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Platon war ein begnadeter Stilist und sein Werk zählt unbestritten zu den Höhepunkten der Weltliteratur. Alle Werke Platons (428 - 348 v. Chr.) mit Ausnahme der Briefe und der Apologie sind nicht – wie damals das meiste philosophische Schrifttum – als Lehrgedichte oder Traktate, sondern in Dialogform geschrieben.

Inhalt

Das Corpus Platonicum besteht aus der Apologie seines Lehrers Sokrates (469 - 399 v. Chr.), den Dialogen, einer Sammlung von 13 Briefen sowie einer Sammlung von Definitionen, den Horoi. Außerhalb des Corpus überliefert sind eine Sammlung von Dihairesen, zwei weitere Briefe, 32 Epigramme und ein Gedichtfragment (7 Hexameter); mit Ausnahme eines Teils der Gedichte stammen diese Werke sicher nicht von Platon.

Tetralogien

Wohl schon im 1. Jahrhundert v. Chr., spätestens ab dem 1. Jahrhundert n. Chr. wurden die Werke des Philosophen Platon in 9 Tetralogien (Vierergruppen) eingeteilt: also 36 Werke, nämlich 34 Dialoge, die Apologie und die Briefsammlung.
Dieses traditionelle Einteilung wurde nach inhaltlichen Gesichtspunkten durchgeführt; dabei ging es den antiken Platonikern (u.a. die Philologen der Alexandrinischen Schule) hauptsächlich um die didaktisch-pädagogische Frage, in welcher Reihenfolge ein Student die Schriften lesen sollte.

  1. Euthyphron; Apologie; Kriton; Phaidon.
  2. Kratylos; Theaitetos; Sophistes; Politikos.
  3. Parmenides; Philebos; Symposion; Phaidros.
  4. Alkibiades I; Alkibiades II; Hipparchos; Amatores.
  5. Theages; Charmides; Laches; Lysis.
  6. Euthydemos; Protagoras; Gorgias; Menon.
  7. Hippias maior; Hippias minor; Ion; Menexenos.
  8. Kleitophon; Politeia; Timaios; Kritias.
  9. Minos; Nomoi; Epinomis; Briefe.

Die Liste enthält auch die Werke von zweifelhafter Echtheit sowie die wahrscheinlich gefälschten Briefe (Epistel, s.u.). Die recht sicher als echt eingestuften Werke sind hervorgehoben.

Nach diesen Tetralogien folgt ein Anhang mit Werken, deren Echtheit bereits in der Antike umstritten war: Definitionen (Horoi), Epigramme, Über Gerechtigkeit, Über Tugend, Demodocus, Sisyphos, Halkyon, Eryxias, Axiochus.

Echtheit

Der heutige, von der Mehrheit der Gelehrten akzeptierte Forschungsstand in der Echtheitsfrage der 36 Werke, aus denen die Tetralogien bestehen, ist folgender:

Von den 13 Briefen sind alle außer dem Dritten, Sechsten, Siebten und Achten sicher unecht; der Siebte Brief wird überwiegend als echt akzeptiert, die drei übrigen sind umstritten.

Chronologie

Niemand kennt die genaue Reihenfolge, in der Platons Dialoge geschrieben wurden, noch das Ausmaß, in dem einige von ihnen später überarbeitet und neu geschrieben worden sein könnten. Platons Werk entstand über einen Zeitraum von etwa 50 Jahren.

Durch die Analyse von Platons Wortschatz, Stilistik und Diktion sowie der internen und externen Bezüge in seinem Werk ist es den Altphilologen gelungen, sein Werk in eine frühe, mittlere und späte Periode zu unterteilen und so eine Entwicklung seines Denkens aufzuzeigen.

Frühwerke

Die frühen Dialoge zeichnen sich durch eine starke Ähnlichkeit mit dem Fragestil des Sokrates aus. Viele der Dialoge enden aber auch in einer Aporie (he aporía ‚die Ratlosigkeit‘, eigentlich ‚Ausweglosigkeit‘, ‚Weglosigkeit‘) - führen also zu keinem Ergebnis. Dies gilt insbesondere für die Diskussionen mit den Sophisten. Platon stellt diese „Erzieher der Jugend“ in einem eher negativen Licht dar, da er deren "Weltanschauung" für das Todesurteil über Sokrates für wesentlich hält.

