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Die Mediensoziologie ist der Zweig der Soziologie, der sich mit den Medien, ihrer Geschichte und ihrem Einfluss (insbesondere auf Politik und Wirtschaft) befasst, und zwar sowohl mit dem, was sie vermitteln (Inhalte), als auch mit dem, was sie tun (Medium).

Theoretischer Ansatz

Ursprünglich als homogene Einheit definiert, ist der Begriff des Mediums de facto pluralistisch. Tatsächlich existieren verschiedene Medien wie die folgenden Beispiele zeigen:

Tocqueville und die Rolle der Presse

In seinem Werk "Über die Demokratie in Amerika" (Band 1, 1835) greift Alexis de Tocqueville in seiner Untersuchung der modernen demokratischen Bewegungen in der amerikanischen Gesellschaft das Thema Presse auf. So definiert er die Bedeutung der Medien, da er der Ansicht ist, dass es ohne freie Meinungsäußerung keine Demokratie gibt. Tocqueville definiert die Rollen der Presse als dreifach:

Die Medien werden somit als Heilmittel gegen die negativen Auswirkungen der Demokratie und insbesondere gegen den Individualismus gesehen. Sie wären also Garanten für Freiheiten, Sicherheit und eine Form von politischem Bewusstsein. Diese Ansicht Tocquevilles, dass es eine starke Verbindung zwischen Demokratie und Presse gibt, ist jedoch nicht unumstritten.

Le Bon und die Psychologie der Massen

Gustave Le Bon setzt in seinem Buch "Psychologie der Massen (1895; im französischen Original "Psychologie des foules") sowohl mit den Themenkreisen Konformität, Entfremdung, Gemeinschaftsbildung und Führung auseinander als auch mit der Masse als empirischer Tatsache. Er vertritt die Auffassung, dass der Einzelne, auch der Angehörige einer Hochkultur, unter bestimmten Umständen in der Masse seine Kritikfähigkeit verliert und sich affektiv, zum Teil primitiv-barbarisch, verhält.

Zudem bekennt sich der Autor zur zentralen Rolle des Unbewussten beim Handeln des Menschen, das der für den Menschen noch relativ neuen Vernunft in ihrer Wirkkraft weit überlegen sei.

Er vertritt auch die Idee, dass es zwei Kategorien von Menschen gibt: „höhere“ Wesen, Lügner, die in der Lage sind, andere zu manipulieren, und „niedere“ Wesen mit leichtgläubigem und beeinflussbarem Charakter. So entstehen seiner Meinung nach Ideen durch Nachahmung und verbreiten sich durch Ansteckung. Diese Menschenmassen stellen somit eine Bremse für die Entwicklung der Gesellschaft dar.

Der Sozialpsychologe Gabriel Tarde führt seinerseits den Begriff des Publikums ein (siehe auch seine "Gesetze der Nachahmung" (1890)), d.h. eine rein geistige Gemeinschaft, als eine Verbreitung von physisch getrennten Individuen, deren Zusammenhalt ganz geistig ist.
Seiner Meinung nach gehört man also nicht nur einer Menge, sondern mehreren Öffentlichkeiten an. Tarde ergänzt Le Bons Ausführungen, indem er sagt, dass die Presse keine Meinungen schafft: Sie ermöglicht es lediglich, sie zu aktivieren, es handelt sich eher um ein Mittel, um bereits bestehende Meinungen zu bestätigen.

Eine empirische Theorie durch Lazarsfeld

Paul Lazarsfelds Theorie der Mediensoziologie ist stärker auf empirische Erhebungen ausgerichtet, wobei seine Hauptthese lautet, dass die Medien keine Meinungen schaffen. In dieser Hinsicht schließt er sich Gabriel Tarde an. Im Gegensatz zu diesem ist er jedoch der Ansicht, dass das Umfeld, insbesondere das soziale Umfeld, ein wichtiger Faktor ist.

