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02 2021

Ein Blick zurück. Fragen an Gerhard Ernst, den Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Philosophie

 
 
aus: Heft 2/2021, S. 20-25
 
Herr Ernst, Sie waren nun vier Jahre – bedingt durch Corona ein Jahr länger als vorgesehen – Präsident der Deutschen Gesellschaft für Philosophie. Was hat Sie in diesen Jahren in dieser Funktion am meisten beschäftigt?
 
Gerhard Ernst: Für Präsident:innen der DGPhil dürfte die umfangreichste Aufgabe immer die Vorbereitung des großen Kongresses der DGPhil sein, und so war beziehungsweise ist das auch bei mir. Eine besondere Herausforderung stellt hier natürlich die Corona Pandemie dar, die dazu führte, dass der Kongress zuerst um ein Jahr verschoben werden musste und nun, in Anbetracht der nach wie vor unsicheren Situation, tatsächlich online stattfinden muss. Damit waren und sind erhebliche Umplanungen verbunden. Weiterhin hat mich (wie in dem Interview vor drei Jahren angekündigt) die Frage besonders beschäftigt, wie die Beziehung zwischen akademischer Philosophie und einer breiteren Öffentlichkeit intensiviert werden kann. Im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft, die gemeinsam von der DGPhil und der GAP eingerichtet wurde, haben wir hier eine Website entwickelt, die Anfang März online gegangen ist: https://www.philpublica.de/. In den Beratungen bei den Treffen im erweiterten Vorstand der DGPhil hat zudem die Covid-Herausforderung eine große Rolle gespielt, auch wenn die Handlungsmöglichkeiten einer Fachgesellschaft hier natürlich beschränkt sind.
 
Die Philosophie lebt wie kaum ein zweites Fach vom Gespräch. Nun mussten aber die meisten Kurse im Fernunterricht gehalten werden. Wie haben die philosophischen Institute die Herausforderung durch Covid bewältigt?
 
Gerhard Ernst: Das ist eine Frage, die sich nur durch eine empirische Studie beantworten lassen würde, und auch da wäre gar nicht so klar, welche Faktoren überhaupt zu erheben wären. Hinzu kommt, dass die Herausforderung ja noch nicht abgeschlossen ist, und es denkbar ist, dass es längerfristige Auswirkungen geben wird.
 
Inwiefern hat die DGPhil dabei helfen können?
 
Gerhard Ernst: Wir haben in der DGPhil frühzeitig eine „Co­rona-AG“ eingerichtet, um Rückmeldungen aus der Philosophie zu sammeln und Erfahrungen zusammen zu tragen. Die Ergebnisse haben wir in unseren Mitteilungen veröffentlicht, Nr. 48 und Nr. 49, und damit eine Plattform für den Erfahrungsaustausch geschaffen.
 
Glauben Sie, diese Erfahrungen haben langfristige Wirkungen auf die Lehre?
 
Gerhard Ernst: Das ist schwer zu sagen. Ich selbst habe das online-Lehren vor allem als große Einschränkung empfunden, und das ist umso mehr so, je länger es dauert. Zunächst war man ja vielleicht überrascht davon, wie gut das technisch funktioniert (jedenfalls an der FAU; ich habe auch anderes gehört). Es war auch schön zu sehen, dass – jedenfalls scheinbar – mehr Studierende in den Veranstaltungen da sein konnten. Im Lauf der Zeit wurden die Nachteile in meinen Augen aber immer stärker sichtbar. Vor allem als im Wintersemester die neuen Erstsemesterstudierenden kamen, wur­de klar, wie schwer es für Studierende ist, sich in diesem Rahmen überhaupt an die Universität zu gewöhnen. Eine echte Gemeinschaft von Lernenden und Lehrenden, wie sie für den Erfolg universitärer Lehrveranstaltungen essentiell ist, ist so schwer zu etablieren. Kurz: Was mich selbst angeht, werde ich so schnell wie möglich zur „normalen“ Lehre zurückkehren. 
 
Der große Kongress findet nun vom 5.-9. September 2021 statt. Unterscheidet sich dieser Kongress in der Planung vom eigentlich im vergangenen Jahr geplanten Kongress, oder ist er dessen Neuauflage?
 
