Diese Liste von Büchern ist als Einführung gedacht und konzentriert sich zwei Dinge. Erstens werden einige allgemeine Übersichten aufgeführt, die Ihnen dabei helfen, sich mit verschiedenen Teilen der Philosophie vertraut zu machen und herauszufinden, wo Ihre Interessen liegen, falls sie überhaupt irgendwo in der Philosophie liegen. Zweitens werden einige gute Ausgangspunkte für verschiedene Themen aufgelistet, für die sich Neulinge in der Regel interessieren.
Wie bereits an anderer Stelle erwähnt, ist die Philosophie ein sehr großes Gebiet. Man könnte sein ganzes Leben damit verbringen, politische Philosophie zu studieren und nie mit Metaphysik in Berührung kommen, oder umgekehrt. Das macht es schwierig, interessierten Laien sowie Schülern & Studenten, die wenig über Philosophie wissen, einen guten Einstieg zu empfehlen: Es ist ein bisschen so, als würde man jemandem, der noch nie etwas gegessen hat, ein Essen empfehlen.
Ein Buch, das Neueinsteigern oft empfohlen wird, ist Wer bin ich – und wenn ja, wie viele? von David Precht sowie Jostein Gaarders Sofies Welt.
Letzteres ist ein Roman, der auch versucht, die verschiedenen Ideen der Philosophie vorzustellen. Ich bin nicht der größte Fan des Buches - seine Methode, Philosophie zu lehren, reduziert sich manchmal auf „die Hauptfigur erhält einen Brief, der eine Lektion über Philosophie enthält“, was manche als etwas klobig empfinden - aber vielen Leuten gefällt es.
Gloy, Karen: Grundlagen der Gegenwartsphilosophie. Eine Einführung. 288 S., kt., € 17.90, UTB 2758, 2006, W. Fink, München.
Eine einprägsame, gut lesbare Darstellung wichtiger Strömungen der Philosophie des letzten Jahrhunderts als Einführung in die Gegenwartsphilosophie. Die phänomenologische und die hermeneutische Richtung sind im Vergleich zu anderen Strömungen, insbesondere der analytischen Philosophie, mehr als überrepräsentiert: so kommt etwa die Diskursethik nicht einmal als eigenes Kapitel vor.
Walter, Sven: Mentale Verursachung. Eine Einführung. 275 S., kt., € 29.80, 2006, Mentis, Paderborn.
Das Thema der „mentalen Verursachung“, wie der Geist einen kausalen Einfluss auf unseren Körper haben kann, ist nicht nur eines der zentralen Themen der Philosophie des Geistes, es steht momentan auch im Zentrum der gegenwärtigen philosophischen Diskussion. Walter stellt die Probleme, die verschiedenen Lösungsansätze und die Schwierigkeiten, die diese wiederum mit sich bringen, lehrbuchartig vor und untersucht insbesondere auch die Argumente, mit denen die verschiedenen Autoren für oder gegen eine Position eintreten. Er konzentriert sich dabei auf die gegenwärtig aktuellen Ansätze. Das Buch kann nicht einfach gelesen werden; man muss sich vielmehr in die einzelnen Positionen gründlich (und zeitaufwendig) einarbeiten, hat dann aber einen sehr guten Überblick über das Thema. Das Buch ist didaktisch gut aufbereitet mit Kurzzusammenfassungen und weiterführenden Literaturangaben. Sehr zu empfehlen.
Kater, Regine: Person. Die Begründung menschlicher Identität. 240 S., Ln., € 59.90, 2006, Grundfragen der Philosophie, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt.-----
Das Buch besteht aus drei Teilen. Der erste enthält eine übersichtliche, interessant geschriebene Darstellung der Geschichte des Bildes, das man sich in der Philosophiegeschichte von der Person gemacht hat, immer auch mit Blick auf die zeitgenössische kulturelle Entwicklung. Diese Übersicht endet bei Kant. Es folgen dann exemplarisch zwei (für die Autorin zu Unrecht) in Vergessenheit geratene Positionen des letzten Jahrhunderts (Martin Buber und Max Scheler, von der Autorin merkwürdigerweise unter „Gegenwart“ abgehandelt) sowie eine Auseinandersetzung mit Peter Singer. Eine Darstellung der gegenwärtig intensiv geführten Diskussion darüber, was den Begriff der Person ausmacht, fehlt.
Der zweite Teil stellt den eigenen Ansatz der Autorin vor, es handelt sich dabei weniger um eine Untersuchung des Begriffs der Person als einen anthropologischen Ansatz, der den Begriff Person nicht in erster Linie wie heute üblich mit Rationalität, sondern mit dem Leib verbindet; zum Begriff der Person gehört für sie insbesondere Leibbewusstsein. Der dritte Teil behandelt den Personenbegriff in den Hauptreligionen.
