aktuellen Gesprächspartner auch und gerade von analytisch ambitionierter Philosophie geworden. Das gilt ebenso für die theoretische Philosophie, insbesondere die Metaphysik und die Philosophie des Geistes, wie für die praktische Philosophie, von der Handlungstheorie und der Ethik über die Gesellschaftsphilosophie bis zur politischen Philosophie und zur Rechtsphilosophie. Schließlich ist auch die gegenwärtige Ästhetik und Kunstphilosophie, wo sie nicht von Kantischem Geist bestimmt ist, oft genug von Hegelschem Gedankengut geprägt.
 
Wo kann/soll die Philosophie heute inhaltlich an Hegel anknüpfen?
 
Günter Zöller: Indem sie zwar auf „das Sy-stem“ verzichtet, das auch Hegel nie als solches angestrebt oder gar geliefert hat, dafür aber „das Systematische“ gezielt zum Sinn und Zweck der philosophischen Arbeit macht. Von Hegel ist zu lernen, dass Einzelnes und Besonderes nur mit dem umsichtigen Blick auf das große Ganze, wie immer elusiv dieses auch sein und bleiben mag, in die richtige Perspektive und den adäquaten Horizont gerückt werden kann. Vor allem kann man bei Hegel studieren, wie Geschichte und Gegenwart, historische Orientierung und aktuelle Problemstellungen samt Lösungsansätzen, keinen Gegensatz bilden, sondern einander ergänzen und sogar bedingen.
 
Rahel Jaeggi: Da gibt es so viele Anknüpfungspunkte wie es philosophische Interessen und Probleme gibt: Die von mir bereits erwähnte Sozialontologie und die Idee einer Sozialität des Geistes, aber auch das Verhältnis von Geist und Natur. Oder das komplexe Verständnis von Selbstbestimmung, das sich mit Hegel gewinnen lässt. Darüber hinaus gibt es methodische Fragen, wie die Erkundung dessen, was heute Dialektik heißen könnte, aber auch den systematischen Anschluss an Hegels Ansatz zu einer Diagnose sozialer Krisen und Fehlentwicklungen. Ich persönlich sehe ja auch (aber das ist wenig populär) in der Hegel’schen Geschichtsphilosophie, der Idee   eines normativ gehaltvollen Verlaufs der Erosion und Transformation sozialer Institutionen einen Ansatz, den man weiterhin bedenken sollte, schon allein deshalb weil es sich hier um eine der wenigen Alternativen zum Relativismus einerseits, dem normativen foundationalism und der Idee einer freistehenden Begründung von Normen andererseits handelt.
 
Gunnar Hindrichs: Sie könnte sich davon verstören lassen, dass ihr Geschäft dem, was Hegels Denken wollte, zuwiderläuft.
 
Was steht für Sie im Zentrum von Hegels Philosophie?
 
 
Günter Zöller: Das Geistige. Auch hier, wie zuvor schon beim „System“, geht es nicht um eine fetischisierte philosophische Vokabel, sondern um den Erkenntnisanspruch eines Denkens, das es nicht beim Nachbuchstabieren des Gegebenen und Gegenwärtigen belässt, sondern das gedanklich durchdringt zu immer größeren, wo möglich unüberbietbar weitreichenden und tiefgreifenden Zusammenhängen – auch gegensätzlicher Art – zwischen scheinbar Verschiedenem. Dabei besteht der geistige Gesamtzusammenhang nicht bloß in der Vereinigung von Vielem, sondern in einem Sinnzusammenhang, der dem Einzelnen und Besonderen allererst eine umfassendere Funktion und allgemeinere Bedeutung zuweist. Solches Geistige gilt es, mit Hegel oder an ihn angelehnt, überall und jederzeit zu entdecken – in Denken wie Sein, in Natur wie Kultur, in Geschichte wie Gegenwart.
 