Gerhard Ernst: Inhaltlich werden wir im Wesentlichen bei dem Programm bleiben, das für letztes Jahr vorgesehen war und schon fest geplant ist (wobei es auch einige inhaltliche Änderungen geben wird, z. B. in Bezug auf das Forum zu akademischer Lehre). Dadurch, dass wir den Kongress jetzt online durchführen müssen, unterscheidet er sich allerdings organisatorisch ganz erheblich von dem, was wir ursprünglich vorhatten und was schon zum Teil vorbereitet war (und überhaupt von allen früheren DGPhil-Kongressen). Es wird zum Beispiel Änderungen im Programmablauf geben. Die beiden wichtigsten sind: Zum einen werden wir den Kongress um einen Tag verlängern, also bis zum 9. September, um so das Sektionsgeschehen zu entzerren und die Möglichkeit zur Teilnahme an mehr Sitzungen zu schaffen bzw. auch mehr Pausen zu ermöglichen. Zum anderen werden wir die Sektionen und Kolloquien komplett auf den Nachmittag verschieben, so dass insbesondere Gäste aus den USA und Südamerika trotz der Zeitverschiebung gut teilnehmen können. Die eher „innerdeutschen“ Veranstaltungen, also insbesondere die fachpolitischen Foren und die AG-Treffen, legen wir dafür auf die Vormittage. Insgesamt möchten wir den Vorteil, den eine online-Veranstaltung bringt, nämlich die einfachere und kostengünstige Zugänglichkeit, insbesondere auch für viele internationale Gäste, möglichst gut nutzen und die Nachteile, vor allem den erschwerten sozialen Austausch zwischen den Kongressteilnehmer:innen, durch entsprechende zusätzliche Angebote möglichst gut ausgleichen.
 
 
Ein Thema, das in den letzten Jahren in der DGPhil diskutiert wurde, war die schwierige Situation der Privatdozenten und das Problem der zeitlich befristeten Stellen. Was hat sich hier getan?
 
Gerhard Ernst: Was die Frage der zeitlich befristeten Stellen angeht, hatte bereits der alte Vorstand ein Papier zur Stellenumwandlung (befristete in unbefristete) erarbeitet und in Umlauf gebracht. Dieses wurde meiner Wahrnehmung nach vielerorts diskutiert und hat durchaus entsprechende Initiativen angestoßen (so etwa an der FAU). Aber die Umsetzung gestaltet sich schwierig, und das Problem besteht natürlich nach wie vor. (Ein ganzes Heft unserer Mitteilungen, Nr. 41, beschäftigt sich mit dem Thema.) – Über die Situation der Privatdozent:innen haben wir im erweiterten Vorstand öfter gesprochen. Derzeit bereiten wir ein Papier vor, das vor allem die Einrichtung neuer Förderformate für Privatdozent:innen und außerplanmäßige Professor:innen anstoßen soll.
 
Hat eine einzelne Disziplin, hier die Philosophie, in dieser Hinsicht innerhalb der Universität überhaupt Gestaltungsmöglichkeiten?
 
Gerhard Ernst: Jedes Institut hat ja gewisse Spielräume. Das Papier zur Stellenumwandlung hat solche Spielräume aufgezeigt – auch wenn sie dann im konkreten Einzelfall manchmal zu klein sind, um wirklich eine Änderung herbeizuführen. Und als DGPhil haben wir zwar keine direkten Gestaltungsmöglichkeiten. Aber wir können durchaus Entwicklungen anstoßen und zum Nachdenken anregen.
 
Ein anderes virulentes Thema: Frauen sind in akademischen Stellen in der Philosophie unterrepräsentiert. Was hat sich hier in den Jahren Ihrer Präsidentschaft verändert?
 
Gerhard Ernst: Das ist eine empirische Frage, und wir haben zu dem Themenbereich in unseren Mitteilungen mehrfach entsprechende Daten und Kommentare veröffentlicht, etwa in Nr. 48 zur Belastung insbesondere von Wissenschaftlerinnen in der Corona-Pandemie und in Nr. 51 zu den Förderquoten von Frauen in der Philosophie in Deutschland (wozu es demnächst eine Ergänzung von Seiten des Fachkollegiums der DFG geben wird).
Durch diese Informationen versuchen wir,  einen Beitrag dazu zu leisten, das Bewusstsein für Gendergerechtigkeit zu schärfen. Wir setzen das aber auch in der Praxis um, etwa in der Einladungspolitik bei unserem DGPhil-Kongress.
 