Schnädelbach, Herbert: Vernunft. 155 S., kt., € 9.90, Reclam 20317, Grundwissen Philosophie, 2007, Reclam, Stuttgart
Dargestellt werden die verschiedenen Vernunftkonzeptionen, und da diese das Gerüst der Philosophiegeschichte bilden, beinhaltet das Buch nicht weniger als eine Darstellung des Wandels der Grundlagen innerhalb der Geschichte der Philosophie und damit auch in nuce einen systematischer Abriss der Philosophiegeschichte. Viel Raum gibt Schnädelbach der Philosophie des alten Griechenlands als Entstehungsort des modernen Rationalitätskonzepts und den Begriffen logos und nous als den griechischen Konzeptionen der Vernunft. Allerdings endet der Abriss in etwa bei Dilthey, die weitere Entwicklung und die gegenwärtige Situation sind mehr stichwortartig dargestellt, die vernunftkritischen Positionen etwa der französischen Philosophen fehlen. Das Buch ist nicht wie ein Lehrbuch geschrieben, Schnädelbach geht es um ein grundlegendes Verständnis. Dies auf einem hohen Niveau und dennoch gut verständlich zu vermitteln ist ihm gelungen.
Rohbeck, Johannes: Marx. 137 S., kt., € 9.90, Reclam 20308, 2007, Grundwissen Philosophie, Reclam, Stuttgart.
Stellt systematisch Schwerpunkte der Theorie von Marx vor, wobei Rohbeck dessen ganzes Werk als gleichwertig behandelt (also nicht das „philosophische“ des jungen Marx dem Ökonomen Marx vorzieht). Rohbeck behandelt die von ihm ausgewählten Schwerpunkte insbesondere auch in bezug auf die Gegenwart (er hält Marx für durchaus aktuell). Das Buch trifft genau die Konzeption der Reihe „Grundwissen“, sich auf Kernthesen und Schlüsselbegriffe zu beschränken und ist in einer gut verständlichen Sprache geschrieben (ohne jeden marxistischen Jargon). Er wendet sich an Personen, die sich zum ersten Mal mit Marx beschäftigen und einen ersten Einblick in sein Werk gewinnen wollen. Nicht behandelt werden philosophiegeschichtliche Hintergründe des Denkens von Marx, auch nicht die Geschichte des Marxismus.
READER
David Lewis
Der verstorbene amerikanische Philosoph David Lewis gilt unter Insidern der analytischen Philosophie wegen des Scharfsinns, der Klarheit seiner Analysen, aber auch wegen seines Stils als einer der wichtigsten der letzten Jahrzehnte. David Armstrong hat ihn sogar als „the greatest philosopher of our age“ bezeichnet. Und der Konstanzer Philosoph Wolfgang Spohn schreibt, durch das Lewis-Studium stoße man „in ein Kraftzentrum der analytischen Philosophie vor, vielleicht in das wichtigste, und ohne dieses Studium ist schwer zu verstehen, was analytische Philosophie bewegt“. In deutscher Sprache sind wenig Einzeltexte von Lewis erschienen. 1989 hat der Klostermann-Verlag in der Reihe „Seminar Kloster- mann“ den Text Die Identität von Körper und Geist vorgelegt, der drei frühe Aufsätze von Lewis enthielt. Uwe Meixner hat im Mentis-Verlag eine Einführung in dessen Werk publiziert. Und nun veröffentlicht der Klostermann-Verlag wiederum in seiner Reihe „Serie Klostermann“ den Text mit den drei wohl wichtigsten Aufsätzen von Lewis zur Philosophie des Geistes:
Lewis, David: Materialismus und Bewusst- sein. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Ulrike Haas-Spohn. Herausgegeben und mit einem Vorwort von Wolfgang Spohn. 103 S., kt. 2007, € 14.—, Klostermann, Frankfurt
Rousseau
Durand, Béatrice: Rousseau. 135 S., kt., € 9.90, 2007, Grundwissen Philosophie, Reclam, Stuttgart.
Rousseau ist bei den Philosophen ein zwar sehr bekannter, aber wenig gelesener Autor. Und was die Forschung betrifft, ist diese fast ganz zu den Romanisten abgewandert. Die Autorin dieser Einführung ist denn auch eine Romanistin; sie ist Privatdozentin am Institut für Philosophie der Universität Halle-Wittenberg. Das ist vielleicht auch ein Vorteil, denn die Autorin macht auf ansprechende, auf erzählende Weise mit Werk und Person Rousseaus bekannt. Dabei beschränkt sie sich, wie es dem Konzept der Reihe entspricht, auf die Grundgedanken, stellt dafür alle Teile des Werkes von Rousseau vor und arbeitet deren inneren Zusammenhang heraus. Ein gelungenes Buch.