So entwickelte er in seinem Buch "Personal influence. The part played by people in the flow of mass communications." (1955) in Zusammenarbeit mit Elihu Katz eine erste Untersuchung, deren Ziel es war, die Auswirkungen der Medien auf die politische Stimmabgabe zu messen. Die Ergebnisse lassen ihn zu dem Schluss kommen, dass die Massenkommunikationsmittel nur einen geringen Einfluss auf das Individuum haben. Er wird hauptsächlich durch soziale Faktoren (Peer-Groups, Familien, (Internet)-Bubble, etc.) beeinflusst. Man spricht in diesem Zusammenhang von „politischer Prädisposition“.

Andererseits fährt er mit einer zweiten Umfrage fort, die sich mit Meinungsführern befassen wird und bei der er eine Reihe von Merkmalen festhalten kann. Seiner Meinung nach muss ein Meinungsführer nämlich Vertrauen erwecken, die Werte der Gruppe verkörpern, informiert sein und über ein Netzwerk verfügen. Somit sind die Auswirkungen der Medien eindeutig begrenzt und indirekt. Ihm schloss sich später Elisabeth Noelle-Neumann an, die in ihrer Theorie der Schweigespirale feststellte: „Der Widerstand gegen die Medien ist umso größer, je allmächtiger man sie hält [...] umgekehrt setzt man ihnen kein Gegengift entgegen, wenn man sie sich völlig harmlos vorstellt.“

Trotz der Berücksichtigung des sozialen Kontexts bleibt dieses Modell jedoch linear, da es davon ausgeht, dass jede gesendete Botschaft aufgenommen und verstanden wird.

Die Frankfurter Schule

Paul Lazarsfeld stand lange Zeit in Opposition zu den Mitgliedern der Frankfurter Schule, deren Hauptdenker Theodor W. Adorno, Max Horkheimer sowie Jürgen Habermas die Grundzüge einer kritischen Sicht der Massenkultur definierten und in diese Massen- und Ramschkultur auch die Medien einschlossen, die eine begrenzte, aber ideologische Rolle spielten. Tatsächlich markieren sie einen Gegensatz zwischen einerseits einer standardisierten, kommerziellen Massenkultur, die auf Produktion und nicht auf Kreation beruht und deren Ziel das Profitstreben ist. Und auf der anderen Seite eine sogenannte „aufklärerische“ Kultur, deren Ziel es ist, zu bilden, die Welt zu verstehen und die Gesellschaft kritisch zu betrachten. So stellen die Medien, die zur Massenkultur gehören, nach Ansicht der Frankfurter Inhalte her, um zu unterhalten und nicht, um zu informieren oder zu bilden. Die Medien werden daher von ihnen als entfremdend für die Menschen angesehen, sie sind „neue Kräfte, die sie manipulieren“.

Doch trotz dieses entfremdenden Aspekts, der den Medien zugestanden wird, bleiben sie dennoch eine öffentliche Gegenmacht, d. h. ein Mittel, um sich von sozialen Zwängen und Druck zu befreien.

So sind Massenkultur und Hochkultur zwar unterschiedlich, aber keine Gegensätze, denn beide ermöglichen die Herstellung sozialer Bindungen. Ebenso sind die Medien kein Vektor, sondern eine Industrie, wie die Frankfurter definiert haben, d. h. sie gehören zur Kulturindustrie, deren Inhalt einer kapitalistischen Logik unterliegt.

Demokratisierung der Medien

Mit dem Aufkommen des Internets ist das Senden von Nachrichten nicht mehr das Privileg großer Industriekonzerne: Jeder, der einen Computer oder ein einfaches internetfähiges Mobiltelefon besitzt, kann sein eigenes Medium kreieren. Darüber hinaus werden Blogs und soziale Netzwerke mittlerweile häufiger konsultiert als die traditionelle (Mainstream-)Presse. Die Grenze zwischen Mediensendern und -empfängern wird also tendenziell durchlässiger, was zur Folge hat, dass die Frage der Propaganda nicht nur in bipolaren Begriffen (Herrscher/Beherrschte) überdacht werden muss. Die Theoretiker des Post-Truth-Zeitalters schlagen ein neues Raster für die Interpretation der Medienaktivität vor.