Wie die erste Zeile Ihrer ersten Antwort anzeigt, hat die Genderisierung der Sprache auch die DGPhil erreicht. Regt sich dagegen auch Widerstand?
 
Gerhard Ernst: Ich glaube nicht, dass das die DGPhil erst jetzt erreicht hat, sondern schon längst einfach normal ist. Ich habe dazu auch (bis auf eine vereinzelte Mail) keine Rückmeldungen bekommen.
 
Die akademische Philosophie ist Teil der universitären Welt. Inwieweit beeinflussen universitäre Zwänge die Philosophie, und inwieweit kann sie autonom bleiben?
 
Gerhard Ernst: Es gibt ja schon länger eine gewisse Tendenz dazu, dass auch in den Geisteswissenschaften sogenannte „Verbundforschung“ mit Drittmitteleinwerbungen an der Universität besonders gern gesehen sind.     Einerseits kommt das der Philosophie entgegen, da sie potentiell zu vielen Projekten einen guten Beitrag leisten kann. Andererseits führt solche Forschung in meinen Augen häufig von den zentralen philosophischen Fragen eher weg. Das Thema des DGPhil-Kongresses, „Das Wahre, Gute und Schöne“ sollte darum bewusst die Aufmerksamkeit auf die Themen im Zentrum der Philosophie lenken.
 
Die „Deutsche Gesellschaft für Philosophie“ hat den Vorstand im Jahre 2017 erheblich erweitert. Wie hat sich das bewährt?
 
Gerhard Ernst: Aus meiner Sicht hat sich das bestens bewährt: Wir haben bei allen unseren Vorstandssitzungen sehr davon profitiert, nicht nur die „Professor:innen-Perspektive“, sondern die aller Gruppen, insbesondere die der Studierenden, vertreten zu haben.
 
Man klagt, dass junge Leute weniger lesen und wenn, dann nur Papers und nicht ganze Bücher. Welche Folgen hat dieses veränderte Leseverhalten für die philosophische Bildung?
 
Gerhard Ernst: Ist das so? Dass Studierende häufiger am Computer oder gar am Handy Texte konsumieren und weniger Papier in der Hand haben, nehme ich auch so wahr (übrigens geht mir das natürlich genauso). Ob sie weniger lesen, weiß ich nicht. Ich kann jedenfalls nicht feststellen, dass Studierende heute schlechter vorbereitet in Seminarsitzungen kommen als vor 10 oder 20 Jahren.
 
Sie haben im letzten Gespräch die Spezialisierung in der Philosophie damit verteidigt, dass „auch die scheinbaren ‚Spezialistenthemen‘ häufig nur wenige Schritte von Themen entfernt sind, die eigentlich jeden Menschen interessieren (sollten).“ Jürgen Habermas sieht in seinem Spätwerk dadurch die Philosophie zunehmend das verlieren, was ihr Wesen ausmacht, nämlich den Blick auf das Ganze. Wie sehen Sie das?
 
Gerhard Ernst: Dass es eine Aufgabe der Philosophie ist, das Ganze in den Blick zu nehmen, glaube ich auch. Aber ich glaube nicht, dass die Spezialisierung dem unbedingt im Weg steht. Wie ich schon sagte: Ich denke, dass die Spezialfragen der Philosophie oft sehr nahe an den Fragen sind, die das Ganze betreffen. Ich will nur ein Beispiel nennen: Da gibt es eine ganze „Industrie“ in Bezug auf Forschungen über Gründe. Das ist oft wahnsinnig speziell. Aber tritt man einen Schritt zurück, sieht man, dass es da natürlich um die Natur von Gründen für Überzeugungen, Gefühle und Handlungen geht – und damit letztlich um die gesamte rationale Natur des Menschen! Das ist schon ein wichtiger Teil des „Ganzen“. Aber ich gebe zu: Ich wünsche mir bei manchen Vorträgen und Aufsätzen auch, dass der Bezug zu den grundlegenden Fragen der Philosophie deutlicher gemacht würde.
 