Husserl
Paul Janssen, inzwischen emeritierter Philosophieprofessor an der Universität Köln und ausgewiesener Husserl-Spezialist, hatte im Jahr 1976 im „Alber-Kolleg Philosophie“ einen Band „Edmund Husserl. Einführung in seine Phänomenologie“ veröffentlicht, ein inzwischen längs vergriffener Band.
Nun hat Janssen das Buch in leicht modifizerter Form neu veröffentlicht und dazu einen zweiten Teil hinzugefügt, der seine eigene Auseinandersetzung mit zentralen Themen Husserls enthält, mit dessen „ichlichem Zeitbewusstsein“ und der „Lebenswelt“:
Janssen, Paul: Edmund Husserl. Werk und Wirkung. 306 S., kt., € 39.— 2008, Karl Alber, Freiburg.
Damit steht das Buch unter der unauflösbaren Spannung, dass es zum einen eine einführende Darstellung und zum anderen eine intime Auseinandersetzung mit einem komplexen Werk ist. Der erste, einführende Teil, steht unter einem hermeneutischen Ziel: Janssen interpretiert Husserls Phänomenologie als eine „auf Universalität, Totalität, und Einheit abzielenden transzendentalen Subjektivismus“. Dabei folgt er chronologisch den von Husserl selbst veröffentlichten Büchern. Den Schwerpunkt legt er auf die transzendentale Phänomenologie, von der er wichtige Lehrstücke eingehend darstellt. Andere Teile von Husserls Werk beschreibt er mehr, als dass er dessen Thesen herausarbeitet.
Für eine Einarbeitung in Husserl ist demgegenüber der Band
Bernet/Kern/Marbach: Edmund Husserl. Darstellung seines Denkens. 244 S,, Ln., 1989, € 36.—, Meiner, Hamburg
vorzuziehen. Dieser Band arbeitet klar und präzise Husserls Grundgedanken heraus und ist, auch wenn er schon älter ist, die beste Darstellung der Phänomenologie Husserls.
Gefühle
Engelen, Eva-Maria: Gefühle. 125 S., kt., Reclam 20316, € 9.90, Grundwissen Philosophie, Reclam, Stuttgart.
Diese Einführung verfolgt einen interdisziplinären Ansatz und führt die Forschungslinien der verschiedenen empirischen Wissenschaften zusammen – eine Linie, die die Autorin auch in ihrer eigenen Forschung verfolgt – das Buch ist denn auch primär eine Einführung in deren eigenen Ansatz.
Sie stellt eingangs dar, worüber man redet, wenn man von Gefühl redet und welche Erklärungsansätze es gegenwärtig in den verschiedenen Wissenschaften für dieses Phänomen gibt und wie man Gefühle etwa von Stimmungen unterscheidet. Im zweiten Teil zeigt die Autorin anhand empirischer Belege, dass Vernunft auf eine funktionierende Emotionalität angewiesen ist. Dabei ist sie insbesondere der Theorie des Bewusstseins und der Emotionalität des Neurowissenschaftlers Damasio verpflichtet. Ein weiterer Teil behandelt die Frage, ob Emotionen unbewusst sein können. Der Schluss behandelt ethische Fragen, die das Thema mit sich bringt.
Das Buch ist systematisch aufbereitet, die Autorin weist jeweils an entsprechenden Stellen auf Autoren, Theorien und Experimente, die ihr für das Thema wicht sind, hin. In didaktischer Hinsicht ist das Buch zu wenig gegliedert, sodass der Leser durch die verschiedenen Autoren und Ansätzen, von denen die Autorin hin- und herspringt, etwas verwirrt werden kann und die Übersicht, die er doch erst erhalten will, verliert. Unberücksichtigt bleibt die phänomenologische Tradition, die gegenwärtig an Boden gewinnt. Das Buch eignet sich insbesondere für Leser, die sich von einem naturwissenschaftlich orientierten Ansatz dem Thema Gefühl nähern.
Was ebenfalls fehlt, ist die Behandlung der Gefühle bei den philosophischen Klassikern. Das findet man bei
Landweer, Hilge/Renz, Ursula: Klassische Emotionstheorien. Von Platon bis Wittgenstein. 703 S., Ln., € 98, 2008, de Gruyter, Berlin.
