EDITIONEN
Salomo Friedlaender/Mynona: | |
Seine Zeitgenossen würdigten ihn noch als tiefen Metaphysiker. Inzwischen ist Salomo Friedlaender (1871-1946), der sich Mynona nannte (rückwärts buchstabiert von „anonym“), in der Philosophie in völlige Vergessenheit geraten. Friedlaender wurde als Sohn eines jüdischen Arztes in Polen geboren, studierte zuerst Medizin, dann Philosophie in München, Berlin und Jena. Er promovierte 1902 bei Otto Liebmann in Berlin und veröffentlichte anschließend populärwissenschaftliche Bücher, darunter Einführungen in die Logik und die Psychologie oder Anthologien zu Jean Paul und Schopenhauer. Gleichzeitig setzte er sich intensiv mit Nietzsche auseinander. 1909 begann er unter den Namen Mynona Grotesken zu veröffentlichen, die ihn bald bekannt machten. Er schrieb zudem Romane, Novellen, Parodien und Gedichte. Dabei ging es ihm darum, die Erinnerung an „das göttliche geheimnisvolle Urbild des echten Lebens“ aufzufrischen. Er schieb in der Folge fünf weitere philosophische Bücher, daneben rund 200 Aufsätze und Rezensionen. 1933 zur Emigration gezwungen, überlebte Friedlaender in Paris den Krieg und starb 1946 in extremer Armut. Seither blieben seine Schriften nur schwer, teils gar nicht zugänglich, mit Ausnahme einiger Grotesken, was ihm die einseitige Charakterisierung als Humoristen einbrachte. Was ihn beschäftigte, war das Verhältnis von Leib und Seele, von Einheit und Vielheit. Dabei entwickelte er die Motive des Polarismus und der Indifferenz. Sein Polarismus unterscheidet sich von dem der Schelling-Schule dadurch, dass das restlos „indifferenzierte“ Subjekt als die polarisierende Instanz selbst gesetzt wird, als eine, nicht-empirische Identität, als Schöpfer aller äußerlichen Differenzen. Von hier ergeben sich die Grundzüge der Philosophie Friedlaenders: a) eine moderne Form des Sokratismus, die radikalen Selbsterkenntnis, b) die absolute Freiheit (Autonomie) als Grundlage einer utopischen politisch-sozialen Harmonie bzw. eines Kosmopolitismus im Sinne Kants, c) ein „Autotheismus“ mit unnachgiebiger Kritik an pessimistischer Weltverneinung und christlichem Kirchenglauben.
Daraufhin begann er sich um eine größere, repräsentative Edition zu kümmern. Mehrere Institutionen und Verlage zeigten zunächst Interesse, scheuten dann aber die Durchführung. 1996 machte Geerken die Bekanntschaft des Philosophen Detlef Thiel, der sich nach anfänglicher Verwunderung über dieses brachliegende Oeuvre für die Idee einer Gesamtausgabe begeisterte. 2005 beschlossen die beiden, eine Gesamtausgabe auf eigene Faust zu beginnen. Dabei wollten sie sich die neue Publikationsweise der „books on demand“ zu nutze machen. Bald stieß ein Dritter zum Team: Anton J. Kuchelmeister, der die Betreuung von Layout und Formatierung übernahm. Die Kooperation der drei erfolgt auf freiwilliger Basis ohne Vertrag. Thiel organisierte eine Zusammenarbeit mit der von Bernd Dörflinger geleiteten Kant-Forschungsstelle der Universität Trier, um eine Anbindung an die akademische Welt zu finden und die Relevanz der Arbeit für die Kant-Forschung zu signalisieren. Um die Kosten für den Druck zu finanzieren, verkaufte Geerken seine Sammlung an das Archiv der Berliner Akademie der Künste – so finanzierte Friedlaender die Ausgabe seiner Werke posthum quasi selbst. Die Ausgabe ist auf insgesamt 30 Bände geplant. Erschienen sind bislang: In Vorbereitung: Band 7/8: Grotesken. Enthält rund 260 Grotesken aus den Jahren 1909 bis 1949. Band 10: Schöpferische Indifferenz. Ca. 550 Seiten. Das Hauptwerk der Berliner Zeit, das maßgeblich von expressionistischen Theorien beeinflusst ist und das seinerseits Benjamin beeinflusst hat. Band 11: Hat Erich Maria Remarque wirklich gelebt? Der Holzweg zurück. Gegen Kurt Tucholsky. Ca. 400 Seiten. „Erich Maria Remarque“ (1929) war Friedlaenders größter Bucherfolg – von den Nazis gelobt, von der Linken verurteilt. Band 12: Julius Robert Mayer. Eine von Rudolf Pannwitz angeregte Auftragsarbeit, Friedlaenders Erstling. Band 13: Der Schöpfer. Phantasie / George Grosz / Tarzaniade. Parodie / Biblioanthropen / Der lachende Hiob. Band 14: Kant für Kinder / Katechismus der Magie / Der Philosoph Ernst Marcus. Ein Mahnruf. Band 15: Das lyrische Werk. Band 16: Graue Magie. Ein Berliner Nachschlüsselroman. Band 17: Das magische Ich. Elemente des kritischen Polarismus. Aus dem Nachlass. Band 18: Ich. Autobiographische Skizze aus dem Nachlass. Band 19: Vernunftgewitter. Brevier nach Ernst Marcus. Aus dem Nachlass. Band 20: Vereinzelte Bemerkungen zum System des magischen Ich. Aus dem Nachlass. Band 21: Ich Heliozentrum. Das Experiment Mensch. Interregnum und Entscheidung. Aus dem Nachlass. Band 22: Philosophische Abhandlungen und Kritiken. Aus dem Nachlass. Band 23: Lehrbücher (aus dem Nachlass) Band 24: Fragmente und Tagebücher Band 25-28: Briefwechsel Band 29: Anekdoten / Ikonographie Band 30: Bibliographie. Die Bände können über www.bod.de und www.hartmutgeerken bestellt werden. Diese Darstellung folgt dem Text Thiel, Detlev: Philosophie im literarischen Vollzug. Ein neues Editionsprojekt, in: Synthesis Philosophica, 2/2007. NEUAUSGABEN Eine Werkausgabe von Hans Kelsen hat der Verlag Mohr Siebeck angekündigt. Herausgegeben wird sie von Matthias Jestaedt in Kooperation mit dem Hans Kelsen-Institut. Veröffentlicht werden neben den knapp 18'000 Seiten an publizierten Werken die bislang noch nicht publizierten Werke aus Kelsens Nachlass. Die Bände folgen der Chronologie der Erstveröffentlichung bzw. der Entstehung der Schriften. Allein für die veröffentlichten Schriften sind 29 Bände geplant. Als erstes ist erschienen: Hans Kelsen, Werke. Band 1, Veröffentlichte Schriften 1905-1910 und Selbstzeugnisse, X, 720 S., Ln., € 149.—, in der Subskription € 129.—
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