Gunnar Hindrichs:  Hegels Hauptthese lautet auf die Wirklichkeit des Vernünftigen und die Vernünftigkeit des Wirklichen. Sie besagt, dass nicht alles, was es gibt, wirklich ist, sondern eben nur das, was vernünftig ist, und dass nicht alles, was wir denken, vernünftig ist, sondern nur das, was wirklich ist. Das heißt: eine Vernunft, die die Bedingungen ihrer Wirklichkeit nicht umfasst, ist keine Vernunft, und eine Wirklichkeit, die die Bedingungen ihrer Vernunft nicht erfasst, ist keine Wirklichkeit.
Das dieser radikalen These entsprechende Philosophiekonzept lautet: Philosophie ist ihre Zeit in Gedanken erfasst. Denn die in Gedanken erfasste Zeit ist die in ihrer Vernunft erfasste Wirklichkeit. Philosophie ist darum eine im wörtlichen Sinn aktuelle Vernunft.
 
Marxistinnen können daran anknüpfen und sagen: unsere Wirklichkeit ist unvernünftig, und unsere Vernunft ist unwirklich, und beides widerspricht sowohl dem Begriff der Wirklichkeit als auch dem Begriff der Vernunft. Aber sie zogen daraus den Schluss auf die Verwirklichung der Vernunft und die Vernünftigung der Wirklichkeit: durch eine außerphilosophische Instanz – das revolutionäre Handeln der beherrschten Klasse.
 
Kantianerinnen wiederum können auf Hegel blicken und sagen: das Integral der Vernunft ist eine regulative Idee (Theorie) oder eine kategorische Forderung (Praxis) – die Wirklichkeit hingegen lässt sich nicht integrieren. Aber auf die Wirklichkeit der Vernunft, wie Hegel sie denkt, lässt sich immerhin hoffen, auch wenn diese Hoffnung das Gegebene übersteigt.
 
In beiden Alternativen kommt ein Moment der Transzendenz ins Spiel. Die Wirklichkeit des Vernünftigen und Vernünftigkeit des Wirklichen ist noch nicht da. Diese Transzendenz fehlt dem Hegelschen Grundgedanken.
 
Hegels Philosophie ist – wie alle Alleinheitsphilosophie – eine Philosophie der Immanenz, auch wenn sie das so nie sagen würde. Darum lese ich selber Hegels aktuelle Vernunft immer im Fadenkreuz von Kant und Marx.
 
Rahel Jaeggi: Für meine Arbeit steht die „praktische Philosophie“ Hegels im Zentrum, also die Sittlichkeitslehre. Das würde ich aber nicht verallgemeinern, zumal hier ja bekanntermaßen alles mit allem zusammenhängt.
 
Aber eigentlich ist ja die Bezeichnung „praktische Philosophie“ in Bezug auf Hegel bereits irreführend. Die „praktische Frage“ „Was sollen wir tun?“ wird von ihm ja nie so einfach, als rein normative Frage, gestellt, sondern immer im Zusammenhang mit der Frage, was historisch ist und wie es sich entwickelt hat und im Zusammenhang mit letztendlich sozialtheoretischen (oder sozialontologischen) Fragen. Und auch im Zusammenhang mit dem, was wir wissen können und wie wir auf unsere sozialen Lebensformen zu reflektieren in der Lage sind – also dem, was man heute soziale Epistemologie nennt.
 
Hegels Philosophie, wo sie sich mit den Institutionen des objektiven Geistes befasst, ist also Sozialphilosophie im umfassenden Sinn und als solche in einer Vielzahl von Motiven – von der Kritik des methodischen Individualismus, also einer moderat holistischen Position bis zur Kritik des leeren Sollens maßgeblich. Für meine Überlegungen zur Methode der Sozialkritik ist Hegel insbesondere als Stichwortgeber einer starken, dialektischen, an inhärenten Krisentendenzen und Widersprüchen orientierten Version immanenter Kritik wichtig.
 
Inwiefern ist Hegels Philosophie noch heute eine der tragfähigsten Konzeptionen sozialer und politischer Freiheit?
 
Gunnar Hindrichs: Insofern sie Freiheit immer in der geschichtlich-gesellschaftlichen Welt verwirklicht sehen will. Eine solche Verwirklichung geht über die liberale Zivilgesellschaft einer wechselseitigen Anerkennung weit hinaus. Sie hat mit der Vernunft des Wirklichen zu tun. Ohne ihre metaphysische Ausformulierung kann sie nicht gedacht werden.
 