Die Theorie der Emotionen bzw. der Gefühle, lange vernachlässigt, stellt gegenwärtig eines der aktuellsten philosophischen Themen dar. Der Band bietet in Form von Abhandlungen eine Darstellung der Emotionstheorien wichtiger Klassiker – sowohl Klassiker der Philosophie allgemein als auch Denker, die interessante Gefühlstheorien entwickelt haben. Man findet hier zum einen etwa Platon, Aristoteles, Augustinus, Thomas von Aquin, Descartes, Hume, Kant (nicht aber Fichte, Hegel, Schelling), Nietzsche, Wittgenstein, Heidegger, zum anderen Evagrius Ponticus, Wilhelm von St.-Thierry, Montaigne, Huarte de San Juan, Malebranche, Shaftesbury oder Susanne K. Langer. Die Autorinnen und Autoren sind ausgewiesene Kenner der Materie.
Ästhetik
Philosophische Ästhetik beinhaltet in einem geläufigen Sinne Nachdenken über das Schöne und die Kunst. In neuerer Zeit hat sich das Thema ausgeweitet auf ästhetische Erfahrung im weitesten Sinne.
Pöltner, Günther: Philosophische Ästhetik, 268 S., kt., € 24.—, 2008, Urban Taschenbuch 400, Grundkurs Philosophie, Kohlhammer, Stuttgart
beschränkt sich aber auf das erste, die Frage nach dem Schönen – eine Frage, die gegenwärtig in den Hintergrund getreten ist, was der Autor, der aus der katholischen Tradition kommt, bedauert und dem er gegensteuern will. Er bietet einen Gang durch die Philosophiegeschichte wobei es ihm wichtig ist, zu zeigen, wie sich die Antworten auf die Fragen nach dem Schönen verändert haben. Die Positionen wichtiger Autoren werden textnah referiert, mit vielen Zitaten. Man kann hier konzentriert nachlesen, was Platon, Plotin, Augustin, Baumgarten, Kant, Schelling, Hegel, Schopenhauer, Nietzsche, Adorno u.a. über das Schöne geschrieben haben. Mit Adorno endet der historische Teil, Autoren nach dem linguistic turn fehlen – laut Pöltner ist die Frage nach dem Schönen verloren gegangen.
Ein zweiter Teil enthält einen eigenen Ansatz, einen „Neuansatz einer philosophischen Ästhetik“, wobei es Pöltner um „Strukturmomente der ursprünglichen Erfahrung mit Schönem“ geht – ein stark von Heideggerschem Vokabular geprägten Neuansatz, den der 1942 geborene Pöltner allein vertritt und von dem man sich fragen kann, ob der in einen „Grundkurs Philosophie“ gehört.
Eignet sich nicht für Leser, die sich für die gegenwärtig aktuelle Ästhetik interessieren. Dies, Kunst und ästhetische Erfahrung in einem weiten Sinn findet sich bei
Brandstätter, Ursula: Grundfragen der Ästhetik. Bild – Musik – Sprache – Körper. 200 S., kt., € 15.90, 2008, UTB3084, Böhlau, Köln.
Dafür fehlt bei ihr die ganze Geschichte der Ästhetik und – würde wohl Pöltner monieren – die Frage nach dem Schönen ist hier verlorengegangen. Die Leitfrage von Ursula Brandstätter (sie ist Professorin für Musikpädagogik an der Universität der Künste, Berlin) ist die, ob die vielen künstlerischen Formen etwas Gemeinsames haben. Sie geht ihr nach, in dem sie die erkenntnistheoretischen Grundlagen erkundet (Kap. 1), Kunst von der Wissenschaft abgrenzt (Kap. 2), danach fragt, was Kunst (Kap. 4) und was ästhetische Erfahrung (Kap. 3) ist, um danach zu ihrer Leitfrage (Kap. 5) zu gehen und die Transformationen zwischen den Künsten zu untersuchen (Kap. 6).
Das Buch ist in einer lebendigen Sprache geschrieben, es liest sich leicht, auch indem es, anders als das von Pöltner, weniger in die Tiefe geht. Die beiden Bücher, die dem Titel nach eigentlich dasselbe Thema beinhalten, haben rein gar nichts gemeinsam und ergänzen einander gerade dadurch.
Eine kurzgefasste Darstellung der Geschichte der Ästhetik, die bis zur Gegenwart führt, und sich nicht auf das Thema Schönheit beschränkt, bietet
Stefan Majetschak, Ästhetik zur Einführung (178 S., kt., 2007, € 13.90, zur Einführung, Junius, Hamburg).
Quelle: Diese Rezension erschien unter www.information-philosophie.de (Editiert)