Ein wichtiges Thema für Sie ist die Vielfalt der deutschen Philosophie. Wie beurteilen Sie hier die Entwicklung?
 
Gerhard Ernst: Ich denke, dass wir hier nach wie vor in einer sehr guten Situation sind: Meiner Wahrnehmung nach existieren verschiedene Herangehensweisen an philosophische Fragen (weitgehend) friedlich nebeneinander.
 
Ein weiteres wichtiges Thema, sowohl für die Deutsche Gesellschaft für Philosophie als auch für die „Analytische Gesellschaft für Philosophie“, ist das Thema „Philosophie und Öffentlichkeit“. Warum wird dieses Thema jetzt virulent?
 
Gerhard Ernst: Ich glaube nicht, dass das Thema erst jetzt virulent wird, dass aber einer-seits das Interesse der Öffentlichkeit an Philosophie immer weiter wächst und dass andererseits immer mehr universitäre Philosoph:innen die Aufgabe, akademische Philosophie in die Öffentlichkeit zu tragen, wichtig und spannend finden. Und auch die Akzeptanz der Fachkolleg:innen für solche „Öffentlichkeitsarbeit“ wächst immer mehr.
 
Vertritt die „Deutsche Gesellschaft für Philosophie“ nur die an den Universitäten Lehrenden und die Lehrerinnen und Lehrer      oder auch die vielen, die das Fach studiert haben und anderswo arbeiten und weiterhin in der Öffentlichkeit beruflich philosophisch tätig sind – als Philosophische Praktiker, in den Medien, im Philosophischen Café, in der Volkshochschule oder als freiberufliche Autorinnen und Autoren?
 
Gerhard Ernst: Da zitiere ich doch einfach mal aus unserer Satzung: „Es können ihr [der DGPhil] alle, die am deutschen philosophischen Geistesleben teilnehmen, als Mitglieder angehören.“ Und „Zweck des Vereins ist die Förderung von Wissenschaft und Forschung, Bildung und Erziehung.“ Das heißt, dass wir natürlich auch diejenigen vertreten möchten, die sich außerhalb von Universität und Schule für die Philosophie einsetzen.
 
In den Zusammenhang „Philosophie und Öffentlichkeit“ gehört auch die Einladung an populistische Autoren in Siegen. Dieter Schönecker hatte Sie als Präsidenten der DGPhil um Hilfe, dann die „Frankfurter Allgemeine“ Sie um eine Stellungnahme gebeten. Warum haben Sie bzw. die DGPhil geschwiegen?
 
Gerhard Ernst: Wir haben über diesen Vorgang im erweiterten Vorstand der DGPhil ausführlich beraten. Dabei hat sich gezeigt, dass es sehr unterschiedliche Einschätzungen gab – sowohl der konkreten Sachlage als auch der damit verbundenen generellen normativen Fragen. Manche hätten sich vielleicht gewünscht, dass sich die DGPhil öffentlich hinter Herrn Schönecker stellt, andere hingegen dezidiert nicht. Und es ist davon auszugehen, dass diese Meinungsvielfalt repräsentativ für die Mitglieder der DGPhil ist. Wir haben uns darum mit großer Mehrheit dafür entschieden, keine Stellungnahme abzugeben. Stattdessen haben wir uns dem Thema so gewidmet, wie es einer wissenschaftlichen Fachgesellschaft angemessen ist: wissenschaftlich! Zwei Mitglieder des erweiterten Vorstands, Elif Özmen und Michaela Rehm, haben eigens eine Tagung zum Thema „Wissenschaftsfreiheit“ organisiert, bei der auch Dieter Schönecker ausführlich Gelegenheit hatte, seine Position vorzustellen. Und aus dieser Tagung geht eine Publikation hervor, welche die relevante Thematik differenziert beleuchtet. (Leider hat die FAZ niemanden zu der Tagung geschickt und nicht darüber berichtet.) – Eine so große Fachgesellschaft wie die DGPhil ist ein heterogenes Gebilde und sollte deshalb zurückhaltend bei Stellungnahmen zu hoch umstrittenen Fragen sein. Und ich verstehe mein Präsidentenamt auch nicht als Lizenz dazu, mit der Autorität der Fachgesellschaft meine eigene Sichtweise der Dinge vorzutragen.
 