Rahel Jaeggi: Hegel ist sicherlich der Theoretiker sozialer Freiheit, derjenige der überhaupt erst verstanden hat (und verständlich gemacht hat) inwiefern wir für die Verwirklichung „unserer selbst“ konstitutiv auf soziale Praktiken und Institutionen angewiesen sind. Konstitutiv bedeutet dabei, dass diese Angewiesenheit nicht nur im trivialen instrumentellen Sinne oder im trivial psychologischen Sinne besteht, sondern so, dass schon das was unsere eigenen Interessen sind auf grundsätzliche Weise erst in solchen Kontexten bedeutungsvoll wird und entsteht, dass Interessen  oder Bedürfnisse also gar nicht ein Erstes sind, von dem her Sozialität sich dann konstruieren ließe, sondern in gewissem Maße umgekehrt.
 
Die von Hegel formulierten These sozialer Freiheit ist aber auch deshalb so besonders, weil sie eben nicht nur an so etwas wie eine ursprüngliche Gemeinschaftlichkeit appelliert und auch nicht nur die heute vielfach geäußerte (und manchmal etwas kitschverdächtige) Einsicht, dass wir alle voneinander abhängig und in dieser Abhängigkeit verletzbar sind meint. Überhaupt handelt es sich eben nicht um einen Appell an Tugenden, sondern um eine sozialphilosophische oder sozialtheoretische These, die von den wirklichen faktischen Interdependenzen ausgeht, die sie aber so versteht, dass es dabei um die Abhängigkeitsgeflechte von Menschen in je konkreten historisch und sozial gestalteten Lebensformen, nicht um die Verhältnisse zwischen den Menschen an sich geht. Das gibt der These von der Abhängigkeit und der Anerkennung einen institutionell schärferen Sinn.
 
Günter Zöller:Das ist sie dank der Komplexität und Differenziertheit ihres Freiheitsverständnisses, das Kants Autonomiegedanken ebenso aufnimmt und fortführt wie die Überlegungen Montesquieus zu den gesetzlichen Anforderungen an bürgerliche und politische Freiheit. So gesehen ist der Hegel der praktischen Philosophie – der Rechtsphilosophie, wie man sie etwas missverständlich nennt – die originelle Vereinbarung von Montesquieu und Kant, ganz so wie der Hegel der theoretischen Philosophie die originelle Vereinbarung von Spinoza und Kant darstellt.
 
Doch darf man nicht übersehen und deshalb auch nicht unterschlagen, dass Hegel – bei aller außerordentlichen historischen Bildung und herausragenden politischen Intelligenz – letztlich kein parlamentarischer Demokrat ist (übrigens genauso wenig wie Kant), dass seine Vorstellung von politischer Repräsentation in der vor- und frühmodernen Tradition der Ständevertretung befangen bleibt und dass seine Auffassung von moderner Bürgerlichkeit noch dem korporativen Gesellschaftsdenken im Zeichen von stabiler sozialer Stratifikation verhaftet ist.
 
Festzuhalten ist aber im Hinblick auf Hegels praktische Philosophie, diesseits von deren obsoleten Details, die zivische Verfasstheit von Freiheit: wirklich frei ist der Mensch erst und nur als Bürger und das heißt als Mitbürger – nicht als individuell-possessiver Bourgeois, sondern als solidarisch-selbstverpflichteter Citoyen.
 
Wie steht es mit Hegel im reglementierten Seminarbetrieb? Was nimmt ein Bachelor-Student an Ihrer Universität von Hegel mit?
 
Günter Zöller: Das hängt zu einem guten Teil von der persönlichen Interessenlage und der individuellen Kurswahl unserer Studierenden selbst ab. Obligatorisch ist da nichts, was Hegel angeht. Gelegenheit zum universitären Hegel-Studium gibt es aber immer noch genug, auch in den grundständigen Studiengängen. Im Vordergrund stehen dabei systematische Sachthemen mit spezifischem Bezug auf Teile oder Aspekte einzelner Werke Hegels. Was inzwischen fehlt sind langfristige, semesterübergreifende Lektüre- und Diskussionsveranstaltungen über integrale Werke und ganze Werkreihen, die es ja generell nicht mehr gibt – jedenfalls für unsere Bachelor-Studierenden.
 
