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Eine Verschwörungstheorie ist eine Erklärung (Hypothese) für ein Ereignis oder eine Situation, deren Ursache einer Verschwörung durch meist mächtige und "finstere" Gruppen zugeordnet wird obgleich andere Erklärungen wahrscheinlicher sind.

Als "Verschwörung" wird dabei das zielgerichtete, manipulative und konspirative Wirken einer meist kleinen Gruppe von Akteuren zu einem oftmals illegalen oder illegitimen Zweck betrachtet.
Die Attraktivität einer Verschwörungstheorie beruht häufig auf Vorurteilen, emotionaler Überzeugung sowie selektiver Verwendung bzw. Gewichtung von "Beweisen".

Eine Verschwörungstheorie unterscheidet sich von einer Verschwörung (Komplott); sie bezieht sich auf eine "angenommene Verschwörung". Der Begriff kann auch pejorativ verwendet werden.

Etymologie

Das Begriff „Verschwörung“ leitet sich vom lateinischen Wort „conspirare“ ab und bedeutet, dass zwei oder mehr Personen zusammenarbeiten, um einen geheimen Plan auszuführen.

Das Wort "conspiratio" lässt es sich jedoch auch mit "Einigkeit" und "Übereinstimmung" übersetzen. Es stammt von "conspiro" ab, welches zwar "Verschwörung" im modernen Sinne bedeutet, aber auch "ich singe im Einklang" übersetzt werden kann. Denn das Präfix con- bedeutet "mit" oder "zusammen", und spiro "ich atme", was wörtlich "ich atme zusammen mit anderen" ergibt.

Merkmale

Eine allgemeine anerkannte Definition existiert nicht. Die wichtigsten Merkmale (ebenfalls heftig diskutiert) einer Verschwörungstheorie sind:

Eine Verschwörungstheorie ist mehr als ein Verdacht oder Glaube an die Existenz einer bestimmten Verschwörung – sie konstruiert eine Theorie bzw. eine Reihung von Ideen, Hypothesen und Erklärungen, die miteinander verknüpft sind und deren Akzeptanz von den Anhängern schon fast dogmatisch gefordert wird.

Es gibt viele verschiedene Verschwörungstheorien, wie zum Beispiel die Verschwörungstheorien über die Mondlandung und die Umstände des Kennedy-Attentats in den 1960er Jahren. Viele Verschwörungstheorien behaupten auch, dass wichtige Ereignisse der Weltgeschichte durch Verschwörer hinter den Kulissen erklärt werden die politische Ereignisse manipulieren und orchestrieren. Ein Beispiel ist die Theorie, dass die Illuminaten, die Tempelritter und die Freimaurer die "Strippenzieher" hinter der Französischen Revolution waren.

Einordnung

"Auf die Frage, was das denn für Leute seien, die an Verschwörungstheorien glaubten, antwortete der Moderator und Meteorologe Jörg Kachelmann: „Generell solche, […] die nicht die hellsten Kerzen auf der Torte sind, die nicht die knusprigsten Chips in der Tüte sind, […] die nicht alle Latten am Zaun haben“ (vgl. [20]). Solche Erklärungen sowie Titel von öffentlich-rechtlichen Sendungen wie etwa „Verschwörungstheorien – darum sind sie so gefährlich“ oder „Leben im Wahn“ machen deutlich, dass Verschwörungstheorien in der medialen Öffentlichkeit prinzipiell keinen guten Stand haben."

"Ganz ähnlich ist es auch im größten Teil der interdisziplinären Forschung zum Thema. Die meisten Wissenschaftler:innen scheinen – wie etwa der Kulturwissenschaftler Michael Butter – „der festen Überzeugung [zu sein], dass Verschwörungstheorien einem adäquaten Verständnis der Wirklichkeit im Wege stehen“. ([15], S. 255)"

"Umso erstaunlicher ist es, dass die Philosophie in der Frage, ob Verschwörungstheorien grundsätzlich abgelehnt werden sollten, gespalten ist. Es lassen sich zunächst zwei Tendenzen beobachten, die sich unvereinbar gegenüberstehen und die sich in Anlehnung an den Soziologen Oliver Kuhn als „repressivistisch“ bzw. „permissibilistisch“ bezeichnen lassen (vgl. [17]) Repressivistische Positionen behaupten, dass Verschwörungstheorien grundsätzlich abgelehnt werden sollten, da sie nicht oder schlecht gerechtfertigt seien. Permissibilistische Positionen behaupten dagegen, dass nicht alle Verschwörungstheorien ihren schlechten Ruf verdienten. Dass eine Theorie oder Erklärung eine Verschwörungstheorie sei, habe diesen Positionen zufolge nichts mit der Frage zu tun, ob sie gerechtfertigt sei. Vielmehr müsse man jede einzelne Theorie unabhängig von ihrem Status als Verschwörungstheorie prüfen."

Quelle: Daniel Minkin: "Über die Schwierigkeit der Philosophie mit den Verschwörungstheorien"; Zeitschrift "Information Philosophie": Heft 2/2022, S. 44-56

Geschichte

Der Philosoph Karl Popper beschrieb das zentrale Problem von Verschwörungstheorien als eine Form des fundamentalen Zuschreibungsfehlers, bei dem jedes Ereignis im Allgemeinen als absichtlich und geplant wahrgenommen wird, wobei die Auswirkungen von Zufälligkeiten und unbeabsichtigten Folgen stark unterschätzt werden.
Popper verwendete den Begriff, anders als er heute genutzt wird, im Sinne des Kritischen Rationalismus und bezog in mehr auf allgemeine Gesellschaftliche Zustände, als auf spezifische Ereignisse.

In seinem Buch "Die offene Gesellschaft und ihre Feinde" (1945) verwendete er den Begriff "Verschwörungstheorie der Gesellschaft", um die Idee zu bezeichnen, dass soziale Phänomene wie "Krieg, Arbeitslosigkeit, Armut, Mangel ... das Ergebnis einer direkten Planung durch einige mächtige Individuen und Gruppen sind"
Popper argumentierte, dass der Totalitarismus auf Verschwörungstheorien beruhe, die sich auf imaginäre Verschwörungen stützten, die durch paranoide Szenarien auf der Grundlage von Stammesdenken, Chauvinismus oder Rassismus angetrieben würden. Er stellte auch fest, dass die Verschwörer ihr Ziel nur sehr selten erreichten.

Historisch gesehen hatten reale Verschwörungen in der Regel nur geringe Auswirkungen auf die Geschichte und oft unvorhersehbare Folgen für die Verschwörer.

Bibliographie