Noch eine letzte Frage. Auf dem Kongress in Erlangen wird die nächste Präsidentin bzw. der nächste Präsident gewählt. Wie wird bei der Auswahl vorgegangen: Melden sich Interessierte, oder kontaktieren Sie potentielle Kandidaten oder Kandidatinnen?
 
Gerhard Ernst: Es steht den Mitgliedern der DGPhil (mit unbefristeter Beschäftigung als Philosophieprofessor:in und möglichst der Infrastruktur, um den großen DGPhil-Kongress auszurichten) offen, für das Amt der Präsidentin bzw. des Präsidenten zu kandidieren. Weiterhin haben wir in Nr. 50 der Mitteilungen zur Kandidatur für den erweiterten Vorstand aufgerufen. Und natürlich haben wir für die verschiedenen Ämter und Positionen auch manche Personen gefragt, ob sie sich eine Kandidatur vorstellen könnten. Eine Vorstellung derer, die sich derzeit zur Wahl stellen, wird es in einer Sonderausgabe der Mitteilungen der DGPhil im Sommer geben.

 

 
Unterrepräsentiertheit der Frauen
 
Seit einigen Jahren wird die mangelnde Vertretung der Frauen in der Philosophie diskutiert. Doch bislang lagen im Unterschied zu den angelsächsischen Ländern für Deutschland keine Zahlen vor. Andrea Klonschinski hat sich nun die Mühe gemacht, die vorliegenden Daten zum Frauenanteil auf den unterschiedlichen Stufen der akademischen Laufbahn von der Einschreibung bis hin zur Professur für die Jahre 2003-2018 aufzubereiten (Klonschinski, Andrea: Frauen in der akademischen Philosophie in Deutschland, Zeitschrift für philosophische Forschung, Heft 4/2020).
In England beginnen jeweils von beiden Geschlechtern annähernd gleich viele das Philosophiestudium, doch liegt der Frauenanteil bereits bei denen, die Philosophie als Hauptfach wählen, bei nur 40%. Unter denjenigen, die promovieren, findet sich nur noch ein Drittel Frauen. Bei den angesehensten und forschungsstärksten Universitäten der USA beträgt der Frauenanteil lediglich 20%. Dabei kristallisieren sich in den angelsächsischen Ländern laut Klonschinski bestimmte Tendenzen heraus:
 
● Je höher der akademische Grad, desto geringer ist der Frauenanteil.
 
● Die Abwendung der Frauen von der akademischen Philosophie findet nicht erst nach dem Master statt und kann daher nicht mit schlechten Berufsaussichten erklärt werden.
 
● Auch hinsichtlich anderer geisteswissenschaftlicher Fächer schneidet die Philosophie schlecht ab.
 
Und was ist mit Deutschland? Die Universitätsphilosophie unterscheidet sich nicht wesentlich von derjenigen der angelsächsischen Länder. Auch hier sinkt der Frauenanteil kontinuierlich mit aufsteigender Karrierestufe. Besonders stark sinkt er ab gleich nach Be-ginn des Studiums: Die meisten Frauen, die das Studium abbrechen, tun dies bereits kurz nach Beginn (während Männer, die das Studium abbrechen, dies eher später tun). Frauen, die abschließen, machen überproportional häufig einen Lehramtsabschluss, während Männer überproportional häufig einen anderen universitären Abschluss anstreben. Frauen haben demnach eher den Schuldienst vor    Augen, Männer eine akademische Karriere.
 
Obwohl Frauen in den letzten Jahren gefördert wurden, zeichnet sich keine Änderung ab, die Zahlen bleiben über die Jahre konstant. Und auch in Deutschland sind die Frauen schwächer als in anderen Geisteswissenschaften vertreten, ihr Anteil gleicht denen in der Mathematik und den Naturwissenschaften. In den angelsächsischen Ländern hat man empirisch untersucht, was der Grund für die Unterrepräsentiertheit der Frau ist. Zum einen kommen Frauen bereits mit der Vorstellung, was ein guter Philosoph sei, an die Universität und können sich von daher weniger mit dem Fach identifizieren. Hinzu kommt ein auf Konfrontation ausgerichteter Diskussionsstil sowie die Abwesenheit weiblicher Rollenmodelle.