Als Lehrende haben wir aber auch die Gelegenheit und die Verantwortung, auf die bleibende Bedeutung und die fortgesetzte Wichtigkeit hinzuweisen, die Hegel, zusammen mit Kant, für das gegenwärtige philosophische Denken zukommt. Eine unumgängliche Vor-aussetzung für die prononcierte Präsenz Hegels in der philosophischen Lehre ist allerdings, das überkommene Lagerdenken zu überwinden, das insbesondere Kant und Hegel gegeneinander ausspielt, statt die beiden zu bündeln und sich gegenseitig erhellen und ergänzen zu lassen.
 
In der jüngeren Vergangenheit haben Lehrveranstaltungen an der LMU München zu Hegel im Bereich des Bachelor-Studiums, von denen es pro Semester immer ein paar gibt, vor allem aus zwei Bereichen gestammt: der Logik, samt deren Kurzversion aus der „Enzyklopädie“, und der Rechtsphilosophie, unter Einschluss der Geschichtsphilosophie. Das entspricht dem allgemein festzustellenden aktuellen doppelten Forschungsinteresse an Hegel als nachkantisch-modernem Metaphysiker und als analytisch-kritischem Diagnostiker der gesellschaftlichen und politischen Moderne. Gegenüber dieser Ausrichtung auf Hegels reife Werke zur theoretischen und zur praktischen Philosophie hat das Lehr- wie Forschungsinteresse an der frühen „Phänomenologie des Geistes“ in jüngerer Zeit eher abgenommen.
 
Gunnar Hindrichs: Genau dasselbe, was wir früher im Grundstudium von ihm mitgenommen haben: Lust aufs Selbstdenken – hoffentlich!
 
Rahel Jaeggi: Um sich im Rahmen unseres BA-Studiums intensiver mit Hegel auseinanderzusetzen, muss man schon sehr gezielt danach suchen - und ob man darauf überhaupt kommt, das hängt dann oft auch von biographischen Zufällen ab.
 
Die Beschäftigung mit Hegel ist an der Humboldt-Universität nicht so zentral, wie es vor allem manche der internationalen Besucher angesichts dessen, dass Hegel an der (damals noch) Berliner Universität seine letzte und wichtigste Wirkungsstätte hatte, vermuten.  In der Einführungsphase wird Hegel in einigen Überblicksveranstaltungen gar nicht erwähnt. Viele Studierende verfolgen ihr Interesse daher in selbstorganisierten Lesezirkeln. Es gibt allerdings glücklicherweise in letzter Zeit einige Kolleg_innen, die sich bemühen, dem entgegenzuwirken und das Angebot zu verbreitern. Und zusammen mit dem Hegel-affineren Programm der Freien Universität, das die interessierten Studierenden auch rege nutzen,  und mit dem es viele Kooperationen gibt, gibt es insgesamt in Berlin dann doch ein gutes Angebot.
In meinem Arbeitsbereich ist Hegel natürlich unumgänglich. Aber da wir alle keine Hegelforscher im eigentlichen Sinne sind, geschieht das dann oft im Zusammenhang mit systematischen Fragen und Themen der Sozialphilosophie. Dabei merkt man dann manchmal schmerzhaft, dass die Studierenden aus der grundständigen Ausbildung nicht das Vorwissen mitbringen, das man bräuchte, um an diesen Fragen direkt anzusetzen.
 
UNSERE AUTOR(INN)EN:
 
Gunnar Hindrichs ist Professor für Geschichte der Philosophie an der Universität Basel. Von ihm ist im Juni erschienen: Zur Kritischen Theorie (267 S., stw 2302, Suhrkamp, Berlin)
 
Rahel Jaeggiist Professorin für Praktische Philosophie an der Humboldt-Universität zu Berlin. Von ihr ist im Februar der Gesprächsband Nancy Fraser, Rahel Jaeggi: Kapitalismus. Ein Gespräch über kritische Theorie (329 S., stw 2307, Suhrkamp, Berlin).
 
Günter Zöllerist Professor für Philosophie an der Universität München. Von ihm ist im März erschienen: Hegels Philosophie. Eine Einführung (128 S., C.H. Beck, München). Siehe dazu den Text auf S. 100.
 
Die Stellungnahmen sind unabhängig voneinander per Email von der Redaktion erhoben worden; die Autor(inn)en hatten keine Kenntnis von den Texten der anderen und nehmen keinen Bezug aufeinander.