  1. Apologie (Verteidigungsrede des Sokrates)
  2. Kriton (Über die Pflicht der Bürger)
  3. Euthyphron (Über die Frömmigkeit)
  4. Ion (Aus der Ilias)
  5. Protagoras (Von den Sophisten)
  6. Laches (Mut)
  7. Menon (Über die Tugend)
  8. Gorgias (Über Rhetorik)
  9. Euthydemos (Über die Eristik (Streitgespräch))
  10. Lysis (Über Freundschaft)
  11. Menexenos (Über die Trauerrede)
  12. Symposion (Über Eros)
  13. Kratylos (Über die Sprache)
  14. Phaidon (Über die Seele)
  15. Charmides (Über moralische Weisheit)
  16. Hippias minor (falls echt; über die Wahrheit)

Mittlere Zeit (Klassiker)

Es sind die Werke aus dieser Zeit, die am bekanntesten geworden sind, zum einen, weil sich unter den Dialogen dieser Zeit literarische Evergreens finden, und zum anderen, weil in dieser Zeit Platons berühmte metaphysische Ansichten (u.a. die Ideenlehre) Gestalt annehmen.

  1. Politeia (Über Gerechtigkeit, den idealen Staat)
  2. Phaidros (Über die Seele)
  3. Parmenides (Über Ideen)
  4. Theaitetos (Über die Wissenschaft)

Späte Werke

Platons Werk aus dieser Zeit ist weniger erhaben, idealistisch und gleichzeitig weniger „literarisch“ und mehr „streng philosophisch“. Die Dialoge sind nun viel weniger ausgefeilte Szenen, sondern tendieren eher zu flachen Texten. Dabei gibt es in manchen Fällen kaum noch einen 'Dialog' zwischen Personen. Seine 'Metaphysik' und auch die sokratische Methode spielen eine weniger prominente Rolle.

  1. Nomoi (Über Gesetze)
  2. Philebos (Über das Vergnügen)
  3. Sophistes (Über das Sein)
  4. Politikos (Über den Staatsmann)
  5. Timaios (Über den Kosmos)
  6. Kritias (Über die ideale Stadt (Utopie/Atlantis))

In der Frührenaissance wurden die griechische Sprache und damit auch die Texte Platons durch byzantinische Gelehrte wieder in Westeuropa eingeführt. Die 1578 von Henricus Stephanus (Henri Estienne) in Genf veröffentlichte Ausgabe von Platons Gesamtwerk enthielt auch eine parallele lateinische Übersetzung und einen laufenden Kommentar von Joannes Serranus (Jean de Serres). Mit dieser Ausgabe wurde die Standard-Paginierung von Stephanus eingeführt, die noch heute verwendet wird.

Ab 1804 publizierte Friedrich Schleiermacher seine durch Friedrich Schlegel angeregte fünfbändige Übersetzung der Werke Platons ins Deutsche, die besonders durch die Einleitungen zu den Dialogen Epoche machte. Sie prägte die Platondeutung, die ausschließlich die Dialoge in den Mittelpunkt der Interpretation von Platons Philosophie stellte.

Die moderne englische Standard-Gesamtausgabe "Plato: Complete Works." (1997; Hackett Publishing) wurde von John M. Cooper herausgegeben.

Bekannteste Werke

Obwohl Platon in seinen Texten immer wieder Skepsis gegenüber dem Wert des geschriebenen Wortes äußert, sind seine Dialoge in einer eleganten und kultivierten Sprache verfasst. Platon sprach nie in seinem eigenen Namen, sondern ließ in inszenierten Dialogen stets andere Personen auftreten. Es ist davon auszugehen, dass die hier von Sokrates (der selber keine Schriften verfasst hat) geäußerten Ansichten teilweise mit denen von Platon selbst übereinstimmen. Die anderen Charaktere variieren, sind aber oft reale Personen, die im Athen seiner Zeit bekannt waren.

  1. Phaidon (Name eines Schülers von Sokrates)
  2. Phaidros (Name eines Freundes von Sokrates)
  3. Gorgias (der berühmte Redner Gorgias von Leontinoi)
  4. Politeia (= „Der Staat; die Stadt“)
  5. Apologie (= „Verteidigung, Rechtfertigung“)
  6. Symposium (= „gemeinsames, geselliges Trinken“)
  7. Theaitetos (griechischer Mathematiker der Antike)
  8. Timaios (der Pythagoreer Timaios von Lokroi)

Von den „ungeschriebenen Lehren“ (ágrapha dógmata) des Platons berichtet u.a. sein Schüler Aristoteles (384 - 322 v. Chr.). Es handelte sich um Lehrstoff, der nur mündlich in der Akademie fortgeschrittenen Schülern vermittelt wurde. Platon hegte eine generelle Skepsis gegenüber der Zweckmäßigkeit eines schriftlichen Diskurses.

„Das Schreiben, Phaidros, hat einen schwerwiegenden Nachteil, genau wie die Malerei. Die Werke der Malerei wirken, als wären sie lebendig; doch wenn man sie fragt, verharren sie in ernstem Schweigen. Dasselbe gilt für geschriebene Reden.“ [Platon; Phaidros]