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Die Dialektik von Herrschaft und Knechtschaft bezieht sich auf ein berühmtes Kapitel in Hegels „Phänomenologie des Geistes“ (1807), in der der Philosoph die wesentliche Instabilität der Herrschaftsbeziehung beleuchtet.

Zusammenfassung

Das gleichnamige Kapitel gilt als ein Schlüsselelement in Hegels philosophischem System und hat viele spätere Philosophen stark beeinflusst.

Es beschreibt in narrativer Form die Entwicklung des Selbstbewusstseins als solches in einer Begegnung zwischen zwei unterschiedlichen, selbstbewussten Wesen, die dadurch (d. h. erst durch diese Begegnung) entstehen. Das Wesen der Dialektik ist die Bewegung des Erkennens, in der sich die beiden Selbstbewusstseine dadurch konstituieren, dass das eine vom anderen als selbstbewusst erkannt wird. Diese Bewegung, die unerbittlich auf die Spitze getrieben wird, nimmt die Form eines „Kampfes auf Leben und Tod“ an, in dem der eine den anderen beherrscht, nur um festzustellen, dass diese Herrschaft die Anerkennung, die er angestrebt hatte, unmöglich macht, da der Gefesselte in diesem Zustand nicht frei ist, sie anzubieten.

Hegel entwickelt in diesem asymmetrischen Anerkennungsverhältnis zwischen Herr und Knecht die symmetrische Anerkennungsphilosophie Fichtes kritisch weiter und wurde so zum einflussreichen Vorläufer des dialektischen Materialismus. Nachfolgend wurde dies bei der hegelschen Linken zum historischen Materialismus und zum wissenschaftlichen Sozialismus weiterentwickelt.

Konzept

Hegel definiert den Knecht als denjenigen, der durch seine Arbeit die Natur umgestaltet. Er bemerkt, dass er durch seine Arbeit Zugang zum Objekt in seiner aktiven Seite erhält. Der Herr, der seinerseits nicht arbeitet, sondern verwirklichen lässt, lebt unmittelbar im Genuss des verbrauchbaren Objekts: Er kennt nur dessen passive Seite. Es zeigt sich, dass der Knecht, der an der Umgestaltung der menschlichen Welt arbeitet (realisiert), sich selbst umgestaltet und dazu kommt, seine Autonomie von der natürlichen Welt in seiner menschlichen Umgestaltung der Welt zu behaupten, während der Herr sich seiner Welt fremd wird, die er in der Anerkennung, die der Knecht ihr verleiht, nicht mehr erkennt.

So kann der Knecht, indem er sich auf das Produkt seiner Arbeit stützt, das Herrschaftsverhältnis umkehren und sich in der Vollendung der menschlichen Welt wiederfinden: der Gleichheit. Die Dialektik von Herr und Knecht beruht auf der paradoxen These, dass die entfremdete Arbeit des Knechtes der Weg zu seiner Befreiung ist. Es ist für den Herrn notwendig, den anderen (den Knecht) zu erkennen, wenn er sich selbst erkennen will.

Der Konflikt ist dem menschlichen Dasein (Conditio humana) inhärent. Hegel sagt übrigens von der Geburt eines Kindes, dass sie „der Tod der Eltern“ ist.

Wenn zwei Menschen angespannte Beziehungen unterhalten, wird es also zu einem Konflikt kommen, und einer der beiden wird, indem er bereit ist, Risiken einzugehen, zum Herrscher werden: „Das Leben ist das wert, was wir in der Lage sind, für es zu riskieren.“ Die Freiheit ergibt sich aus dem Akt der Befreiung selbst: Wer nicht bereit ist, sein Leben zu riskieren, riskiert sehr wohl die Knechtschaft. Sobald der Einzelne jedoch Herr geworden ist, wird er passiv/inaktiv. Es ist sein Sklave, der arbeitet und sich selbst verwirklicht. So wird der Herr von der Arbeit seines Sklaven abhängig. Er wird zum Sklaven seines Sklaven, denn Freiheit erreicht man durch Arbeit.

Anerkennung

Einen ersten Versuch der Systematisierung des Anerkennungsbegriffes leistete Johann Gottlieb Fichte in seiner Grundlage des Naturrechts (1796).

„Im wechselseitigen Auffordern zu freiem Handeln und im Begrenzen der eigenen Handlungssphäre zugunsten des Anderen bildet sich sowohl individuelles wie gemeinsames Bewusstsein – eines ist nicht ohne das andere.“

Darauf aufbauend entwickelte Georg Wilhelm Friedrich Hegel 1802–1807 in seinen frühen Schriften in Jena ein theoretisches System, in dessen Zentrum ein Anerkennungsbegriff stand. Bei Fichte und Hegel ersetzt die Anerkennung gewissermaßen den Gesellschaftsvertrag als Grundlage von Recht und Staat.

In der Theorie und Terminologie von Gottlob Frege ist das Urteilen die Anerkennung des Wahrheitswertes eines Gedankens.

Das Anerkennungsprinzip Hegels wurde 1968 von Jürgen Habermas wieder aufgegriffen. Habermas wies auf seine Aktualität hin und betonte die Vorteile des Konzeptes der Anerkennung gegenüber Problemen der Theorien von Immanuel Kant oder Karl Marx: Bei Kant fehle in der Klärung moralischer Fragen die zwischenmenschliche Interaktion und damit tatsächliche Intersubjektivität. Marx hingegen reduziere Interaktion auf Arbeit. Hegel habe mit der Anerkennung hingegen richtigerweise Interaktion und Arbeit auseinandergehalten.