Medienkritik

Medienkritik ist ein vielgestaltiger Begriff, über dessen Definition kein Konsens herrscht. Sie umfasst alle Analysen oder Kommentare, die sich auf die Funktionsweise der Massenmedien beziehen: die Art und Weise, wie sie Informationen verarbeiten, die Haltung der Pressechefs und Journalisten (Sender) und der Öffentlichkeit (Empfänger).

Sie konzentriert sich auf die Funktionsweise der großen Presseorgane und betrachtet diese als eine der Säulen des kapitalistischen Systems. Sie basiert im Wesentlichen auf einem Raster, das 1988 von den Amerikanern Edward Herman und Noam Chomsky in ihrem Buch "Manufacturing Consent: The Political Economy of the Mass Media" entwickelt wurde.

Geschichte

Die Mediensoziologie ist ein Teilgebiet der Soziologie, die selbst eine „Geisteswissenschaft“ ist, d. h. eine Art, die Welt zu betrachten, die sich aus der Philosophie entwickelt hat, sich aber die Aufgabe gestellt hat, die Wechselbeziehungen zwischen Individuen und Gruppen zu analysieren.

Wie die meisten Geisteswissenschaften entstand auch die Soziologie in Europa an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert, als Europa unter dem Einfluss der industriellen Revolution stark urbanisiert wurde und man begann, große „Gruppen“ als „Massen“ zu bezeichnen, und die Presse (damals ausschließlich Printmedien) als ein Mittel erschien, mit dem die herrschende Klasse (die Bourgeoisie) ihre Ansichten der gesamten Gesellschaft aufzwingen konnte.

Die Mediensoziologie und die Medienkritik (mit der sie oft verwechselt wird) entstanden nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Medien ihre Trägermedien diversifizierten, das Radio und das Fernsehen in den Haushalten Fuß fassten und als Massenmedien angesehen wurden.

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wurde die Mediensoziologie um die Untersuchung der Medien erweitert, die mit dem Internet entstanden sind, insbesondere Blogs und soziale Netzwerke, die nun häufiger konsultiert werden als die traditionelle Presse (Mainstream), und die sich vor allem dadurch auszeichnen, dass die Grenze zwischen Mediensendern und -empfängern immer poröser wird, was dazu führt, dass die Frage der Propaganda anders als in bipolaren Begriffen (Herrscher/Beherrschte) überdacht werden muss. Als Reaktion auf die Informationsüberlastung untersucht die Soziologie Anfang der 2000er Jahre auch eine neue journalistische Bewegung, die Slow Media (Stichwort: Ent-Schleunigung).

Fazit

Grundlage für die Forschung ist die systematische Untersuchung von Informationsumgebungen - d. h. von sozialen und symbolischen Universen, in denen Zeichen, Bilder und Botschaften zirkulieren und ausgetauscht werden -, die die privilegierte Rolle der Medien bei der Gestaltung kultureller Formen in diesen Umgebungen hervorhebt .

Eine wichtige Rolle nimmt auch die Idee der Manipulation der Menschen durch die Medien ein, indem diese mit ihren Trieben spielen, was in unserer modernen Gesellschaft dank der sich entwickelnden Massenmedien leicht geworden ist.

Es ist jedoch wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Theorien der Massenpsychologie in erster Linie Postulate sind, die auf keiner empirischen Untersuchung beruhen. Die Idee, dass die Medien einen Einfluss auf die Massen haben, wurde also nicht gemessen, es handelt sich um Ableitungen, die den sozialen Kontext nicht berücksichtigen und davon ausgehen, dass jede ausgesendete Botschaft notwendigerweise empfangen und verstanden wird.

Literatur